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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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bist unsere Schwester, Mila, und dein inneres Feuer leuchtet uns heller als jedes andere«, erklärte Nabu ruhig.
    Kemaq hastete unter den Bäumen voran. Ab und zu blickte er zurück, um zu sehen, was hinter ihm geschah. Wenn die Fremden nicht von irgendetwas aufgehalten wurden, mussten sie bald aus dem Nebel herauskommen – und damit war es beinahe unvermeidlich, dass sie auf Rumi-Nahui und seine Krieger stießen. Wenn das geschah, würde es ein weiteres sinnloses Blutvergießen geben. Er verlangsamte seine Schritte. Er hatte wenig Grund, dem Steinauge zu vertrauen, aber es waren Männer unter seinen Kriegern, die er kannte. Er wollte nicht, dass sie von den Fremden und ihren furchtbaren Waffen abgeschlachtet wurden. Er blickte hinab auf den dampfenden Dschungel. Er hatte eine Aufgabe, und wenn er den Regenstein fand, dann konnte er diese Kämpfe vielleicht ein für alle Mal beenden.
    Und wie soll das gehen?, schoss es ihm plötzlich in den Sinn. Pitumi wollte den Stein, doch was würde sie tun, wenn sie ihn erst einmal hatte? Würde sie seinem Volk, dem Steinvolk, wirklich die Freiheit bringen? Oder würde sie die Herrschaft selbst an sich reißen? Der Stein war mächtig, mit seiner Hilfe hatte Tamachoc die Berggötter gezwungen, den Gang zu graben, durch den er gekommen war. Er war auch ein Gott, meldete sich ein leiser Zweifel, es ist nicht gesagt, dass er Menschen dieselbe Macht gibt. Aber hatten nicht die Priester damit jedes Jahr den Regen gerufen – und waren die Regengötter ihrem Ruf nicht immer gefolgt? Kemaq schüttelte den Kopf. Der Weg vor ihm war frei. Er könnte den Tempel vielleicht schon erreichen, während hier oben noch die Krieger gegeneinander kämpften. Er starrte hinab in den dichten Urwald, der sich weit unter ihm ins Endlose dehnte, und dann blickte er wieder den Hang hinauf. Die Schlange der Krieger hatte diesen Kamm nun beinahe überwunden, und bald würden auch die Fremden aus den Wolken treten. Er konnte Rumi-Nahui nicht blind in sein Unglück rennen lassen, denn das würde bedeuten, dass all die Krieger, die ihm doch nur folgten, getötet wurden. Vielleicht konnte er sie warnen und dennoch seinen Weg fortsetzen, irgendwie. Also kehrte er um.
    Die Drachen flogen einen weiten Kreis, und der Ordensmarschall rief Don Gómez, der auf Baal von Chan Chan hierhergekommen war, in kurzen Worten zu, was geschehen war.
    » Wir brauchen einen Landeplatz zur Beratung«, rief der Katalane zurück.
    Mila konnte dem nur zustimmen, aber Nabu schnaubte unzufrieden. » Es ist alles gesagt, was gesagt werden muss, und unser Entschluss steht fest.«
    Nergal drängte sich plötzlich mit einer Rolle zwischen den Ordensmarschall und die beiden Neuankömmlinge. » Rasten können wir auf dem Pass. Sie haben Marduk ermordet. Wir werden uns rächen, ob die Ritter uns begleiten oder nicht«, zischte er.
    Baal brummte Zustimmung, und auch Amun-Ra, auf dem der Burgunder Waleran de Martel saß, schien einverstanden.
    » Dann zum Pass!«, rief Horus, und dann nahmen die Drachen eine neue Formation ein. Es war ein weit gefächertes V, mit Horus an der Spitze. Mila fand sich mit Nabu plötzlich neben ihm, und da ihr Nabu den Gefallen tat, nach rechts und links zu blicken, konnte sie dieses beeindruckende Schauspiel ausgiebig bewundern: Elf Drachen, die letzten ihrer Art, flogen beinahe Flügelspitze an Flügelspitze hinauf in die Berge.
    Bald jedoch brach Nergal die Ordnung. Er flog vorneweg, als sei er der schwarze Vorbote des Unheils, das die Drachen ihren Feinden sein wollten. Es ging weiter und weiter hinauf. Der Pass verlangte den Drachen alles ab, und ihre eindrucksvolle Formation löste sich auf, da jeder auf seine Weise trachtete, Höhe zu gewinnen. Endlich sahen sie die Mauern einer Festung vor sich auftauchen.
    » Landen wir dort?«, rief Don Gómez.
    » Nicht, wenn sie besetzt ist«, beschied ihn der Marschall.
    Die Festung war jedoch ganz offensichtlich von Kriegern besetzt, denn als sie sich näherten, hörte Mila die dumpfen Muschelhörner der Indios, die Alarm schlugen. Wie der Wind rauschten die Drachen über die dicken Mauern hinüber. Sie waren so schnell, dass den Kriegern dort unten kaum Zeit blieb, die Zinnen zu besetzen. Vereinzelt stiegen Pfeile auf. Mila hörte sie wirkungslos gegen Nabus Schuppen prallen. Dann waren sie schon außer Reichweite.
    » Was ist das?«, fragte Mila, denn das Flammenbild zeigte ihr eine weite unregelmäßige Fläche, die sie nicht zu deuten verstand.
    » Wolken,

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