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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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die Figur – und prallte erschrocken zurück, fast wäre er sogar über den Rand der Klippe gestürzt. Da lag ein menschlicher Totenkopf und grinste ihn an! Unten heulten die Yunga vor Wut, und wieder kam ein Stein geflogen. Kemaq überwand seine Furcht und suchte hinter den Figuren Deckung. Mit Grauen erkannte er, dass zwei von ihnen auf dem irdenen Kopf ebenfalls Totenschädel trugen. Was war das nur für ein Ort? Ein Stein traf die Figur, hinter die sich Kemaq kauerte, und er hörte, dass ihre tönerne Haut sprang.
    » Hört auf«, keuchte einer der Yunga unten. » Es sind vielleicht Geister!«
    Kemaq streckte vorsichtig den Kopf aus der Deckung. Die Yunga standen unten, sie rangen nach Luft. Wäre dieser Kamm nicht gewesen, hätte er sie vielleicht abgeschüttelt. Jetzt saß er fest, hinter diesen unheimlichen Standbildern. Er sah sich um. Je schneller er hier fortkam, desto besser. Aber sosehr er die Felswand auch absuchte, er konnte keinen Weg weiter hinauffinden. Dann hörte er Stimmen – Stimmen, die in der Sprache der Fremden redeten. Er spähte vorsichtig hinab. Drei von ihnen standen unten; sie sahen erschöpft aus und schienen unter ihren glänzenden Helmen und Rüstungen erbärmlich zu schwitzen. Sie sprachen mit einem der Yunga, und dieser deutete zu Kemaq hinauf. Es gab Streit. Wenn Kemaq die Gesten richtig deutete, verlangten die Fremden, dass die Yunga zu ihm heraufkletterten, aber sie weigerten sich. Einer der Fremden zog daraufhin unter lautem Schimpfen ein kurzes Rohr aus dem Gürtel. Kemaq ging in Deckung. Es donnerte hell, und Steinsplitter regneten auf ihn herab. Die beiden anderen Fremden lachten, vielleicht, weil der Mann ihn mit seinem Donnerrohr verfehlt hatte. Aber nun sprach der Anführer der Yunga mit dem Mann, es klang flehentlich. Die Fremden wirkten unzufrieden, dann erteilten sie Befehle. Einer sprach etwas Quechua, er befahl den Yunga, Holz zu holen und ein Feuer zu entzünden. Offenbar hatten sie vor, Kemaq in seinem Versteck zu belagern. Zwei Krieger wurden fortgeschickt, aber warum, konnte Kemaq nicht erkennen, vielleicht sollten sie noch mehr Fremde holen. Kemaq kauerte sich hinter die Figur und überlegte, was er tun konnte. Er saß in der Falle, und er konnte einfach keinen Weg sehen, der ihn hier herausbrachte. Der Totenschädel, der dort auf dem Boden lag, grinste ihn an. Selbst die Toten lachen über mich, dachte er.
    Als Mila Tanyamarka erreichte, stand der Palast schon in Flammen, und es war bestürzend und faszinierend zugleich, im Flammenbild des Inneren Auges diesen Brand zu beobachten. Die meisten Drachen kreisten darüber, aber Behemoth war auf dem Dach des Palastes gelandet, und Mila sah, dass er es mit seinen Klauen aufriss und alles, was er darunter fand, in Brand setzte. Horus und Nergal waren auf dem Platz. Sie beobachteten das Gebäude und schienen auf etwas zu warten. Und am Rand des Platzes war noch etwas. Ein großer, lebloser Drachenleib – Marduk.
    » Lass uns da unten landen, ich fürchte wirklich, es werden sonst Menschen sterben, die es nicht verdient haben«, rief sie.
    » Ganz wie du meinst«, keuchte Nabu und spreizte die Flügel. Dabei stöhnte er auf.
    » Ist es die Wunde?«, fragte Mila besorgt.
    » Es ist nichts«, behauptete Nabu wieder, und dann waren sie schon über dem Platz. Er setzte härter auf als sonst, und da Mila sich ohne Geschirr auf seinem Rücken halten musste, wäre sie beinahe abgeworfen worden.
    » Du kommst gerade rechtzeitig, um das Ende dieses Spaßes mitzuerleben!«, rief Nergal. Sein Schwanz peitschte durch die Luft.
    » Marschall Collalto, was geht hier vor?«, rief Mila.
    » Als wir ankamen, sahen wir, dass die Mauern nicht besetzt waren«, rief der Marschall vom Rücken seines Drachen herüber. » Ich fürchtete schon, sie hätten die Stadt verlassen, aber über dem Palast wehte die Fahne der Pizarros. Und jetzt werden wir herausfinden, wer sich dort vor uns versteckt.«
    Mila versuchte zu erkennen, was vor sich ging. Das Bild war sehr undeutlich, aber es schien, als käme bislang nur dichter Rauch aus dem Palast. Oben auf dem Dach brüllte Behemoth und spie Feuer in die schon brennenden Mauern. Das ganze große Gebäude schien unter seinem Gewicht zu schwanken. Plötzlich taumelten Männer aus dem Eingang. Zunächst Indios, die Nergal anzischte, aber nur verjagte. Dann kamen aber auch die ersten Spanier. Nergal knurrte zornig und trieb sie mit peitschendem Schwanz und wütendem Zischen an einer Hauswand zusammen.
    »

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