Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
Vom Netzwerk:
Prinzesschen, lasse ich dich hier vor dem Tor stehen, bis Anadids Wachmänner auftauchen! Kannst du dir vorstellen, was die mit dir machen? Da würdest du dir glatt wünschen, wieder auf dem Scheiterhaufen zu stehen!«
    Janicas Augen weiteten sich vor Entsetzen. Es war nicht klar, was ihr mehr Grauen bescherte, die Vorstellung, den Reisigen in die Hände zu fallen, oder das riesige Tier vor sich zu besteigen, als wäre es ein zahmes Pony. Dennoch streckte sie Kajim die Arme entgegen, nachdem sie vorsichtig zwischen die großen Krallen des Drachens getreten war. Der Alte packte ihre Unterarme und zog sie mühelos nach oben. Seiner mageren, mitunter gar gebrechlich wirkenden Gestalt zum Trotz war er erstaunlich kräftig.
    »Weiter!«, befahl er streng und dirigierte Janica auf den Drachenrücken hinauf. Weil sie auf den glatten Schuppen keinen Halt fand, stemmte er sich dabei tatkräftig gegen ihr Hinterteil. Seinem verstohlenen Lächeln nach zu urteilen, hatte er seine Freude an dieser Aktion, und Janica war froh, so dick in dieser unförmigen Kleidung verpackt zu sein. Endlich saß sie zwischen zwei der Hornzacken und musste zugeben, dass sich dieser Hochsitz nicht einmal übel anfühlte. Sie konnte sich sogar anlehnen. Vor ihr ragte der Hals des Drachens auf, hinter ihrem Rücken wusste sie die Ansätze der mächtigen Flügel.
    Kajim war ihr nachgeklettert und machte sich an dem Lederzeug zu schaffen. Er schnallte ihr einen Gurt um den Leib, kreuzte zwei weitere über Janicas Brust und Rücken.
    »Du würdest dich nicht allein halten können, deshalb zurre ich dich fest.«, sagte er erstaunlich milde zu ihr. »Guten Flug!«
    Er klopfte ihr auf den Oberschenkel und ließ sich über die Drachenschulter hinab auf den Weg gleiten. Selbst jetzt, als er zurück an die Mauer des Anwesens trat, schlurfte er und wirbelte mit seinen Füßen Staub auf. Dann hob er die Hand.
    »Du kannst jetzt fliegen, Kana-Tu!«, rief er. Janica erstarrte in ihrem natürlichen Sattel. Sie hörte ein Rauschen in der Luft hinter sich. Der Drache breitete die Flügel aus, doch Janica wagte es nicht, sich umzusehen. Hastig umschlang sie den Auswuchs aus Horn, der vor ihr aufragte. Ein Rucken und Beben ging durch den mächtigen Leib, das Rauschen der Luft wurde zu einem hohen Pfeifen im Takt kräftiger Flügelschläge. Und dann entdeckte Janica, dass sie längst über dem Ödland schwebte. Erschrocken schloss sie die Augen, als sie die Gebäude des Anwesens und die Bäume des angrenzenden Wäldchens unter sich hinweggleiten sah.
    Der Drachenleib unter ihr vibrierte in dem gleichmäßigen Rhythmus der Flügelschläge, die in immer größeren Abständen erfolgten. Dazwischen glitt der Lindwurm einfach dahin. Janica spürte eisigen Wind in ihrem Gesicht, jetzt war sie froh, diese dicke Kleidung zu tragen. Nach einer ganzen Weile wagte sie es, die Lider ein wenig zu lüpfen. Sie blinzelte in das grelle Sonnenlicht. Und dann schrie sie überrascht auf. Unter ihr glitt etwas dahin, das aussah wie ein schwereloses Sahnehäubchen. Eine Wolke! Es dauerte einen Moment, ehe Janica begriff, was diese weite Fläche sein musste, die sich blaugrün changierend bis zum Horizont dehnte. Das Ewige Meer! Die Küstenlinie des Wasserlandes schwand mehr und mehr und versank schließlich in dem Dunst, in dem sich Meer und Himmel vereinten.
    Aber das sah Janica nicht. Sie blickte sich nicht um.

48.Kapitel: Im Tal des Gletschersees
     
    Kajim behielt recht, irgendwann erlahmten Janicas Arme, und sie konnte sich nicht mehr festhalten. Jetzt war sie froh um die Gurte, die sie in der Position zwischen den Rückenzacken des Drachens hielten. Ihr Gesicht spürte sie schon lange nicht mehr, und die Kälte kroch nunmehr auch unter das dicke Salzrinder-Fell ihrer Überkleider, zumal sich auch der Tag seinem Ende zuneigte. Der Sonnenball verschwamm rotgolden in einem dichten Wolkenmeer. Seit geraumer Zeit hatten diese Wolken Janica die Sicht versperrt, sie hatte nicht sehen können, wie der Drache zielsicher die Küstenlinie des Festlandes querte, die großen Städte am Rande des Meeres ebenso hinter sich ließ wie die eintönige Sandfläche der Mittelwüste und die Grasebenen, in denen die Herden der Nomaden weideten. Die Dämmerung sank bereits, als Janicas außergewöhnliches Reittier die Wolkendecke durchbrach und zur Landung ansetzte.
    Das Zwielicht verbarg zwar die Einzelheiten der Landschaft, über die der Drache jetzt nahezu lautlos glitt, aber die mächtigen, von Schnee

Weitere Kostenlose Bücher