Drachensturm
die Drachen ihren Nutzen im Dienste des Kaisers beweisen können.«
» Ihr habt einen Vorschlag?«, fragte der Hochmeister.
» Einen Befehl, Don Maximilian«, erklärte Pizarro trocken. » Ich kann doch wohl davon ausgehen, dass Ihr meine militärische Befehlsgewalt in unseren Provinzen hier anerkennt, oder?«
Mila stockte der Atem. Das war anmaßend. Zum einen, weil er von Provinzen sprach, obwohl er gerade einmal eine Stadt erobert hatte, zum anderen, weil er zwar Befehlsgewalt hatte, aber doch nicht wie der Kaiser selbst über den Drachenorden verfügen konnte! Sie wartete auf die empörte Antwort des Hochmeisters, doch sie unterblieb.
» Gut«, fuhr die schneidende Stimme Don Franciscos fort. » Almagro macht sich von San Miguel im Norden auf, das Land zu Fuß zu durchqueren. Ich wünsche, dass Ihr ihm fünf Eurer Drachen und Ritter zur Unterstützung schickt.«
» Er kommt zu Fuß?«, fragte Graf Tassilo, der sich bisher, wie Mila fand, auffallend zurückgehalten hatte.
» Zu Fuß und zu Pferd. Euer Orden wird ihn unterstützen und außerdem die Verbindung mit ihm halten, damit wir einen Treffpunkt vereinbaren können.«
» Ihr wollt Chan Chan schon wieder verlassen?«, fragte der Hochmeister und klang jetzt wirklich überrascht.
» Wir werden ein paar Männer hierlassen, um die Festung zu halten. Außerdem zeigt sich der neue Curaca, den ich gestern eingesetzt habe, sehr kooperativ. Wir werden mit den Indios hier keine Schwierigkeiten haben, ganz im Gegenteil. Er hat im Bruderkrieg zu Atahualpas Gegnern gehört und hat nichts dagegen, wenn wir gegen den Inka kämpfen.«
» Ihr habt einen neuen Curaca eingesetzt? Ohne Rücksprache mit uns?«, fragte der Hochmeister ungehalten.
» Kraft der mir vom Kaiser verliehenen Vollmachten bedarf ich Eurer Zustimmung nicht, Don Maximilian«, entgegnete Pizarro kalt. » Gewöhnt Euch daran.«
» Vielleicht entschließt sich der Kaiser jedoch, uns diese Stadt als Komtur, als Ordensland zu überlassen. Und dann geht es uns sehr wohl etwas an, wen Ihr hier als Curaca der Eingeborenen einsetzt.«
» Vielleicht, Don Maximilian, vielleicht. Und dann steht es Euch frei, sofort einen anderen dieser Wilden zum Häuptling zu machen. Glaubt Ihr denn, es geht mir um diese eine, halb verfallene Stadt? Habt Ihr es denn immer noch nicht begriffen? Ein ganzes Reich wartet darauf, von uns erobert zu werden! Dieses Reich werden wir jedoch sicher nicht gewinnen, wenn wir hier wie die Krebse am Strand kleben bleiben. Wir müssen in die Berge, hinein ins Herzland des Feindes, und die Entscheidung erzwingen.«
» In die Kordilleren? Habt Ihr nicht gesehen, welche Höhen sie erreichen? Ich denke, einige dieser Gipfel hier haben leicht zehn-, zwölftausend Fuß oder mehr. Wie wollt Ihr da hinüberkommen?«
Jetzt mischte sich Hernando Pizarro wieder ein: » Habt Ihr etwa Angst vor diesen Hügeln?«, spottete er.
» Angst nicht, Don Hernando, aber ich kann nicht sagen, dass mir die Vorstellung gefällt, über schneebedeckte Pässe mitten hinein ins Land der Indios zu marschieren. Hier haben wir starke Mauern, sogar eine Flotte, die Eure Männer aufnehmen und in Sicherheit bringen könnte, wenn die Macht des Feindes zu stark würde. Dort oben wären wir auf uns allein gestellt.«
» Ich verstehe Eure Furchtsamkeit nicht, Don Maximilian, Ihr könnt Euch doch immer noch auf Eure Drachen setzen und mit eingekniffenem Schwanz davonfliegen, wenn es Euch zu gefährlich wird«, spottete Don Hernando.
Zu Milas erneuter Überraschung blieb es wieder ruhig in der Kammer, und kein Schwert fuhr wegen dieser Beleidigung aus der Scheide. Stattdessen erklärte der Hochmeister sehr gelassen: » Wisst Ihr, Hernando, es ist gar nicht gesagt, dass unsere Drachen in diesen Höhen überhaupt noch fliegen können.«
Zweites Buch
CAXAMALCA
13 . Tag
Kemaq starrte auf das kleine Bündel zu seinen Füßen. Es enthielt alles, was er besaß. Viel war es nicht. » Bist du so weit, Mutter Mocto?«, fragte er die Alte, die sich schon so lange um ihn und seine Brüder kümmerte.
» Der Sapay Inka verlangt viel von einer alten Frau«, antwortete sie mürrisch.
» Seid ihr immer noch nicht fertig?«, rief Pamac, der Vorsteher ihrer Allyu – ihrer Gemeinschaft – von draußen.
Kemaq nahm Mocto ihr Bündel ab und hängte es zu seinem eigenen über die Schulter. » Verlier es nicht«, sagte die Alte und folgte ihm hinaus.
Draußen waren schon fast alle Mitglieder ihrer Allyu versammelt. » Die Sonne geht bald
Weitere Kostenlose Bücher