Drachensturm
Laufen, da mir doch jeder Schritt doppelt schwerfällt, seit Felipe tot ist.«
Nabu trug sie hinunter zum Platz. Als sie abgestiegen waren, bat Mila Ruiz, Nabu das Geschirr abzunehmen.
» Allein?«, fragte der Waffenknecht und klang entsetzt.
» Das hast du doch schon gemacht, oder?«, fragte Mila.
» Schon, Condesa, doch zu zweit geht es viel leichter.«
» Du schaffst das schon«, sagte Mila, die wenig Lust verspürte, sich mit der offensichtlichen Faulheit des jungen Mannes weiter auseinanderzusetzen.
Sie ging in den Palast und suchte die große Kammer auf, wo sie bereits von den drei Obersten des Ordens erwartet wurde.
» Ich habe mit dem Schmied der Spanier gesprochen«, begann der Hochmeister. » Er hat einen guten Harnisch, den er für deine Größe anpassen will. Ich schlage vor, du trägst ihn über deinem Waffenrock, Milena.«
» Noch darüber?«, fragte Mila, einigermaßen entsetzt. Sie wusste, was sie dann für ein Gewicht mit sich herumschleppen musste.
Graf Tassilo räusperte sich. » Es erscheint auch mir sicherer, Comtesse.« Er seufzte. » Es ist nicht zu übersehen, dass hier böse Dinge geschehen. Erst Don Rodrigo, dann der Anschlag der Indios auf Euch, jetzt dieser Schuss, der beinahe Euch getroffen hätte, den aber niemand abgefeuert haben will.«
» Ihr habt die Arkebusiere befragt?«, wollte Mila wissen. Die Fürsorge des Tresslers irritierte sie.
» Natürlich, Comtesse«, erwiderte Graf Tassilo schroff, und Mila fand es beinahe beruhigend, dass seine übliche schlechte Laune wieder hervortrat.
» Allerdings vergebens«, ergänzte Marschall di Collalto. » Die Männer sagen, dass sie nichts wissen, aber ich fürchte, der Schuldige würde sich niemals freiwillig stellen – hätte er doch den Zorn eines Drachen zu fürchten.«
» Also war es wirklich nur Zufall, dass es zweimal einen Reiter Nabus getroffen hat?«, fragte der Hochmeister nachdenklich.
» Eine andere Erklärung gibt es nicht«, meinte der Marschall. » Als Rodrigo starb, waren die Spanier ja noch gar nicht hier.«
Mila nickte, aber zufrieden war sie mit der Erklärung nicht. Solange sie nicht wusste, wer der Schütze war, konnten sie doch auch nicht sicher sein, dass es eben keine Absicht gewesen war.
Sie wurde von Stimmen aus den Gedanken gerissen, laut jammernden Frauenstimmen. Mila hörte, wie der Hochmeister zum Fenster trat und hinunterrief. » Was ist da los?«
Eine Stimme antwortete: » Gefangene, Don Maximilian. Sie hatten sich im Tempel versteckt. Der Alchemist hat sie hinter einer geheimen Tür gefunden.«
» Wo bringt Ihr sie hin?«
» Wir haben einen Verschlag vorbereitet«, rief es von draußen. » Keine Sorge, sie werden Euch nicht zur Last fallen, Don Maximilian.«
» Es sind Frauen, Priesterinnen vielleicht. Behandelt sie gut, das rate ich Euch!«, rief der Hochmeister.
» Wir wissen schon, wie sie zu behandeln sind. Und der Kleine Graf hat gesagt, dass es vielleicht eine von ihnen war, die Euren Ritter von der Mauer stieß.«
» Junker Konrad hat das gesagt?«, fragte der Hochmeister. Seiner Stimme hörte Mila an, dass er ebenso verblüfft war wie sie selbst.
» Er hat ja nur einen Schatten gesehen, und immerhin waren diese Frauen wohl schon in der Festung, als es geschah. Und Ihr habt sie nicht gefunden«, schallte es herauf. Mila erkannte die Stimme von Hernando Pizarro.
Der Hochmeister wandte sich vom Fenster ab. » Lorenzo, schickt einen Boten, nein, geht besser selbst zu Don Francisco. Sagt ihm, dass ich erwarte, dass diese Frauen mit Respekt behandelt werden. Wenn es sein muss, erinnert ihn daran, dass ich die oberste Rechtsgewalt in diesem Lande bin. Und schickt mir Konrad, ich will wissen, wie er auf einmal darauf kommt, dass dieser Schatten eine Frau gewesen sein könnte.«
Mila wurde kalt. In San Miguel, der Festung, die die Konquistadoren im Norden errichtet hatten, waren Frauen vergewaltigt worden. » Vielleicht sollten lieber wir diese Frauen in Haft nehmen«, schlug sie vor.
» Das sollten wir wohl, aber ich fürchte, die Aufteilung der Kompetenzen lässt es nicht zu, Milena«, erwiderte der Hochmeister.
» Aber sie werden beschuldigt, einen der Unseren getötet zu haben«, wandte Mila ein.
» Eure Nichte hat Recht, Maximilian, damit gehören sie zunächst einmal uns«, pflichtete ihr Marschall Collalto bei.
Der Hochmeister zögerte kurz, dann sagte er: » Gut, führt das an, aber besteht nicht um jeden Preis darauf, dass sie uns überstellt werden. Begnügt Euch zur Not
Weitere Kostenlose Bücher