Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
Vom Netzwerk:
Jetzt setz' dich her und iss!«

7.Kapitel: Fluchtversuch
     
    Janica starrte mit weit geöffneten Augen in die Dunkelheit der Höhle. Der blutrote Schein der Kaminglut gab nur vage Schemen frei. Sie konnte sich über das ihr zugewiesene Lager nicht beschweren, die Matratze war weich, das Laken makellos sauber, das Kissen und die Decke mit flockigen Daunen gefüllt. Trotzdem war an Schlaf nicht zu denken, denn Janica musste ihren Statuswechsel vom Drachenfutter zur wohlfeilen Handelsware überdenken. Das einzig Positive daran war, dass sie am Leben blieb. Aber was würde sie erwarten im Wasserland?
    Sie wusste nicht viel vom Sultanat dort weit im Südosten, außer dass es gut geschützt inmitten vom Ewigen Meer lag. Ihr Hauslehrer hatte ihr beigebracht, dass tosende See und spitze Klippen die Insel umgaben, und nur die wagemutigen Kapitäne aus Wasserland selbst all diese Gefahren mit ihren Schiffen zu meistern vermochten. Es drang kaum Kunde vom Leben im Sultanat nach außen, und wenn, dann schienen es wirre Märchen zu sein. Da wurde erzählt von Vögeln, die sprechen konnten, von Bergen, die in der Nacht leuchteten und Quellen, die so heiß aus der Erde sprudelten, dass sie ganze Städte heizten.
    Kurz gesagt, Janica war nicht gerade versessen darauf, diese Wunder mit eigenen Augen zu sehen. Deshalb lauschte sie hellwach dem rasselnden Schnarchen des alten Mannes. Sie konnte sich noch immer keinen Reim darauf machen, was Kana-Tus Onkel mit dem Drachen zu schaffen hatte. Kajim jedenfalls schlief tief und fest, denn in seiner Kehle gurgelte und schnaufte es, als wäre dort ein böses Tier gefangen, das in den letzten Zügen lag. Aber was war mit Kana-Tu?
    Der Bursche hatte ganz gelassen das Essen aufgetragen, hatte ihr Suppe in die Schüssel gefüllt und gewässerten Wein ins Glas gefüllt, als wäre er der Kammerdiener seines Onkels. Sie hatten alle zusammen gegessen, über den trockenen Sommer diesen Jahres und die Nordziegen mit der sagenhaft weichen Wolle geplaudert. Janica wurde nicht schlau aus diesem Kana-Tu. Das war auch nicht notwendig. Sie musste nur wissen, ob er im Land der Träume weilte.
    Die glimmende Glut im Kamin gab gerade so viel Licht ab, um Janica die Einrichtung der Höhle erahnen zu lassen. Dort stand der große Tisch, weiter hinten befand sich der Badezuber. In einer Nische mit Vorhang schnarchte Kajim. In einer anderen Nische war Kana-Tu verschwunden. Janica knabberte nachdenklich an ihrer Unterlippe. Sie konnte die Richtung bestimmen, in der sich die große Bohlentür befand, der einzige Ausgang dieser Behausung. Es gab keine Hindernisse auf dem Weg von ihrer Matratze bis zu dieser Tür. Es sei denn, dieser Kana-Tu belauerte sie. Ja, und dann gab es noch das klitzekleine Problem, dass dort draußen der Drache hausen musste. Aus Kana-Tus Gerede war sie nicht schlau geworden, als sie ihn fragte, warum das Biest sie nicht verschlungen hatte. Vielleicht hatte Kajim das Ungeheuer abgerichtet. Janicas Bruder Ferinic zähmte schließlich auch wilde Falken, die sich dann von ihm auf dem Arm herumtragen ließen und für ihn auf der Jagd Kaninchen und Tauben schlugen.
    Janicas Fantasie gaukelte ihr das Bild des hageren Kajim mit dem Drachen auf dem Arm vor, und sie rollte sich unter der Decke zu einem Knäuel zusammen, um nicht geradewegs loszuprusten. Nach einer Weile lugte sie vorsichtig wieder hervor. Die Prinzessin war sich nicht sicher, ob sie nicht doch laut gelacht hatte. Aber noch immer röhrte Kajims Schnarchen aus dem hinteren Ende der Höhle, die Kaminglut flimmerte und von Kana-Tu war nichts zu spüren. Vorsichtig schob sich Janica die Decke vom Leib und ließ sich von der Matratze gleiten. Der Steinboden der Höhle war kalt und rau, und ihre Knie waren von der unsanften Landung aus dem Drachenmaul heraus noch immer wund und zerschürft. Janica biss die Zähne zusammen und krabbelte auf allen Vieren in Richtung des Ausgangs. Den Kittel, den Kana-Tu ihr gegeben hatte, hatte sie, damit er sie nicht behinderte, über die Hüften geschoben. Wenn die beiden Männer schliefen, war nicht zu befürchten, dass sie sahen, in welch entwürdigender Stellung Janica mit bloßem Hinterteil über den Boden kroch. Und wenn sie nicht schliefen, war es auch gleichgültig. Dieser Kana-Tu hatte sie sowieso schon nackt gesehen, und Kajim war alt und sah wahrscheinlich nicht besonders gut. Beim Essen hatte er manchmal die Bissen auf seiner Gabel ziemlich nah vor die Augen gehalten, um zu betrachten, was er da

Weitere Kostenlose Bücher