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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Kemaq leise.
    » Ich ahne es. Und ich werde versuchen, dir zu helfen, so gut ich kann. Doch ruhig jetzt, der Yunga kommt zurück.«
    Mila wartete. Sie war in den Palast zurückgekehrt, aber dann nicht in den Festsaal gegangen, sondern in einen Seitengang abgebogen und hatte sich in einer der Kammern versteckt. Soweit sie es beurteilen konnte, war der Raum beinahe leer. Es waren einige Säcke darin, dem Geruch nach gefüllt mit Mais, Bohnen und den Erdäpfeln, die die Indios Paca nannten. Hoffentlich würde niemand auf die Idee kommen, in der Nacht noch Vorräte zu holen. Sie hörte den Lärm aus dem Festsaal und dachte daran, dass Sir William ein paar Räume weiter aufgebahrt lag. Offenbar kümmerte das die Spanier nicht. Sie feierten ihren Sieg, so klang es zumindest. Mila versuchte, ihren Zorn zu unterdrücken. Sie durfte jetzt nichts Unbedachtes tun. Ihr Plan war einfach: Ihr Großonkel würde sicher nicht länger bleiben als unbedingt nötig. Irgendwann wären seine Feinde unter sich, und sie würde belauschen, was sie planten.
    Sie musste sich in Geduld fassen, aber dann hörte sie endlich, wie der Hochmeister und Ritter Balian den Palast verließen. Sie hörte sie miteinander reden, über den Auftrag und die Depeschen, die ihr Großonkel in seinem Quartier hatte. Kaum waren die beiden Männer gegangen, hob Hernando Pizarro die Tafel auf, und Mila hörte, wie die Padres und Hauptleute hinausgingen und sich vor dem Palast voneinander verabschiedeten. Dann schickte Pizarro – es ging sicher schon auf Mitternacht – auch die Indios fort, die aufgetischt hatten. Die Männer kamen an ihrem Gang vorbei, bewacht von einem Spanier. Sie hörte ihre Schritte. Als sie verklungen waren, blieb es still, und sie fragte sich, ob sie sich umsonst die Nacht um die Ohren schlug. Hatte Hernando Pizarro den Saal etwa auch verlassen? Sie wusste es nicht. Endlich, es schien ihr eine Ewigkeit zu dauern, betraten zwei Männer den Palast. Sie runzelte die Stirn. Der eine war ohne Zweifel Balian, das hörte sie an seinem schweren Gang. Wieso war ihr Ritterbruder nicht auf dem Weg nach Caxamalca? Er hatte doch die Depeschen sicher schon erhalten. Ihr wurde kalt. Wenn Balian sich mit Pizarro verbündete, dann stand es schlimmer, als sie dachte.
    » Das wurde aber auch Zeit«, rief Don Hernando, als die Männer in den Saal traten. Dann senkten sich die Stimmen zu einem Murmeln. Mila würde nichts hören, wenn sie blieb, wo sie war. Sie zog ihre Stiefel aus, stellte ihren Stab an die Wand und schlich hinaus. Sie lauschte. Fackeln brannten an den Wänden, im Saal wurde gesprochen, und draußen, vor dem Palast, gingen Wachen langsam auf und ab. Sie tastete sich mit ausgestreckten Fingern die Wand entlang. Ihre Sinne sagten ihr, dass der Gang leer war, aber ihre Sinne konnten sie auch täuschen. Wenn irgendwo ein Spanier still in einer Ecke saß und den Eingang bewachte, würde sie ihn vielleicht erst wahrnehmen, wenn sie über ihn stolperte. Aber es half nichts, sie schlich voran. Die Stimmen wurden deutlicher.
    » Wenn wir dieses Siegel aufbrechen, gibt es kein Zurück mehr, Don Hernando«, hörte sie Balian sagen.
    » Ihr solltet Euch keine Gedanken machen, Balian, Ihr tut das Richtige, glaubt mir. Also gebt schon her.«
    Mila schob sich noch etwas weiter an den Saal heran. Ein leichtes Brennen kroch durch ihren linken Unterarm. Mila versuchte, nicht darauf zu achten. Sie hatte jetzt keine Zeit für die Schwäche ihres Körpers. Aber das Brennen wurde stärker, dann verschwand es plötzlich und ließ ein Gefühl der Taubheit zurück. Sie versuchte, die Finger zu bewegen – aber sie spürte nichts.
    » Sieh an, in diesem Schreiben an Graf Tassilo verbergen sich zwei weitere«, rief Don Hernando drinnen im Saal. » Eines an den viel geliebten Schatzmeister der Kolonien de Paz, und eines an – den Kaiser selbst!«
    Mila zwang sich, zuzuhören. Die Taubheit war doch meist nach kurzer Zeit wieder gewichen, aber jetzt war es ein Gefühl, als seien ihre Finger, die Hand, der ganze Unterarm einfach verschwunden.
    » Er muss sich seiner Sache sicher sein, wenn er sich an den Kaiser wendet. Aber was will er vom Schatzmeister?«, fragte die dunkle Stimme von Pater Jorge, dem Stellvertreter Pater Valverdes bei dieser Expedition.
    » Ah, dieser hinterhältige Hund!«, entfuhr es Pizarro. » Er will meinen Bruder und mich abberufen lassen, und er bietet de Paz die Position meines Bruders an! Ah, und das hier dürfte Euch interessieren, Pater.«
    Mila

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