Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)
Hände. »Wie stellst du sicher, dass man dich an Bord nimmt?«
Der Feiste sah auf und ließ ein schadhaftes Gebiss aufblitzen. »Bedauerlicherweise wird der Schiffskoch noch heute einen kleinen Unfall erleiden. Wie gut, dass sich rasch Ersatz findet!«
Gemächlich nestelte Anadid einen Beutel von seinem Gürtel und warf ihn dem Seemann zu, der ihn erstaunlich geschickt auffing.
»Wenn du deine Aufgabe erfüllt hast, erhältst du noch einmal den gleichen Betrag in Gold! Und jetzt fort mit dir!«
Der Prinz wandte sich ab, um diesen gierigen Schleimer nicht länger ansehen zu müssen. Der Mann war nützlich, aber selbst den ansonsten skrupellosen Anadid widerten geldgierige Verräter an. Er goss sich den Kelch voll von dem prickelnden Gärsaft. Das Zeug war gar nicht gut, es machte schnell betrunken und verursachte Durchfall, aber es schmeckte schlicht lecker. Anadid fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Er hörte, wie die große Flügeltür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Eine Weile war es ganz still, dann drang ein mattes Flüstern an sein Ohr.
»Mein Gebieter, ich bin Staub unter Euren Füßen!«
Anadid drehte sich langsam um und betrachtete die Gestalt, die flach vor ihm auf dem Boden lag, ein Schemen in einem Wust aus grober, dunkelblauer Seide. Die nächste Verräterin, fuhr es ihm durch den Sinn. Aber für dieses Weib musste er nicht einmal einige seiner Münzen opfern. Bei ihr zahlte er mit anderer Währung.
Er trat auf sie zu und hob sie auf. Ihr Gewand gab nur die Augen und die Hände frei. Anadid schob den Schleier von ihrem Kopf.
»Naria, das bist du wohl, aber du bist ein sehr begehrenswerter Staub, der meine Füße entzückt!«, säuselte er. Solchen Blödsinn hörten alle Frauen gern, egal ob es Adelstöchter oder einfache Dienerinnen wie diese hier waren. Die Wirkung trat sofort ein, sie errötete und senkte den Kopf. Er griff unter ihr Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu blicken.
»Was hast du mir zu berichten, mein Stern?«
Sie holte aus den Tiefen ihres Gewandes ein kleines Bündel hervor und schüttelte es aus. Vor Anadids Augen breitete sich ein fein gewebtes, blütenweißes Laken aus glattem Leinen aus. Fast blütenweiß. Die blutigen Spuren waren nicht zu übersehen.
»Er hat heute Nacht im Harem geschlafen. Wir mussten die Laken tauschen, als der Herr das Haus nach der Morgendämmerung verließ. Wie Ihr seht, hat er sich die Sklavin vorgenommen, die Köchin sagt, er will sie sogar heiraten, wenn er von der Reise zurückkehrt. Die Hohe Frau Waja hat nämlich in der Küche nachgefragt, ob wir ein Hochzeitsmahl zubereiten könnten, wenn sich die Notwendigkeit ergeben würde. Da hat die Köchin eins und eins zusammengezählt! Die Mädchen tuscheln auch, dass die Sklavin von hoher Geburt wäre!«
Anadid schlug sich mit der Faust auf die flache Hand. Er hatte nicht gedacht, dass sich sein sauberer Herr Bruder dazu herablassen würde, die neue Sklavin zu entjungfern. Es entsprach einfach nicht Avids verdammten Ehrgefühl, ein Mädchen zu rammeln, das sich ihm nicht freiwillig an den Hals warf! Irgendetwas musste vorgefallen sein, um die felsenharten Prinzipien seines jüngeren Bruders ins Wanken zu bringen!
»Was weißt du sonst noch von dem Weib?« Der Prinz unterdrückte seinen Zorn. Die Sklavin war eigentlich unwichtig für seine Pläne, aber sein Gefühl sagte ihm, dass er der Sache nachgehen musste.
»Sie muss nicht ganz richtig im Kopf sein, Hoher Herr! Vorgestern hat sie mit einem Papageien gesprochen, als wäre er ein Mensch! Eine der Küchenmägde war im Garten Kräuter schneiden, da sah sie den Vogel in das offene Fenster der Gemächer des Harems schlüpfen.«
Anadid starrte die Frau lauernd an. »Ja, und dann hat sie die Sklavin also mit dem Papageien reden hören. Sind ja auch intelligente Vögel, diese Buntschwänze. Haben sie sich über das Wetter unterhalten?«
Die Wangen der Dienerin färbten sich rot.
»Ihr glaubt mir nicht, mein Gebieter? Die Küchenmagd konnte nichts verstehen, sie unterhielten sich in einer unbekannten Sprache! Aber sie sagte, das war nicht nur Geplapper, es klang richtig so, als würde die Frau mit dem Vogel ein Gespräch führen! Und gestern ist Prinz Avid dann mit der Sklavin nach Nurripur gefahren! Als die beiden zurückgekommen waren, fing das Flüstern um eine Hochzeit an! Die Hohe Frau Waja hat selbst gesagt, die Sklavin wäre jetzt die Braut Avids!«
Nachdenklich wiegte der Prinz den Kopf. Er würde herausfinden müssen,
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