Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
unser Erscheinen mit verheerenden Vulkanausbrüchen einherging und Aschewolken den Himmel auf Monate verdunkelten. Ich habe viel darüber nachgedacht. Ich denke, wir waren eine Warnung, eine Warnung, nicht weiter nach dem Azoth zu suchen. Viele Menschen glaubten damals, wir seien Vorboten des Jüngsten Gerichts – und die Alchemisten wollten natürlich nicht zugeben, dass sie es waren, die uns und die Vulkane geweckt hatten. Aber das haben sie! Sie sind die neugierigsten aller Menschen und richten den meisten Schaden an, denn immer versuchen sie Dinge zu tun, die sie besser lassen sollten.«
    Mila fragte nachdenklich: » Und du glaubst, Meister Albrecht sucht den Azoth nun hier, in diesem fremden Land?«
    Nabu antwortete nicht gleich, aber dann sagte er: » Der Azoth ist seinerzeit verschwunden, unsere Mutter mit ihm, das legt den Schluss nahe, dass sie ihn mitgenommen hat, vielleicht, um ihn in weiter Ferne erneut zu verstecken, ihn vor den gierigen Händen der Alchemisten in Sicherheit zu bringen. Es ist nichts, was wir Drachen sicher wissen, aber je länger ich darüber nachdenke, desto wahrscheinlicher wirkt es für mich. Vielleicht kam sie hierher, Milena, vielleicht versteckt sie sich hier in der Neuen Welt, mit anderen Söhnen, die wir nicht kennen, und wir finden deshalb überall die Bilder von Drachen.« Der Drache seufzte: » Es mag aber auch sein, dass es weder einen Azoth noch eine Mutter der Drachen gibt und wir, ebenso wie der Stinker, Hirngespinsten nachjagen. Sicher ist nur, dass es kein gutes Ende nehmen kann, wenn dieser Alchemist seine Finger im Spiel hat.«
    » Da hast du uns schön in die Irre geführt, Chaski!«, höhnte Qupay. Er musste laut sprechen, denn von den engen Felsen hallte das Brausen eines Wasserfalls. Kemaq legte den Kopf in den Nacken und blickte mit wenig Hoffnung den fast senkrechten Fall hinauf, der ihnen, vierfach mannshoch, den Weg versperrte. Der Frühlingsfluss hatte sich hier tief in den Berg gefressen, und rechts und links ragten die Felsen viel zu steil auf, um hinaufzuklettern, vor allem für die Verwundeten. Oberhalb des Wasserfalls schienen die Berge etwas zurückzutreten, dort würde es vielleicht – vielleicht – besser werden, aber wie er die Verwundeten da hinaufbringen sollte, das wusste Kemaq nicht.
    » Wenigstens bietet diese Schlucht Schutz vor den fliegenden Göttern«, rief der Yunga gegen das Brausen. Offenbar wollte er ihm den Rücken stärken.
    » Dann können wir ja bleiben, bis wir verhungert sind«, meinte Qupay mit einem bitteren Lachen.
    » Wartet hier, ich will sehen, was oberhalb dieses Wasserfalls ist«, rief Kemaq, und er hoffte auch, damit der schwer erträglichen Gehässigkeit seines Bruders entfliehen zu können.
    Qupay rief ihm etwas hinterher, aber das laute Brausen des Wassers übertönte es. Wenigstens etwas, dachte Kemaq. Die Zeit der Schneeschmelze, wenn die Gipfel der Berge besonders viel Wasser herabschickten, war fast vorbei, und jetzt lagen einige Stufen frei, über die sonst der Fluss hinabfiel. Kemaq versuchte es einfach. Die Steine waren nass vom Sprühnebel des Wasserfalls, das machte es schwieriger. Die Verletzten wirst du hier ohne Seil nie hinaufbekommen, du könntest genauso gut umkehren, sagte eine innere Stimme, aber er beschloss, nicht auf sie zu hören. Den ganzen Tag waren sie wegen der Verwundeten nur langsam vorangekommen, zu langsam für seinen Geschmack. Er hätte laufen müssen, um den Kopf von all den düsteren Gedanken freizubekommen, aber Klettern tat fast genauso gut. Sein Fuß rutschte ab, und er konnte sich gerade noch an einer Steinnase festhalten. Reiß dich zusammen, schimpfte er mit sich selbst. Sein Blick fiel auf das Flussbett unter ihm, in dem das Wasser zwischen großen Felsbrocken hindurchschäumte. Würde er stürzen, müsste er sich keine Gedanken mehr machen. Verbissen hangelte er sich weiter hinauf. Sein Weg führte ihn immer näher an den Wasserfall heran, und er war inzwischen völlig durchnässt. Immer wieder glitten seine Hände von den feuchten Steinen ab. Er blickte zurück. Viele erwartungsvolle Augen waren auf ihn gerichtet. Nur Qupay saß dort unten und starrte in eine andere Richtung. Kemaq biss die Zähne zusammen. Er hatte es fast geschafft, kletterte nun aber auch schon halb im Wasserfall. Steine lösten sich unter seinem Griff und wurden vom Wasser hinabgerissen. Aber dann fand er eine bessere Stelle mit sicheren Tritten, und schließlich war er oben. Er war sich nicht sicher,

Weitere Kostenlose Bücher