Drachensturm
wichtigere Aufgaben auf dich.«
» Wie kannst du nur glauben, dass ich meine eigenen Brüder im Stich lassen könnte? Wenn das Heer heute nach Caxamalca hineinmarschiert, werde ich mitgehen. Ich werde versuchen, auf Qupay aufzupassen, und vielleicht kann ich sogar Jatunaq befreien, irgendwie.« Als Kemaq es aussprach, hörte er, wie dumm das klang.
» Du hilfst ihnen am meisten, wenn du nach Tanyamarka gehst, glaube mir, Chaski«, erwiderte Melap in drängendem Tonfall. » Deine Brüder sind alt genug, um auf sich selbst zu achten, und wenn du nach Caxamalca gehst, wirst du nichts anderes finden als den Tod.«
» Melap? Melap, wo steckst du?«, rief jemand ungeduldig. Es war Qupay, der sie nun entdeckte und auf sie zuhielt.
Kemaq sprang vom Stein. Plötzlich packte ihn der Chachapoya hart am Arm und flüsterte: » Denk an meine Worte, Chaski. Der Tod wartet in den Straßen von Caxamalca auf jeden, der sie heute betritt. Halte dich fern von der Stadt!«
Kemaq sah den Ernst in seinen Augen, und eine seltsame Beklemmung ergriff ihn.
» Huaxamac sucht dich, Melap. Geh, er ist ungeduldig«, rief Qupay.
Der Tempeldiener ließ Kemaqs Arm los, verbeugte sich stumm vor Qupay und verschwand. Kemaq verlor ihn im Gewimmel der Krieger schnell aus den Augen.
» Du solltest dich nicht so weit von uns entfernen, kleiner Bruder«, mahnte Qupay. Sein Blick war unstet. Er wirkte sehr beunruhigt.
» Weißt du, was geschehen wird?«, fragte Kemaq beunruhigt.
» Nein. Selbst Huaxamac, der sich neuerdings im Glanz des Wohlwollens unseres Herrschers sonnt, weiß es nicht. Vielleicht hat er deshalb nach Melap geschickt.«
» Nach dem Tempeldiener?«
» Schau nicht so verblüfft, kleiner Bruder. Was glaubst du, warum Huaxamac einen Chachapoya in Intis Tempel duldet? Sie geben nicht viel auf Inti, aber der Alte versteht sich auf die Kunst, die Zeichen zu deuten, und unser Hohepriester fragt ihn oft um Rat, wenn die Zeichen nicht klar sind.«
» Er fragt den Tempeldiener um Rat?«
Qupay seufzte. » Behalte das bitte für dich, kleiner Bruder. Und nun komm, das Heer soll bald aufbrechen.«
» Augenblick – war es Melap, der uns den Sieg voraussagte, als wir nach Chan Chan gezogen sind?«
Qupay sah ihn eindringlich an und flüsterte: » Das darf um Intis willen niemand erfahren, Kemaq, hörst du?«
Kemaq nickte. Eine ungute Ahnung beschlich ihn. » Höre, Qupay, was waren seine genauen Worte, kennst du sie?«
Stirnrunzelnd sah ihn sein Bruder an. » Warum willst du das wissen?«
» Es ist wichtig, glaube mir.«
» Huaxamac hat die Zeichen allein mit Melap gedeutet, ich weiß es also nicht genau, aber als unser Hohepriester vor uns trat, sprach er von einem bedeutenden Sieg über die falschen Götter. Das ist doch eindeutig, oder?«
Kemaq starrte seinen Bruder an. Das war alles andere als eindeutig, denn der Chachapoya huldigte doch weder Inti noch Pachakamaq, er war ein Anhänger der Regenschlange. Ein Abgrund tat sich vor ihm auf. Konnte das sein? Oder irrte er sich doch? »Los, komm jetzt endlich«, rief Qupay, » das Heer setzt sich in Bewegung.«
Mit einem leisen Knurren hatte Nabu sie vorgewarnt, dann hatte er die Verbindung hergestellt und sie durch seine Augen sehen lassen. Also sah Mila jetzt selbst, wie sich das Heer der Indios in Marsch setzte. Wie eine große Feuerwand wälzte es sich den Hügel hinab und auf die Stadt zu. Die Indios kamen nicht in Marschkolonnen, sondern, wie Mila trotz ihrer fehlenden Erfahrung erkannte, in Schlachtordnung. Dann spaltete sich dieses Feuermeer, in dem jede Flamme für einen Krieger stand, und ein Teil schien auf dem Hügel zu verharren.
» Ich glaube, wir haben ihre Zahl noch unterschätzt«, erklärte der Hochmeister. » Dreißigtausend haben wir angenommen, und so viele kommen von diesem Hügel herunter, aber es stehen doch wenigstens noch zehntausend dort oben.«
» Verdammt!«, entfuhr es Francisco Pizarro. Er war zur Festung gekommen, weil er von ihren Mauern einen guten Überblick über die Lage vor der Stadt hatte.
» Noch ist Zeit, Eure Leute hier heraufzubringen, Don Francisco«, sagte der Hochmeister leise.
» Gibt es Zeichen, dass Almagro noch kommt?«, fragte der Befehlshaber der Kanoniere, der bei Pizarro stand.
» Wir werden ihn hoffentlich nicht brauchen«, antwortete Don Francisco ausweichend.
» Ich verstehe«, sagte der Kanonier knapp.
» Wir könnten in dieser Festung einer Belagerung wochenlang widerstehen, und in letzter Not könnten die Drachen Eure
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