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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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auch erwartungsvoll an. Auch der alte Curaca war dort, schien sich aber, wie schon am Vortag, im Hintergrund halten zu wollen.
    » Nun, Chaski, dein Bericht?«, fragte Huaxamac.
    Kemaqs Kehle war immer noch vollkommen ausgedörrt. Er zog den Quipu aus dem Gürtel und hielt ihn wortlos ungefähr in die Richtung des Hohepriesters. Qupay nahm ihm die Schnur aus der Hand, eilte zum Sitz des Hohepriesters und überreichte ihn mit einer demütigen Verbeugung. Der Hohepriester überflog die Schnur und runzelte die Stirn. Kemaq nutzte die Gelegenheit, um sich nach dem Diener mit dem Wasser umzusehen. Der stand in der Pforte, machte aber keine Anstalten, näher zu treten.
    » Götter? Ist der Diener des Mondes da sicher?«
    Kemaq nickte, räusperte sich vergeblich und flüsterte nur heiser: » Ich sah sie selbst. Fliegende Götter.«
    Qupay warf ihm zornige Blicke zu, aber der Hohepriester sah ihn nur nachdenklich an, senkte den Blick wieder auf die Knotenschnur und sagte nebenher: » So gebt dem Mann doch endlich etwas Wasser.«
    Kemaq riss dem Diener den Krug förmlich aus der Hand und trank ihn in einem Zug leer. Dann fühlte er sich schon etwas besser. » Hast du auch eine mündliche Botschaft für mich, Chaski?«, fragte der Hohepriester, der den Quipu an den Curaca weiterreichte.
    Kemaq sammelte sich und wiederholte die Worte, die ihm die Tempeljungfrau mit auf den Weg gegeben hatte: » Die Fremden sind mächtig, Götter vielleicht. Ihre Diener tragen eine Haut, härter als Silber, Kupfer oder Leder, und die Kraft der Götter selbst ist größer als die von tausend Männern, und ihr Atem ist Feuer. Dreizehn haben wir gezählt. Selbst wenn du für jeden der fremden Götter tausend Mann aufbieten könntest, rate ich dir von einem Angriff ab, bevor nicht Inti oder ein anderer unserer Götter dir ein klares Zeichen gibt.« Er konnte nicht verhindern, dass er bei der Übermittlung dieser Nachricht in den üblichen, etwas leiernden Ton verfiel, den er sich in seinem Dienst angewöhnt hatte, aber der Hohepriester achtete nicht darauf.
    » Nun, Chaski, ich hoffe, du kannst mir etwas mehr berichten, denn noch weiß ich nicht, was ich davon halten soll«, sagte der Hohepriester.
    Also berichtete Kemaq. Bestimmte Dinge ließ er weg, die Chachapoya und den Chimú-Läufer erwähnte er ebenso wenig wie die Tempeljungfrauen, aber er lobte den Yunga, der ihm geholfen hatte. Er erzählte von den Göttern, die die Stadt bewachten, von der Festung des Mondes, die sie besetzt hielten, von den Fremden mit der hellen Haut und dem hellen Haar, ihren seltsamen Waffen und Rüstungen, und von der jungen Frau, deren Haar die Farbe von Gold hatte, und die eine weiße Borla über Stirn und Augen trug.
    » Eine Frau, die eine Borla trägt, sagst du?«
    » Es ist die einzige Frau, die ich dort sah, Herr, und ich sah auch, dass sie eine besondere Stellung einnimmt«, berichtete Kemaq und erzählte von der großen Versammlung auf dem Platz und dem bläulichen Gott, der ihn verschont und sich dann nah bei der Frau mit der Borla aufgehalten hatte. Auch von dem Streit auf dieser Versammlung berichtete er, und dann schilderte er auf Aufforderung des Priesters genau die Gestalt und das Aussehen der fliegenden Götter. » Die Fremden nennen sie Drachen, sie sind riesig, sicher schwerer als hundert Lamas, und mit Flügeln, die sich weiter spannen, als diese große Halle Platz bietet. Sie ähneln großen Echsen, doch sind sie eben tausendfach größer.«
    » Und du hast gesehen, wie sie Feuer spucken?«
    » Nein, Herr, doch habe ich die niedergebrannten Chaskiwasi entlang der Straße gesehen. Auch die Läufer dort sind tot. Ich sah ihre verbrannten Körper.«
    Der Hohepriester ließ sich in seinen Sessel zurücksinken, sein zerfurchtes Gesicht drückte tiefe Sorge aus. Dann sagte er: » Sie haben gestritten, sagst du?«
    » Ja, Herr.«
    » Und die Frau mit der Borla nimmt einen besonderen Rang bei ihnen ein?«
    » So scheint es, Herr.«
    Wieder dachte der Priester eine Weile nach. » Es gibt viele Götter, in den Bergen, den Flüssen und am Himmel, einige sind mächtig, andere schwächer, aber keiner ist so stark wie Inti.« Wieder verfiel er in Schweigen, schließlich sagte er: » Es ist gut, Chaski. Einer der Diener wird dir eine Kammer zuweisen und etwas zu essen bringen. Erwarte dort weitere Befehle.« Dann winkte er den Curaca und einen hochrangigen Krieger heran und gab Kemaq mit einer nachlässigen Handbewegung zu verstehen, dass er nicht mehr gebraucht

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