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Drachenspiele - Roman

Titel: Drachenspiele - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blessing <Deutschland>
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Beweis für seinen zweifelhaften Klassenhintergrund werten und mit zusätzlichen Arbeitsschichten bestrafen wollte.
    Sie verbrachten mehr und mehr Zeit miteinander, setzten den Reis Schulter an Schulter in die wassergetränkte Erde, ernteten auf denselben Feldern, wuschen gemeinsam die Wäsche im Fluss, nahmen freiwillig die Strapazen der Wanderungen
in die nächste Stadt auf sich, wenn es Dringendes zu besorgen gab. Große Schwester. Kleiner Bruder. Hand in Hand.
    Sie hörte ihm geduldig zu, wenn er wieder mehrere Anläufe benötigte, um einen Satz zu beenden. Sie versicherte ihm, dass er alle Zeit der Welt habe, auch wenn die Laute einmal mehr nur aus endlosen, sinnlosen Wiederholungen zu bestehen schienen. Er vertraute ihr, und allmählich begannen in ihrer Gegenwart die Worte wieder ein wenig besser zu fließen.
    Irgendwann veränderte sich etwas in ihm. Er fing an darauf zu achten, mit wem sie wie lange sprach, wem sie ein Lächeln schenkte, wem sie ihre Hilfe anbot. Sein Herz begann heftiger zu schlagen, wenn er sie sah. Er wartete plötzlich voller Ungeduld auf sie, wurde unruhig, wenn sie sich auf dem Weg zur Feldarbeit verspätete. Er erkannte, wie schön sie war. Es war eine so plötzliche Entdeckung, als sähe er sie zum ersten Mal. Die kleinen Grübchen in ihren Wangen, wenn sie lachte. Ihre großen, hellbraunen Augen, die so strahlen konnten. Ihr langes schwarzes Haar, das sie zu zwei dicken Zöpfen geflochten trug, ihre kräftigen Arme und Beine, auf denen sich die Muskeln deutlich abzeichneten, wenn sie die schweren, bis zum Rand mit Reis gefüllten Körbe hob. Ihre festen Brüste, die er sehen konnte, wenn sie beim Reispflanzen vor ihm stand und sich tief nach vorne beugte, und an die er denken musste, wenn er in der Nacht auf dem Stroh lag und vor Aufregung nicht schlafen konnte.
    Er hatte sie zu lieben begonnen, ohne es zu merken.
    Sie entzog sich seinem Werben nicht, bestimmte aber das Tempo, in dem sie sich näherten. Mal wich sie ihm aus, mal neckte sie ihn, mal ließ sie es zu, dass er sie heimlich küsste. Vorsichtig, unbeholfen. Er empfand bei ihr nicht die geringste
Unsicherheit. Als hätte sie all das schon lange kommen sehen.
    Auf einem ihrer Märsche in die Stadt, in einer der elend heißen Sommernächte Sichuans, in denen selbst die Tiere keinen Schlaf finden, wurde aus dem jüngeren Bruder der jüngere Geliebte.
    Es blieb mehr als zwei Jahre ihr Geheimnis, sorgsam gehütet in dunklen, mondlosen Nächten, in den Feldern, im Wald, in Unterständen, die sonst die Bauern vor dem Regen schützten. Ausgedrückt in kurzen, sehnsüchtigen Blicken, in zärtlichen, aber wie zufällig anmutenden Berührungen, wenn sie nicht allein waren. Zwei Jahre, in denen kein Tag verging, an dem sie sich nicht sahen. In denen das Stottern von Woche zu Woche weniger wurde, bis es eines Tages ganz aufhörte. Zum ersten Mal in seinem Leben besaß Da Long etwas, das nur ihm gehören sollte, das er mit keinem anderen Menschen teilen wollte, er, der bis dahin die Worte mein und dein nicht einmal gekannt hatte.
    Es blieb ihr Geheimnis, bis der Sohn des Parteisekretärs beobachtete, wie sie sich auf einem Feld liebten, anstatt Unkraut zu jäten, und alles seinem Vater erzählte. Gleich am nächsten Tag rief der das Komitee zur Verteidigung der Revolution zusammen und mit ihm das gesamte Dorf. Sie versammelten sich in einem großen Kreis auf dem Platz am Ende der Brücke, wo sonst der Reis zum Trocknen auslag. In der Mitte, auf zwei Holzstühlen, Min Fang und Da Long, vor ihnen der Parteisekretär, der die Genossen aufforderte, Kritik zu üben. Einer nach dem anderen trat vor und geißelte sie. Den Verstoß gegen die Gesetze des Dorfes und der Partei. Das Untergraben der öffentlichen Moral. Ihre Vergnügungssucht. Ihre Lasterhaftigkeit. Ihren bourgeoisen Egoismus, der ihre Lust über das Wohl aller stellte.

    Nach einem Dutzend nicht enden wollender Tiraden sollten sie ihre Schuld gestehen, Selbstkritik üben. Da Long hätte es getan, wenn er verstanden hätte, warum. Er verdankte ihr sein Leben. Wofür sollte er sich rechtfertigen? Dass er mit ihrer Hilfe das fehlerfreie Sprechen wieder erlernt hatte? Dass er sie begehrte? Dass er Min Fang liebte? Dass er wünschte, sie möge morgen seine Frau werden, auch wenn Ehen erst ab dem fünfundzwanzigsten Lebensjahr gestattet waren, er also

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