Drachenseele (German Edition)
verständnisvoll zu sein, d a mit würden seine Chancen steigen Nicole zurückzugewinnen.
Ein dunkelblauer Wagen kam die Straße entlang, hielt dann direkt neben Nicole. „Machs gut, Marcus. Melde dich einfach.“ Sie lächelte, doch es wirkte wenig überzeugend. Einen kleinen Abschiedskuss oder zumindest eine Umarmung hatte Narvalvar schon erwartet. Als sie einstieg schaute er sich den Fahrer an. Sympathisch sah er aus. Nein, so nett hatte er sich seinen Rivalen nicht vorgestellt. Nicole winkte kurz, bevor das Auto weite r fuhr. Narvalvar sah dem Wagen nach, bis er hinter einer Kurve aus seinem Blickfeld verschwand. Leichter Nieselregen nahm stetig zu.
Nicole!
Sie einfach gehen zu lassen, war vielleicht doch ein Fehler. Vermutlich hatte sie auf sein Drängen, auf sein Bitten gehofft, deshalb war sie so traurig, sie war enttäuscht von ihm. Ob er sie gleich noch mal anrufen sollte?
Zum Drachenfeuer!
Er hatte keine Anschrift von ihr, nicht mal eine Telefonnummer. Wie dämlich musste man eigentlich sein?
„Wir sollten auch fahren, Narvalvar.“ Nikolaj hielt ihm seinen Schirm über den Kopf. Das klang, als habe er noch etwas vor. Augenblicklich fühlte sich Narvalvar unendlich einsam und verlassen. Es gab keinen Ort, wo er hin gehen konnte. Richard und der General waren in den letzten drei Jahren die einzigen, mit denen er Kontakt hatte. Stones würde ihm ganz bestimmt nicht die Freiheit schenken. Er musste sich also darauf einstellen in ein anderes Gefängnis zu kommen, um sich weiter seiner Resozialisierung zu stellen.
Großartig! Als wäre der Verlust von Richard, seinem Vater und irgendwie ja auch von Nicole für einen Tag nicht genug.
Nein, da schwamm auch seine lang ersehnte Unabhängigkeit, die er nur wenige Tage genießen konnte, dahin. Es blieb also nur eines, sich seinem Schicksal zu beugen. Eine Mischung aus Traurigkeit, Enttäuschung und Wut brodelte in ihm, während er sich in den Wagen setzte, mit dem Nikolaj und Nathus hierher gekommen waren. Nikolaj nahm hinter dem Lenkrad Platz, reichte dabei Narvalvar einen Zettel.
„Was ist das?“
Nikolaj schmunzelte, „nur für den Fall, dass Euch die Adresse der jungen Dame nicht bekannt sein sollte.“
Narvalvar spürte, wie ihm der Unterkiefer ein Stück nach unten sackte. „Damit mein Ärger noch größer wird?“
„Je länger ich über Euer Gespräch mit Stones nachdenke, desto deutlicher sehe ich die Wahrheit in Euren Worten. Eine Brücke, die er hätte längst errichten müssen. Das ist sehr gut g e troffen. Da wir gerade bei Stones sind, er hat mich gebeten auf Euch Acht zu geben.“ Nikolaj startete den Wagen. „Tatsache ist, ich bin arbeitslos oder besser ich bin ein Drachenwächter ohne Drachen. Ihr hingegen seid ein Drache ohne Drache n wächter.“
Narvalvar schaute ihn an. Nur langsam begann er die Aussage zu verarbeiten. Nikolaj wendete in diesem Moment das Auto. Wenn er jetzt einen Drachenwächter hatte, bedeutete es, er konnte ein normales Leben führen, ohne sich ständig bei Stones abmelden zu müssen. Er durfte gehen, wohin er wollte. „Ist das wahr? Ich bin frei? Kein Exil, kein Käfig, keine Kontrolle durch Stones?“
Nikolaj nickte, schmunzelte auffallend bei dem Wort ‚Exil‘. So wunderbar sich das alles auch anfühlte, blieb doch der Beigeschmack, Nathus, seinen Vater für immer verloren zu haben. „Aber ...“, Narvalvar streckte seine Schultern. „Das bedeutet aber auch, dass ich für mich selbst verantwortlich bin und dri n gend eine Arbeit brauche, um uns beide ...“
Nikolaj hob die Hand, „ganz so eilig ist es nicht, Narvalvar.“ Seine Gesichtszüge wirkten sehr ernst, vielleicht eher traurig.
„Euer Vater wollte Euch nicht verlieren, genau deshalb war er mit Euch so streng, um Euch zu einem ehrbaren, verantwortungsvollen Drachen zu erziehen. Er plante mit Euch eine Reise zu unternehmen. Wisst Ihr eigentlich, warum er Euch die Wahrheit all die Zeit über vorenthalten hatte?“
Narvalvar wusste nur den Kopf zu schütteln.
„Es war sein schlechtes Gewissen, seinen Kindern, vor allem Euch gegenüber. Nach dem Unfall litt Nathus sehr unter dem Verlust seiner Frau, er verkroch sich wahrlich in dunklen Gegenden und meine Aufgabe wurde zur Herausforderung. Fast neun Jahre brauchte er, bis er sich besann und zurückkehrte. Stones hatte Eure Geschwister gut untergebracht.“
„Ja, und ich sollte gar nicht so alt werden. Ich weiß.“ Er hatte allen Prognosen gestrotzt und sich entschieden, den
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