Drachensturm
geschmiedet aus dem harten Erz, das nur die Fremden kannten. Dann deutete der Fremde hinauf zu ihm. Der Yunga zögerte, aber schließlich nickte er. Kemaq begriff, dass dem Krieger das Messer versprochen worden war, und es stand nicht in Frage, wofür. Die versprochene Belohnung hatte die Angst des Yunga vor den Geistern offenbar vertrieben. Er wollte es gleich nehmen, aber das verweigerte ihm der Fremde. Der Krieger nickte missmutig und schickte sich dennoch an, seinen Auftrag zu erfüllen. Er suchte eine Stelle etwas abseits von Kemaqs Unterschlupf, nahm sein Bronzemesser aus dem Gürtel, steckte es sich zwischen die Zähne und begann, nach oben zu klettern. Kemaq sah machtlos zu. Wenn dieser Krieger klug war, würde er klettern, bis er sich von oben auf ihn herabstürzen konnte. Kemaq sah sich nach einem Wurfgeschoss um. Er fand einige Steine, aber er hätte aus seiner Deckung treten müssen, um gut werfen zu können. Und dann wäre er selbst ein leichtes Ziel geworden. Er musste warten, bis der Mann näher herankam.
» Sie sind unter dem Berg hindurchmarschiert?«, fragte Marschall di Collalto ungläubig.
Mila war von Nabus Rücken gestiegen und hatte auch nicht versucht, die Verbindung wieder herzustellen. Sie wollte von dem, was geschehen war, nichts sehen. Es reichte, zu hören, wie der große Palast nach und nach brennend in sich zusammenfiel. Jetzt übersetzte sie, und der Curaca der Stadt beantwortete widerwillig ihre Fragen. Sie hatten ihn aus einem Lagerhaus geholt, wo die Konquistadoren ihn mit vielen anderen hatten einsperren lassen.
» Ein alter Weg ins Land der Chachapoya«, erklärte der Indio jetzt.
» Und was, zum Teufel, wollen sie dort?«, fragte der Marschall.
Aber jetzt wich der Curaca einer klaren Antwort aus: » Vielleicht hoffen sie, dort noch mehr Silber zu finden. Eure Gier danach ist mir unbegreiflich.«
Mila seufzte. » Kann es nicht sein, dass sie eher nach dem Tempel suchen, Tamachocs Tempel?«, fragte sie freundlich.
» Davon weiß ich nichts«, behauptete der Curaca schnell.
» Natürlich wollen sie dorthin. Alle wollen sie dorthin«, mischte sich eine Frauenstimme ein, die Mila bekannt vorkam.
» Was will diese Alte?«, fragte der Marschall ungehalten, weil Mila nicht übersetzt hatte.
Mila wusste wieder, wo sie die Stimme schon gehört hatte: » Du bist Mocto, nicht wahr? Ich habe dich vor der verlassenen Stadt getroffen.«
» Du bist blind, aber nicht dumm, Goldhaar«, erwiderte die Alte anerkennend.
» Wen meinst du mit alle, Mutter Mocto?«, fragte Mila nach, da sie hoffte, von dieser Frau mehr zu erfahren als von diesem schweigsamen Curaca.
Sie schnaubte: » Die Fremden, das Steinauge, die Wolkenmenschen. Sie alle wollen dorthin, sie alle wollen den Regenstein. Und der dumme Junge, der will ihn auch.«
» Halte doch den Mund, Unglückselige!«, rief der Curaca.
Mila runzelte die Stirn. Die Frau war außergewöhnlich auskunftsfreudig. » Warum erzählst du mir das, Mocto?«, fragte sie.
» Wegen des Jungen. Sie werden ihn töten, wenn er erst den Stein hat. Und es ist auch nicht gut, wenn überhaupt jemand den Stein bekommt. Nur Böses kann daraus werden. Du musst ihn aufhalten. Er ist schnell, der schnellste Läufer von Tikalaq, aber dein fliegendes Ungeheuer ist schneller.«
» Warum haben sie dich eingesperrt, Mutter Mocto?«, fragte Mila. Die Alte war, soweit sie das beurteilen konnte, die einzige Frau unter den Gefangenen.
» Ich wollte zu meinen Jungen, die dort im Bergwerk arbeiten mussten. Nur etwas zu essen wollte ich ihnen bringen. Aber sie ließen mich nicht, und da bin ich böse geworden, und sie sperrten mich ein. Und nun bin ich müde und will schlafen. Reden will ich nicht mehr. Und ihr solltet auch nicht mehr reden, sondern aufbrechen, über die Berge, oder vielleicht doch besser zurück ins Meer, aus dem ihr aufgestiegen seid.« Und dann drehte sie sich um und ging. Mila wollte sie aufhalten, aber der Marschall war anderer Meinung: » Lasst doch die Alte. Offensichtlich ist sie ein wenig verrückt. Erzählt mir lieber mehr über den Tempel, Comtesse.«
Also berichtete sie, was sie von den Forschungen des Alchemisten wusste, der glaubte, den legendären Stein der Weisen in diesem Tempel zu finden. » Er hat behauptet, dass die Götter, die in der ganzen Neuen Welt doch immer wieder als gefiederte Schlangen dargestellt werden, in Wirklichkeit immer derselbe Drache gewesen sind, der den Azoth, so nennt er den Stein, bewachen soll. Er nimmt an, er
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