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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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eigentlich aufgespießt hatte.
    Da war sie, die große Tür. Janica richtete sich vorsichtig auf, mit den Händen die rauen Bohlen entlangtastend. Die Klinke ließ sich leicht herunterdrücken, und wider Erwarten knarrte die Tür nicht in den Angeln, als Janica sie einen Spalt weit aufstemmte und hinaushuschte.
    Sie hielt den Atem an. Da war sie also wieder in dieser Drachenhöhle, in der das Untier sie einfach ausgespuckt hatte. War das Biest noch hier, hatte es sich vielleicht tief hinein in den Berg verkrochen? Janica lauschte angestrengt in die Dunkelheit. Sie glaubte, das leise Plätschern von Wasser zu hören, sonst war alles still. Das mochte nichts heißen, denn nur der Höhleneingang lag im Silberschein der beiden Mondsicheln. Wie ferne Boote schwebten sie im Sternenmeer. Janica drückte sich an die Felswand, kühl und fest gab ihr der Stein in ihrem Rücken tröstenden Halt. Mit kleinen tippelnden Schritten näherte sie sich so dem Ausgang der Höhle. Der sternbestickte kobaltblaue Samthimmel der Nacht dort draußen kam näher und näher.
    »Halt, Ma Che, bitte bleib stehen!«, flüsterte es hinter ihr. Janica erstarrte geradezu. Nein! Das durfte nicht wahr sein! Dabei war ihr Fluchtversuch doch bis jetzt recht gut verlaufen! Ihr entfuhr ein winziges Seufzen.
    Ein starker Arm schlag sich fest um ihre Hüfte. Kana-Tus Augen leuchteten im Weißlicht der Monde wie die einer Raubkatze.
    »Wo wolltest du hin, Ma Che?«, hauchte er ihr ins Ohr.
    Ma Che. Meine Liebe. Warum nannte er sie so? Wieso war er der Alten Sprache mächtig? Janica konnte sich noch gut erinnern, wie viele qualvolle Stunden sie mit ihrem Mentor verbracht hatte, um dieses verflixte Idiom zu lernen. Das Volk, das einst diese Sprache benutzt hatte, war längst im Strom der Zeit zermahlen worden, hatte der Lehrer ihr erklärt. Doch noch immer wurden alle wichtigen Schriftstücke in der Alten Sprache verfasst, noch immer feilschten Kaufleute, parlierten Diplomaten mit diesen Worten.
    »Wohin wohl!«, fauchte sie. »Ich will hier raus! Oder glaubst du etwa, ich würde mich so einfach verkaufen lassen wie ein Stück Vieh!«
    »Hm«, machte er, ließ sie aber nicht los, obwohl sich Janica wand wie eine Schlange. »Wenn du aufhören würdest, so herumzuzappeln, würde ich dir ja zeigen, was es mit dem Höhlenausgang auf sich hat!«
    Seine Stimme hatte etwas Sanftes, Wahrhaftes, an sich, deshalb fügte sich Janica vorerst. Sie drehte sich, soweit es sein Griff zuließ, zu ihm um. Doch sein Gesicht lag im Schatten, bis auf das Funkeln seiner Pupillen konnte sie nicht viel sehen.
    »Ma Che, wir beide legen uns jetzt auf den Boden, dann tastest du dich langsam nach vorn zum Licht der Monde. Ich werde dich festhalten!«
    »Was soll das?« Janica versteifte sich erneut. Sie würde sich nicht neben diesen windigen Burschen legen, nicht einmal hier auf den harten Felsboden!
    »Der Ausgang. Du wolltest ihn sehen!« Es klang beruhigend wie das Schnurren einer Katze. In Janica siegte die Neugier, sie ließ sich auf die Knie nieder.
    »Nein, leg dich flach auf den Boden, es ist sonst zu gefährlich!« Sie spürte noch immer seine Hände, diesmal umfassten sie ihre Knöchel. Nun gut, Janica hatte oft genug dem Training der Palastwachen zugesehen. Nadifs Männer robbten mitunter auch wie Echsen über den Boden des Übungsplatzes. Dazu zogen sie sich mit den Ellenbogen vorwärts, denn in den Händen hielten sie ihre Dolche oder Schwerter, und schoben den Körper mit den Füßen nach. Janica versuchte sich jetzt auch in dieser Art der Fortbewegung. Das konnte doch nicht so schwer sein!
    War es aber doch. Janica hörte von Kana-Tu ein Geräusch, das verflixt nach einem unterdrückten Lachen klang. Sie biss grimmig die Zähne aufeinander und robbte weiter nach vorn, hinein in das weiße Mondlicht. Plötzlich griffen ihre Hände ins Nichts. Entsetzt blieb sie auf dem Bauch liegen und starrte hinaus. Unter ihr verwandelte das vage Licht der Monde schroffe Felsnadeln in sonderbare Gestalten, in Riesen und Urtiere, die ein böser Fluch in Stein verwandelt hatte. Steil fiel die Felswand nach unten ab, und da Janicas Kopf aus der Höhle hervorragte und zwischen Himmel und Erde schwebte, konnte sie sehr deutlich erkennen, dass es nicht einmal einen klitzekleinen Kletterpfad hinauf zu der Drachenhöhle gab. Unter ihr war nichts als glattes Gestein, an dem nichts und niemand einen Halt finden würde.
    Janica hörte ihr Herz hastig pochen, und plötzlich war sie heilfroh, dass

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