Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
Celso hat dort eine unbenutzte Kammer entdeckt und sie zu einem Gottesacker geweiht.«
    » Aber ist das nicht sehr auffällig, Don Mancebo? Ich dachte, die Ordensmeister wollten Aufsehen vermeiden.«
    » Er ruht verborgen unter anderen. Wir hoffen, dass die Scheu vor ihren eigenen Toten die Indios auf lange Zeit davon abhalten wird, nachzusehen, wer dort begraben liegt.«
    Sie betraten den Totentempel, und der Maure erklärte Mila leise, dass sie in den Kammern einige Mumien gefunden hatten, vergleichbar mit jenen, die sie schon im Norden gesehen hatten. Er sprach auch von großen Grabkammern, aber der Fray habe nicht zugelassen, dass sie die Totenruhe störten. » Etwas, das die Waffenknechte nicht gerne gehört haben, wie Ihr Euch denken könnt«, erklärte der Ritter weiter. » Sie vermuten dort Kostbarkeiten, werden die Mächtigen dieses Landes doch immer mit vielen Gaben beigesetzt.«
    Auf Beigaben musste Don Rodrigo de Henares fast völlig verzichten. Die Ritter hatten eine flache Grube für ihn ausgehoben, in die sie ihn, wie Mila von Don Mancebo erfuhr, eingehüllt in seine Rüstung und seinen Mantel und mit dem Schwert in der Hand, nun legten. Sie hörte die Männer ächzen, und sie weinte, als sie hörte, wie der Leib den Boden berührte. Sie hörte weiter, wie ihr Großonkel am Grab niederkniete und etwas von der Rüstung des Ritters entfernte. » Die Drachenspange«, flüsterte Don Mancebo, » sie wird seinem Nachfolger übergeben werden.«
    » Du warst einer von uns, einer der Besten, mein Bruder«, sagte der Hochmeister jetzt. » Mögest du den tiefen Frieden finden, den unsere Drachen schon so lange vergeblich suchen«, fuhr er fort. Das war eine Formulierung, die Mila gespenstisch erschien, und es lief ihr kalt den Rücken hinunter. Fray Celso sprach die Gebete, dann pflanzten zwei der Ritter am Kopfende ein Kreuz auf, und jeder der Anwesenden bekam Gelegenheit, am Grab noch einen Augenblick mit dem Toten allein zu sein. Auch Mila verabschiedete sich von Don Rodrigo – sie hätte gerne etwas gesagt, aber ihr Kopf war vollkommen leer. Also warf sie nur etwas Erde in die Grube. Anschließend wurde das Grab geschlossen.
    » Leben und Tod, beides gehört zusammen«, versuchte Fray Celso den langsamen Zug der Ritter aufzumuntern. Ein Versuch, der kläglich scheiterte. Es war der Conte di Collalto, der die Ritter zur Besinnung brachte: » Er war ein tapferer Mann, ein Ritter, der mit uns hierhergekommen ist, um den Wilden den wahren Glauben und dem Kaiser neues Land zu bringen. Er ist nun gefallen, bevor er seinen Auftrag erfüllen konnte. Wir werden ihn jedoch in seinem Namen fortführen. Don Rodrigo verlässt sich auf Euch! Also beendet die Trauer, Ihr Ritter! Bedenkt, ein jeder von uns ist ersetzbar. Hat nicht jeder von uns dem Tod schon oft ins Auge geblickt? Haben wir nicht gewusst, dass es jederzeit einen der Unseren treffen kann? Nun ist eingetreten, was die göttliche Vorsehung für richtig hielt. Seht, die Sonne geht bald auf. Es wird Zeit, dass wir die Lücke, die der Tod in unsere Reihe riss, wieder schließen!«
    Die Ritter strebten dem Platz zu, und Mila folgte ihnen, jetzt am Arm des Fray. Sie fand, dass der Marschall ein oder zwei Dinge übersehen hatte: Don Rodrigo war nicht im Kampf gefallen, sondern wahrscheinlich hinterrücks ermordet worden – aber noch immer wussten sie nicht sicher, was wirklich geschehen war. Der Ritter hatte eine Lücke in ihrer Reihe hinterlassen, die keiner von den Schildknappen würde füllen können, schon gar nicht Konrad von Wolfegg.
    Sie erreichten den Platz, und der Fray geleitete Mila zur Treppe, wo sie neben Marschall di Collalto stehen sollte. Sie fröstelte, die Sonne war offenbar noch nicht über den hohen Bergen erschienen, und die Müdigkeit, durch die traurige Pflicht kurz verbannt, kehrte nun zurück. Eine Weile hing Mila ihren trüben Gedanken nach, aber dann hörte sie den Tressler, der einen der Schildknappen anfuhr, weil dessen Umhang nicht gerade saß, und sie riss sich zusammen. Das fehlte ihr noch, dass der Graf bemerkte, wie elend sie sich fühlte, und vielleicht gar seine ständig schlechte Laune an ihr ausließ. Mila begann, auf das zu lauschen, was auf dem Platz vor sich ging. Da waren die Waffenknechte, leichter gepanzert als die Ritter, die mit ihren Hellebarden eine Reihe gebildet hatten. Sie hörte sie halblaut miteinander reden. Die Drachenritter hielten sich auf oder an der Treppe auf. Sie waren schweigsam, was in Milas dunkler

Weitere Kostenlose Bücher