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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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großzügig, dass er ihnen diese Freiheiten einräumte, nachdem er sie unterworfen hatte, nicht wahr, Vater?«
    » Ja, ich finde es auch eigenartig«, sagte Fray Celso nachdenklich, » und ich glaube, der Orden hat sich durch diese Freiheiten zuletzt nicht nur Freunde am Hofe des Kaisers gemacht, Condesa.«
    » Was meint Ihr, Vater?«
    Der Mönch senkte die Stimme: » Wie Ihr vielleicht wisst, war der Orden mit dem Kaiser in Italien und errang dort den großen Sieg von Pavia, was den Drachen viel Ruhm und Ehre einbrachte. Es schien fast, als könne der Orden seine alte Bedeutung wiedererlangen. Doch dann ertönte ein Hilfeschrei aus dem Reich, und den wollten die Drachen nicht hören.« Mila hatte immer noch keine Ahnung, was der Mönch meinte, also erzählte er ihr von den Bauernaufständen: » Das halbe Reich war in Aufruhr, keine Kirche und kein Schloss waren noch sicher, und Ihr könnt froh sein, dass Ihr seinerzeit schon in Sevilla wart, Condesa. Der Truchsess von Waldburg war beauftragt, diesen Aufstand gegen die gottgewollte Ordnung niederzuschlagen. Er bat den Orden um Hilfe, und Graf Tassilo, der ein entfernter Verwandter des Truchsess ist, sagte sie ihm auch gerne zu. Leider weigerte sich Marduk, der doch der Anführer der Drachen ist, gegen die Bauern zu kämpfen.«
    Mila runzelte die Stirn. Sie hatte selbst in Spanien noch schreckliche Geschichten über den Bauernkrieg gehört. Klöster und Burgen sollten niedergebrannt, Adelige und Priester erschlagen worden sein. » Aber warum denn?«, fragte sie.
    Der Fray senkte die Stimme noch weiter: » Marduk soll gesagt haben, es sei unter seiner Würde, gegen wehrlose Bauern zu kämpfen. Er hat ja sogar behauptet, sie seien nicht gänzlich im Unrecht. Und Euer Onkel, der Hochmeister, hat diese Entscheidung mitgetragen – nun, es blieb ihm wohl auch nichts anderes übrig.«
    Plötzlich verstand Mila. Der Tressler hatte Hilfe zugesagt, die dann nicht gekommen war, und war bloßgestellt worden: » Und deshalb hegt Graf Tassilo diesen Zorn gegen meinen Onkel? Sollte er denn nicht eher Marduk zürnen?«
    » Einem Drachen zürnen? Ich glaube, Marduk ist es gleich, was der Tressler von ihm hält. Aber ja, Ihr habt Recht, das ist die Ursache für den Groll, den der Graf gegen den Hochmeister hegt, das jedenfalls habe ich aus einigen Bemerkungen geschlossen, die der Conte di Collalto letzthin machte. Wie Ihr wisst, war er so großzügig, mich auf dem Rücken seines Drachen mitzunehmen.«
    » Ich hörte, der Flug hat Euch nicht sonderlich gefallen, Vater«, kommentierte Mila mit einem Lächeln.
    » Nun, ich gebe zu, ich hatte zu Beginn meine Bedenken, aber Horus ist ein sehr besonnener Drache, und ich fühlte mich auf seinem Rücken sehr sicher. Ich glaube, die Heiligen flogen mit mir und behüteten mich.«
    » Uns alle, Vater«, stimmte Mila halb in Gedanken zu. Endlich kannte sie den Grund für den Zwist zwischen ihrem Großonkel und Graf Tassilo – sie kannte ihn, aber sie verstand ihn nicht. Der Hochmeister konnte doch nichts dafür, wenn die Drachen sich stur stellten. Sie seufzte, denn das Verhalten der Drachen gab ihr neue Rätsel auf. Sie würde weitere Fragen stellen müssen. Aber konnte sie Marduk einfach danach fragen? Oder schickte sich das nicht und würde ihr neuen Ärger mit ihrem Großonkel einbringen? Sie seufzte wieder, und der Mönch, der nichts von ihren Gedanken ahnen konnte, sagte: » Ja, die Heiligen haben uns beim Angriff behütet, aber als wir gelandet waren, da verließen sie uns.«
    Milas Lächeln erlosch. Don Rodrigo war gestorben, vielleicht getötet worden von einem unsichtbaren Feind. » Was glaubt Ihr, welchen der Knappen wird Nabu morgen auswählen?«, fragte sie.
    » Woher soll ich das wissen, Condesa? Ich bin nur ein bescheidener Mönch, und die Gedanken der Drachen sind unergründlich.«
    Mila nickte. Sie hoffte nur, es würde nicht Konrad von Wolfegg sein, aber das konnte sie dem Mönch schlecht sagen, denn so etwas zu wünschen, war wohl nicht sehr fromm. Mila erhob sich.
    » Was habt Ihr vor? Ich glaube, unsere Lateinstunde ist noch nicht zu Ende, Condesa«, sagte der Mönch und erhob sich ächzend vom Boden, auf dem sie gesessen hatten.
    » Wisst Ihr, Vater, ich habe vorhin mit Nabu gesprochen. Ich glaube, er wollte sich nicht anmerken lassen, wie traurig er war. Ich will noch einmal nach ihm sehen.«
    » Aber Nabu ist gar nicht in der Stadt, Condesa«, rief der Mönch.
    » Nicht in der Stadt?«, fragte Mila enttäuscht.
    » Er ist

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