Drachensturm
habe ihn aus der Alten Welt herübergebracht, weil er dort nicht mehr sicher war. Und das wiederum halten auch die Drachen für möglich.«
» Ich kenne die Besessenheit des Alchemisten von diesem Thema«, meinte di Collalto. » Es ist aber auch unerheblich, ob an diesem Aberglauben etwas dran ist oder nicht – Hernando Pizarro und Balian sind offenbar auf der anderen Seite dieses Berges, und deshalb müssen wir ebenfalls dorthin. Ich werde versuchen, unsere Drachen zu beruhigen, damit sie nicht planlos davonstürmen, und Ihr könntet mit Fray Celso reden und versuchen herauszufinden, wie viele Männer Pizarro hat und wann er aufgebrochen ist.«
Der erste Stein war schlecht gezielt, der zweite traf den Yunga am Bein. Aber der lachte nur und kletterte näher. Er hielt sich geschickt oberhalb der Höhlung, und wenn Kemaq nur den Kopf herausstreckte, um besser zielen zu können, flogen ihm selbst Steine um die Ohren, und einmal krachte auch ein Schuss. Die Kiesel, die er nach dem anderen warf, waren auch beinahe lächerlich. Dunst hing über dem Tal, aber der war nicht dicht genug, weder um ihn vor den Schleuderern zu verbergen, noch um den Mann im Fels zu behindern. Der Krieger war schon weit vorangekommen, und die Wölbung des Felsens verhinderte, dass Kemaq einen Stein mit genügend Kraft nach ihm werfen konnte. Er war so gut wie verloren. Er konnte den Krieger keuchen hören, als er sich näher und näher herantastete. Plötzlich hatte er einen verzweifelten Einfall: Nicht mit Steinen, aber mit seiner Angst konnte er den Mann besiegen! Er griff sich kurz entschlossen den Schädel, bat den Geist des Verstorbenen, dem er einst gehört hatte, um Vergebung und warf den Totenkopf nach dem Yunga. Es war ein Wurf, für den er nicht viel Kraft aufwenden musste, und Kemaq betete, dass der Mann mehr Angst vor den Toten hatte als er. Der Schädel flog, und der Wurf war hervorragend gezielt. Der Yunga stieß einen Entsetzensschrei aus, und dann fiel er. Er schlug hart auf dem Boden auf, und der Schrei endete in einem lauten Stöhnen. Die Yunga heulten vor Wut, als sie ihren Bruder in Sicherheit schleppten, aber die Fremden lachten nur über die Ungeschicklichkeit des Mannes. Und sein Messer bekam er auch nicht.
» Wisst Ihr, wo Ruiz ist, Vater?«, fragte Mila den Mönch. Fray Celso brauchte lange, bevor er antwortete, und sie hörte seiner Stimme an, wie tief der Schock über das Erlebte noch saß. » Eben erst habe ich mit ihnen gesprochen. Dann brennt es, und dann sind die Padres tot. Sie alle sind tot.«
» Vater, ich weiß, es war schrecklich. Doch könnt Ihr mir sagen, wo Ruiz geblieben ist? Er war nicht unter den Toten.«
» Ruiz? Euer Waffenknecht? Er ist davongelaufen, als sie ihn holen wollten. Ich glaube, er versteckt sich irgendwo im Wald, in dem es immer noch brennt.«
» So hat er überlebt? Das ist gut!«, rief Mila.
» Wenn ihn diese Bestien nicht getötet haben«, flüsterte der Fray, und es war unklar, ob er die Spanier oder die Drachen meinte. Allmählich aber fing er sich wieder, und Mila erfuhr, dass Hernando Pizarro eine ganz eigene Version der Ereignisse hatte verbreiten lassen: » Er sagte, dass Marduk diesen Kampf begonnen hätte, weil der Hochmeister ihn aufgehetzt hätte, und Euch, Comtesse, beschuldigte er der Hexerei. Aber das habe ich keinen Augenblick geglaubt.«
» Ich weiß«, sagte Mila, und dann fragte sie den Mönch nach dem Leichnam ihres Onkels. Der Fray wurde verlegen und sagte: » Sie haben ihn neben Sir William im Palast aufgebahrt. Ich glaube, sie wollten den Anschein erwecken, dass sie seinen Tod bedauerten, obwohl sie ihn anklagten.«
» Im Palast?«, fragte Mila betroffen, denn sie hörte das große Gebäude brennen.
» Ich fürchte, es wird lange dauern, bis wir die Toten bestatten können, Condesa.«
Don Mancebo gesellte sich zu ihnen. » Wisst Ihr, Fray, was dieser angebliche Gelehrte mit Marduks Leichnam angestellt hat? Ihr könnt es nicht sehen, Condesa, aber er hat ihn aufgeschnitten und ausgeweidet, als sei er irgendein erlegtes Wild, und nicht das Oberhaupt der Drachen.«
» Oh, er tat geheimnisvoll, aber ich glaube, er hat allerlei Organe und viel Blut entnommen.« Wieder senkte Fray Celso die Stimme: » Er glaubt, dass das Blut eines Drachen unverwundbar macht, Don Mancebo.«
Zu Milas Überraschung lachte niemand über diese Bemerkung.
» Hat er auch etwas über die Feuerdrüse gesagt?«, fragte Nabu plötzlich.
Der Mönch fuhr erschrocken herum. Mila konnte
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