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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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Im Moment blies aber nur eine ganz leichte Brise über das Deck.
    Thalid hatte das Ruder dem Steuermann überlassen und trat nun neben Avid, der an der Reling ganz vorn am Bug lehnte und mit einem erleichterten Lächeln die Männer an Deck beobachtete, die sich ausgelassen gegenseitig die Schultern klopften und zur glücklichen Durchfahrt gratulierten. Die Staken wurden fortgeräumt, die ersten Matrosen begannen, in die Rahen zu klettern, um die Segel zu lösen.
    »Ich denke, wir können getrost das ganze Tuch setzen. Dieser Wind, der uns im Moment die Nase kitzelt, ist ja lächerlich!« Thalid schnaubte verächtlich.
    »Du bist der Kapitän, Thalid! Wenn du meinst, dass wir in der Dunkelheit mit vollem Segel fahren können, dann tun wir das auch. Ich will von dieser Reise so rasch als möglich zurückkehren!«
    »Oha! Das sind ja ganz neue Töne! Auf der letzten Fahrt sind wir extra lange vor der Küste gekreuzt, weil du keine Lust hattest, schon in Nurripur einzulaufen, mein Freund!« Hier auf See konnte sich der Kapitän jegliche Förmlichkeit dem Prinzen gegenüber sparen. Thalid kannte den Spross des Sultans schon, seit er als kleiner, in Schiffe vernarrter Junge ganz Nurripur auf den Kopf gestellt hatte. Kein noch so winziges Fischerboot war vor Avid sicher gewesen, und der junge Prinz hatte so manchen gestandenen Seemann in Verlegenheit gebracht, weil Avid ihm Löcher in den Bauch fragte oder gar darauf bestand, mit hinaus aufs Meer zu fahren.
    Jetzt standen sie Schulter an Schulter und waren nicht mehr und nicht weniger als zwei Männer, die sich in die Hände der Windgötter und Meeresgeister begeben hatten. Standesunterschiede waren hier draußen nichtig.
    »Ich werde heiraten, wenn ich zurückkehre!«, sagte Avid, während er das mittlerweile tiefschwarz gewordene Samttuch des Himmels betrachtete. Die Göttin, welche die Sticknadel der Nacht geführt hatte, musste recht fingerfertig sein, die Mondsicheln und  die kleinen Tupfen der Sterne wirkten wie ein sorgsam arrangiertes Kunstwerk.
    Thalid stieß ein erneutes »Oha!« aus. »Den kleinen Goldschopf, den du uns vorgestern in Nurripur vorgeführt hast? Das ging ja fix mit der Brautwerbung!«
    »Da war nicht viel zu werben!« Avid grinste schief und war froh, dass sein Gesicht in der Dunkelheit nicht mehr so gut erkennbar war. »Wie du weißt, ist sie ein Geschenk meines Vaters. Was hätte ich mit ihr machen sollen?«
    Der Kapitän hüstelte. »Nun ja, was könnte ein Mann mit einem so hübschen und blutjungen Weibsbild schon anfangen? Avid, also bitte! Mir wäre da schon etwas eingefallen!«
    Avids Lächeln wurde versonnen, denn Thalids Anspielung ließ in ihm sofort wieder die Erinnerung an die letzte Nacht aufflammen. Unwillkürlich regte sich auch in seiner Hose etwas. Avid legte so unauffällig wie möglich eine Hand auf seine anschwellende Erektion.
    »Thalid, wir sollten Maulbeerwein an die Männer austeilen, sie haben uns heil durch das Klippentor gebracht. Sag’ dem Koch, er soll jedem Matrosen einen Becher voll ausschenken!«
    »Gute Idee!« Thalid spürte, dass der Prinz allein sein wollte und eilte davon.
    Doch ziemlich rasch kehrte er zu Avid zurück.
    »Dieser Misthund von Koch ist verschwunden!«
    »Was heißt hier verschwunden?« Das süße Bild der sich nackt zwischen Seidenkissen räkelnden Janica zerplatzte wie eine Seifenblase und nahm die Glut der Lenden gleich mit sich.
    »Weg! In Luft aufgelöst!« Thalid hob ratlos die Hände. »Ein paar Männer suchen ihn jetzt. Er kennt sich nicht aus, vielleicht hat er sich im Laderaum verirrt.«
    »Verirrt? Auf diesem kleinen Schiff? Das ist doch lächerlich! Ist der Trottel über Bord gegangen?«
    »Das hätte jemand bemerken müssen, Avid. Durch das Staken hat jeder Mann an Bord fortlaufend auf das Wasser gestarrt. Wenn jemand über die Reling gestürzt wäre, hätten die Männer das doch gesehen!«
    Nachdenklich blickte Avid hinauf zu den Segeln, die sich jetzt im auffrischenden Wind blähten.
    »Das gefällt mir nicht, Thalid, das gefällt mir ganz und gar nicht!«
    In diesem Moment fuhr eine weißflammende Faust aus dem Bauch des Schiffes empor und packte Avid an der Brust. Obwohl das Ende rasend schnell über die Windjäger hereinbrach, nahm der Prinz das Geschehen wahr, als würde es sich in einzelnen, langsam ineinandergleitenden Bildern vor seinen Augen abspielen. Er sah, wie die Segel in Flammen aufgingen, wie ein großer Holzsplitter in Thalids Gesicht raste, ihm ein Auge ausstach

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