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Drachenspiele - Roman

Titel: Drachenspiele - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blessing <Deutschland>
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kann. Die Bestimmungen der Strafprozessordnung gelten in diesem Fall nicht, die Strafe kann von jeder beliebigen Polizeidienststelle verhängt werden.«
    Â»Ich weiß, ich weiß«, erwiderte Paul kleinlaut. »Diese Gesetze stammen doch aus der Zeit vor der Kulturrevolution. Ich dachte, sie seien längst abgeschafft.«
    Â»Ach was, das fordern Anwälte und Richter seit Jahren, die Lobby der Sicherheitsbehörden ist zu groß. Ich habe gerade wieder von einem Fall in der Provinz Henan gehört, wo ein Bauer verhaftet wurde, der Richter ihn laufen ließ, und die Polizei ihn gleich wieder festnahm und für zwei Jahre in Arbeitshaft schickte. Rechtmäßig! Moment mal …« Chens Stimme klang plötzlich gedämpft, als halte er die Hand über den Hörer. Wenige Sekunden später war er zurück.
    Â»Entschuldigen Sie, meine Sekretärin. Vielleicht machen wir uns zu viele Sorgen. Meine Kontakte ins Polizeipräsidium sind nicht schlecht. Die rufe ich an und melde mich so schnell wie möglich wieder bei Ihnen.«

    Paul wagte kaum, das Telefon aus der Hand zu legen. Es begleitete ihn auf die Terrasse, in den Garten, beim Wischen folgte es ihm von der Küche über das Schlafzimmer bis ins Bad. Aus Furcht, er könnte den Anruf überhören, verzichtete er auf das Staubsaugen. Er nahm es mit zum Einkaufen ins Dorf, und als er bei Frau Tung flüchtig die Reife der Mangos prüfte, klingelte es.
    Â»Schlechte Nachrichten.« Chens Stimme klang ernst.
    Paul bekam es mit der Angst. Was immer Yin-Yin zugestoßen war, er trug einen Teil der Verantwortung. »Was haben Sie herausgefunden?«
    Â»Nichts.«
    Â»Sagten Sie nicht, Sie hätten schlechte Nachrichten?«
    Â»Das sind schlechte Nachrichten. Ich habe zwei gute Bekannte bei der Kriminalpolizei, die mir beide einen Gefallen schulden, und selbst die konnten mir, nachdem sie sich umgehört hatten, nichts sagen. Das heißt, Yin-Yin oder der Fall Sanlitun wird innerhalb der Polizei als so wichtig angesehen, dass nur wenige darüber Bescheid wissen. Oder …«, der Anwalt machte eine kurze Pause, »… oder sie wurde von jemand anderem verschleppt.«
    Â»Von wem?«
    Â»Wenn ich das wüsste.«
    Â»Haben Sie eine Vermutung?«, fragte Paul vorsichtig.
    Â»Nein. Die Sicherheitsbehörden in Hangzhou könnten sie verhaftet haben. Oder die in Yiwu. Oder eine Art Werkschutz von Sanlitun.«
    Pauls sonst nicht besonders empfindlicher Magen revoltierte, ihm wurde übel. »Was, was können wir, ich meine, was, was sollten wir tun?«, stotterte er hilflos und fühlte sich wie ein Idiot.
    Â»Abwarten. Nach ihr suchen. Ich weiß es nicht.«

    Die Ratlosigkeit des Anwalts war erschreckend. »Ich komme nach Shanghai«, sagte Paul spontan.
    Â»Hm«, war Chens erste Reaktion. Nach einer Pause fügte er hinzu: »Ich will Sie nicht abhalten, aber seien Sie vorsichtig. Achten Sie darauf, ob Sie überwacht werden. Ob Ihnen jemand folgt. Wer sich Ihnen als Fahrer anbietet. Sie müssen damit rechnen, dass Ihr Telefon abgehört und Ihr Hotelzimmer durchsucht wird.«
    Â»Davon gehe ich aus. Können wir uns trotzdem sehen?«
    Der Anwalt zögerte. »Ich fürchte, ich kann Ihnen im Moment nicht weiterhelfen.«
    Â»Wenigstens auf einen Kaffee?«, fragte Paul enttäuscht.
    Â»Rufen Sie mich an, sobald Sie in der Stadt sind. Dann sehen wir weiter.«
    Paul blickte auf die Uhr, er musste dringend mit Christine reden; wenn er jetzt nicht trödelte, könnte er die 14.30-Fähre schaffen.
    Er rief sie an und fragte, ob sie Zeit für einen Tee hätte. Zu seiner Überraschung schlug sie vor, nach Lamma zu kommen, mit ihm den Nachmittag zu verbringen und zu kochen. Im Büro sei es sehr ruhig, sie seien gut besetzt, und sie sehne sich nach ihm.
    Er besorgte die Zutaten für eines ihrer Lieblingsgerichte, Gong-Bao-Huhn mit Erdnüssen, und holte sie von der Fähre ab. Ihr Lachen, als sie ihn sah. Christine schien zu schweben, als sie auf ihn zulief. Auch wenn sich an ihrem Bauch noch nicht einmal der Ansatz einer Wölbung abzeichnete, hatte Paul das Gefühl, dass die Schwangerschaft sie von Tag zu Tag jünger und noch schöner machte - ein Gefühl, das Christine für Unsinn hielt und auf seinen verklärten Blick zurückführte. Er nahm sie in den Arm, aber anscheinend merkte sie schon an der Art, wie er sie festhielt und

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