Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)
wenigstens so lange, bis ihr Atem wieder ruhig ging und dieses verflixte Seitenstechen nachließ! Sie schaute hinauf zu den Monden, weil sie plötzlich den Pfad kaum noch erkennen konnte. Eine Wolkenwand schob sich düster über die beiden Himmelskörper. Eisig fuhr ein Wind unter Janicas Rock, den sie sich rasch aus dem Bund zupfte und über ihre Beine breitete. Dann war es unversehens stockdunkel.
Janica konnte ihr eigenes Herz überlaut pochen hören. Sie musste sich eingestehen, dass ihr grandioser Fluchtplan gerade gescheitert war. Wenn sie nicht zu Tode stürzen wollte, durfte sie sich keinen Schritt mehr von der Stelle rühren. Jetzt begann es auch noch zu regnen! Die Felsnase über ihr bot zwar ein wenig Schutz, aber der Wind trieb den kalten Schauer zu ihr. Fröstelnd schmiegte sie sich eng an die Felswand. Warum nur war sie so überhastet losgelaufen? Warum hatte sie nicht daran gedacht, sich warme Kleidung und Wegzehrung zu besorgen? Und wo wollte sie überhaupt hin?
Bibbernd rollte sich Janica zusammen. An dem ganzen Unglück war nur dieser Drachenmensch schuld!
Kana-Tu hatte nach seiner Landung und dem Wandel vom Drachen zum Menschen zunächst mit dem Gedanken gespielt, sich wieder Tirinas frisch gewaschenes und im Hof zum Trocknen auf die Leine gehängtes Schultertuch um die Hüften zu schlingen, sah dann aber davon ab. Er wollte die Frau nicht allzu sehr verärgern, sonst zog sie wohlmöglich wieder auf den Hof, den sie nach dem frühen Tod ihres Mannes den beiden Söhnen überlassen hatte, und Kana-Tus Haus blieb wieder sich selbst überlassen. Das wollte er wirklich nicht riskieren!
Leise öffnete er die Tür. Die Nachtlichter flackerten, ansonsten rührte sich nichts im Haus. Grübelnd stand Kana-Tu vor der Treppe. Seine sämtliche Kleidung befand sich garantiert in der Truhe in seinem Schlafzimmer. Tirina duldete keine Unordnung. Und ebenso sicher konnte er davon ausgehen, dass die Prinzessin in seinem Bett schlummerte. Er würde sie stören, wenn er jetzt den Raum betrat und nach seiner Hose zu wühlen begann.
Andererseits hatte die Vorstellung, zu der schlafenden Janica unter die Decke zu kriechen, einen gewissen Reiz. Er legte eine Hand auf das Körperteil zwischen seinen Beinen, dass sich bei diesem Gedanken zu regen begann. Manchmal war das Leben als Drache bedeutend einfacher, Menschen litten unter einer nur allzu bildlichen Vorstellungsgabe! Mit zwiespältigen Gefühlen stieg er die Treppe empor. Würde Janica ihn wieder mit Avid vergleichen?
Sacht drückte er die Tür auf. Draußen schoben sich soeben Wolken vor die Monde, aber im letzten Hauch Licht konnte Kana-Tu erkennen, dass in seinem Bett niemand schlief, nicht einmal Tirinas Hütehund, der sich manchmal hier einschlich. Er warf das Päckchen, das er von Kajim erhalten hatte, achtlos zwischen die Kissen. Vermutlich hatten die Frauen eine der Gästekammern für Janica hergerichtet. Bedauernd strich Kana-Tu über die Decken und wandte sich der Truhe zu.
Nach langem Wühlen fand er ein Beinkleid und schlüpfte hinein, wobei ihm sein erigierter Penis im Wege war. Sollten doch die Geister der Unterwelt diese vermaledeite Frau holen, wenn schon allein der Gedanke an sie seinen eigenen Körper Dinge tun ließ, die Kana-Tu nicht willentlich beeinflussen konnte! Er umschloss seinen Schaft mit der Hand und überlegte, ob er sich auf altbewährte Weise selbst erleichtern sollte. Doch augenblicklich hatte er wieder das süße Bild Janicas vor Augen, wie sie nackt und bloß und offensichtlich auch willig mit ihm im Badezuber saß. Bei allen Göttern, er würde den Teufel tun und selbst Hand an sich legen, wenn ein solches Weib unter seinem Dach schlief!
Kana-Tu stürmte hinaus auf den Flur und öffnete im trüben Schein der Nachtlichter eine der Zimmertüren. Der Raum war völlig leer. Im nächsten Zimmer standen wirr einige abgedeckte Möbelstücke herum.
Kana-Tu gab sich keine Mühe mehr, keinen Lärm zu machen. Er riss Tür für Tür auf, doch keine der Stuben war häuslich eingerichtet, in keinem der Räume fand sich eine Spur von Janica.
»Was soll denn dieses Getöse mitten in der Nacht?«, fuhr Tirina ihn plötzlich von hinten an. Sie war in ein langes weißes Nachthemd gehüllt, trug einen Leuchter in der Hand und ihr zerstrubbeltes Haar stand ihr wirr vom Kopf ab. Erschrocken starrte Kana-Tu die gespensterhafte Erscheinung an. Zumindest das Problem mit der harten Beule in seiner Hose hatte sich augenblicklich erledigt.
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