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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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vorsichtig ab und beugte sich nieder, um sein kostbares Gewürz sicher aufzunehmen. Der Schlag, der ihn in diesem Augenblick von hinten traf, war so heftig, dass er ihm den Schädel zertrümmerte. Der Schiffskoch kippte lautlos nach vorn. Das Allerletzte, was seine Sinne erreichte, war der intensive Geruch des Liebstöckels.
    Der Attentäter blickte vorsichtig die Gasse hinauf und hinunter. Nein, ihn hatte keine Menschenseele gesehen. Wer konnte, trieb sich auf dem Hafenplatz herum, um der Brigantine des Sultans letzte Depeschen für das Festland mit auf die Reise zu geben oder auch nur, um zuzusehen, wie das Schiff dem Horizont entgegensegeln würde. Es gab nicht viel Abwechslung in der von Zahlen beherrschten Welt der Kaufleute und jede Art von Kurzweil war willkommen.
    Er schob den kurzen Knüppel aus Eisenholz in seinen Gürtel und griff nach den Fußknöcheln der Leiche. Zum Glück war der Schiffskoch ein kleiner magerer Mann, der Mörder keuchte trotzdem vor Anstrengung, als er den Körper über das staubige Pflaster der Gasse zog. An der Seitenmauer eines der wie trutzige Burgen gebauten Hauses stieß er sein Opfer in das faulig riechende Wasser eines Abwasserkanals. Der grüne Teppich aus Entengrütze schloss sich fast augenblicklich wieder über dem leblosen Leib. Lange würde die Leiche hier nicht unentdeckt bleiben, aber das störte den Meuchler nicht. Er brauchte nur die Zeit bis zum Auslaufen des Schiffes.
     
    Prinz Avid stand am Bug der Brigantine und beobachtete das Steigen der Flut an den mächtigen Steinquadern der Hafenmole. Das Wasser hatte bald seinen höchsten Stand erreicht. Dann würde er die Leinen lösen lassen und mit der kippenden Tide auf die offene See hinaus segeln. Nur so würde das Schiff über die tückischen Untiefen hinweggleiten können.
    »Hoffentlich gelingt es uns, noch in der Dämmerung das Klippentor zu queren!« Der Kapitän trat neben ihn und strich seinen Bart glatt.
    Der Prinz sah zur sinkenden Sonne auf und nickte. »Bis jetzt ist uns das immer vor Einbruch der Nacht gelungen. Der Himmel ist wolkenlos, das Wetter scheint uns wohlgesonnen zu sein. Ist die Windjäger ansonsten klar, Thalid?«
    »Eigentlich schon!«, brummte der alte Seebär.
    »Was heißt das?«
    »Der Schiffskoch ist verschwunden. Er wollte nur noch die Kiste mit den frischen Kräutern aus dem Handelshof holen. Ich habe schon nach ihm suchen lassen. Die beiden Matrosen sind soeben aus der Stadt zurück – mit den Kräutern, aber ohne den Koch! Die Stiege mit dem Proviant stand in der Gasse vom Handelshof zum Hafenplatz, aber von unserem Mann war weit und breit keine Spur zu finden!« Kapitän Thalid strich sich einmal mehr den Bart glatt. Dann beugte er sich zu Avid, damit ihn keiner der umstehenden Matrosen verstehen konnte und raunte dem Prinzen ins Ohr: »Wenn du mich fragst, Avid, diese Geschichte stinkt. Und zwar ganz gewaltig! Der Koch fährt seit zehn Jahren mit mir über das Ewige Meer, und er wird nicht plötzlich davonlaufen, weil er heute Nacht vielleicht von den Seegeistern geträumt hat!«
    »Gibt es denn in ganz Nurripur keinen anderen Schiffskoch? Ich möchte die Grütze auf der Überfahrt nicht unbedingt roh kauen!« Avid starrte die Menschen auf dem Hafenplatz an, ohne auf die Bedenken des Kapitäns einzugehen. Natürlich war der Vorfall mysteriös, und er würde der Sache nach seiner Rückkehr aus Jeffilo nachgehen. Aber jetzt brauchte er einen Koch und keine Gerüchte. Seeleute sind ein abergläubisches Volk, und Avid fürchtete Unruhe an Bord.
    »Der Vormann ist schon unterwegs, um den Wirt der Hafenschänke nach einem Koch zu fragen.« Thalid seufzte leise. »Avid, ich fahre jetzt mehr als dreißig Jahre zur See, mir sind schon ab und an Matrosen davongelaufen, mehr als ein Mann ist mir bei Unfällen ertrunken oder vom Mast zu Tode gestürzt. Einer meiner Steuermänner hat sich am Gärsaft aus Maulbeeren zu Tode gesoffen und ich hatte tatsächlich einmal einen Feldscher, der sich selbst die Pulsadern geöffnet hat. Aber ein Koch, der seine Kräuter in den Straßenstaub stellt und verschwindet …«
    Avid legte seine Hand auf die Schulter des Kapitäns: »Lass’ es gut sein, Thalid! Wenn wir das Klippentor hinter uns gelassen haben, werden wir mit der ganzen Mannschaft einen guten Wein auf die Güte der Götter trinken! Die Mannschaft soll sich bereithalten, wir können gleich ablegen! Dort kommt auch dein Vormann!«
    Besagter schob einen feisten Burschen vor sich her, dessen kahler

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