Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
sah die nächtliche Landschaft unter sich dahinfliegen. Es war ein eigenartiger Anblick, denn die meisten der unzähligen Flammen, aus denen das Bild sich aufbaute, waren so schwach, dass sie beinahe schwarz waren. Manchmal wandte Nabu den Kopf, um nach hinten zu sehen, und dann sah sie sich selbst. Die weiße Baumwollrüstung schimmerte schwach im Sternenlicht, und weit hinten glaubte sie, einen dunklen Fleck zu sehen, noch schwärzer als die Nacht, die ihn umgab. Aber das Bild war so unruhig, dass sie sich irgendwann nicht einmal sicher war, dass es diesen dunklen Fleck wirklich gab. » Bist du sicher, dass Behemoth uns verfolgt?«
    » Ziemlich sicher«, gab Nabu zurück.
    » Aber ich sehe ihn nicht«, erwiderte Mila.
    » Wie meinst du das?«, fragte der Drache.
    Mila runzelte die Stirn. » Na, das Flammenbild, du hast dich doch eben umgeschaut, aber ich kann ihn nicht sehen. Das Bild ist zu undeutlich.«
    Nabu schwieg einen Augenblick. Dann sagte er sanft: » Aber ich habe gar nicht versucht, unsere Gedanken zu verbinden, Prinzessin.«
    Jetzt war es an Mila, sprachlos zu sein.
    Nabu schüttelte den Kopf und lachte leise. » Wenn diese Stunde nicht so dunkel wäre, würde ich sagen, es ist ein großer Tag. Du hast die Verbindung selbst geschaffen, Milena, endlich. Ich hatte schon nicht mehr gedacht, dass das möglich ist. Und jetzt ist es geschehen, und ich habe es nicht einmal bemerkt.« Nach einer Weile setzte er hinzu: » Das erklärt mir noch etwas anderes. Als du nach uns gerufen hast, in der Stadt, da bemerkte ich plötzlich ein helles Aufleuchten, eine Flamme. Marduk erging es wohl ebenso, denn er hob erstaunt den Kopf, noch bevor dein Hilferuf an unsere Ohren drang.«
    Mila war zu verblüfft, um zu antworten.
    » Eine Flamme?«
    » Deine Flamme, Prinzessin, ein Feuer, hell und strahlend wie von einem neugeborenen Drachen.« Er schwieg und fügte hinzu: » Und es gibt noch mehr, worüber wir reden müssen, aber vielleicht nicht jetzt. Behemoth holt auf.« Das Feuerbild schwankte, weil Nabu wieder zurückblickte. » Siehst du ihn jetzt, Prinzessin?«
    Ja, jetzt sah sie ihn. Ein großer schwarzer Schatten, der unaufhaltsam immer näher kam.
    » Bis Caxamalca werde ich unseren Vorsprung nicht halten können, Milena. Besser, du machst dich auf einen Kampf gefasst. Achte vor allem auf Balians Armbrust. Er ist ein guter Schütze.«
    » Und was wirst du tun, Nabu?«
    » Ich weiß es nicht. Ich hoffe, dass Behemoth unser Schwur genauso heilig ist wie mir, denn kämpfen werde ich gegen ihn nicht. Auch nicht für dich. Es tut mir leid.«
    Beinahe in der Mitte der Felsengrotte ragten drei Felsnadeln empor, etwa gleich groß und deshalb besonders auffällig für Kemaqs tastende Hände. Sie kamen ihm bekannt vor. Er schüttelte den Kopf und sagte sich, dass das nicht sein konnte, aber als er sie zum dritten Mal fühlte, wusste er, dass er im Kreis ging. Es musste doch einen Ausgang aus dieser verfluchten Höhle geben! Er hörte den Bach rauschen, immer noch. Manchmal wurde er lauter, dann wieder leiser, aber wenn er versuchte, genau in die Richtung zu gehen, aus der das Geräusch vermeintlich kam, wurde es plötzlich wieder leiser. Er blieb stehen. Es brachte doch nichts, hier wie ein Blinder durch die Finsternis zu irren. Er versuchte es erneut, wartete, bis auch das letzte Rauschen seiner Schritte im Wasser verklungen war, ging zwei Schritte, wartete wieder. Er begann zu verstehen, dass die Höhle ihn täuschte. Es war wie in den Bergen, in denen die Hänge auch manchmal den Klang so ablenkten, dass ein Reisender die Quelle des Geräusches an der falschen Stelle vermutete. Er versuchte wieder zwei Schritte. Der Bach schien wieder leiser zu werden. Aber dieses Mal fiel er nicht darauf herein. Er ging weiter, blieb stehen, ging wieder zwei Schritte. Ja, es war die Grotte, sie lenkte den Klang um. Er war sich jetzt beinahe sicher, die Richtung gefunden zu haben, und bemühte sich, einfach geradeaus zu gehen. Das Wasser wurde plötzlich flacher, und dann stieß er unvermittelt auf eine Wand. Stein, harter, fester Fels. Das war gut. Und der Bach schien nicht weit zu sein. Er tastete sich die Wand entlang. Das Geräusch wurde leiser.
    Nur die Ruhe, dachte er und ging noch einige Schritte weiter. Erst als er ganz sicher war, dass das Geräusch wirklich schwächer wurde, kehrte er um. Ihm wurde schlecht, wenn er daran dachte, dass der Weg inzwischen vermutlich auch für seine Verfolger frei war. Und die hatten Licht und

Weitere Kostenlose Bücher