Drachentempel 02 - Drachenfeuer
während dieser Zeit war der Sensor inaktiv, während seine Schaltkreise analysiert wurden. Die Diagnoseroutine aktivierte sich automatisch jedes Mal zwölf Minuten nach der vollen Stunde. Seine Manipulation würde nur für diese Nacht funktionieren und sich nach drei Uhr Morgens selbst löschen, sodass das Programm zu seinen vorgegebenen Einstellungen zurückkehren konnte.
In der Küche war niemand mehr. Er ging an den Edelstahltischen vorbei und wartete neben der Hintertür, bis die Zeitfunktion seines Armband-Pearls zwölf Minuten nach elf anzeigte. Dann öffnete er die Tür und trat in den Hof.
Es gab keinen Alarm.
Der Hof war drei Meter breit und fünfzehn lang und wurde als Abstellplatz benutzt. Leere Kisten und Bierfässer stapelten sich abholbereit an den Wänden. Hal eilte zum entgegengesetzten Ende und kletterte auf die Kisten, um über die Mauer zu spähen. Nichts bewegte sich in der dunklen Gasse auf der anderen Seite. Er schwang sich über die Mauer und sprang zu Boden.
Sein Glück war bei ihm. Ein Taxi parkte zwanzig Meter hinter der Gasse am Straßenrand. Der Fahrer las irgendetwas auf seiner Media Card, doch das gelbe Schild leuchtete und zeigte an, dass er frei war. Hal öffnete die Hintertür und stieg ein.
Der Fahrer blickte auf und musterte Hal im Rückspiegel. »Wohin darf ich Sie bringen, Sir?«
»Marina District.« Hal schlug seinen Kragen hoch, um die Ventile an seinem Hals zu verbergen.
»Kein Problem.« Der Fahrer sprach ein paar Worte zu der AS des Wagens, und sie setzten sich in Bewegung. Seine Hände lagen lässig auf dem Lenkrad, während die AS steuerte.
»Hey, kennen Sie sich einigermaßen aus in dieser Stadt?«, fragte Hal.
»Sicher. Ich bin hier geboren. Einmal war ich in Durrell, aber es hat mir nicht gefallen.«
»Ich war in letzter Zeit nicht so oft draußen, nicht, seit ich hier bin. Das heißt, nicht allein, wenn Sie verstehen. Ich kenne nicht so viele Leute. Verstehen Sie, warum ich hier bin, Mann?«
»Schätze ja. Sie wollen Leute kennen lernen. Die Marina ist der beste Ort dafür.«
»Richtig. Aber ich will ein Mädchen kennen lernen. Ich will sicher sein, dass ich ein Mädchen kennen lerne. Wissen Sie, wo ein Junge wie ich mit ein wenig Geld in der Tasche ganz sicher ein Mädchen findet?«
Der Fahrer grinste in den Spiegel. »Hey, entspannen Sie sich, mein Freund. Wir sind alle Menschen. Ich kenne ein anständiges Katzenhaus, wo man sich um Sie kümmern wird.« Er deaktivierte die AS und steuerte das Fahrzeug manuell weiter.
Das Haus lag in einem der besseren Wohngebiete von Memu Bay. Ein großes dreistöckiges Gebäude, das durch einen schmalen Vorgarten vom Bürgersteig abgetrennt war. Hal öffnete ein Tor in dem schmiedeeisernen Gitter und warf dem Taxifahrer einen Blick zu. Der Fahrer winkte mit erhobenem Daumen und fuhr davon. Niemand außer ihm war auf der Straße. »Scheiße!«, brummte Hal. Er stieg die drei Stufen zu der glänzend schwarzen Tür hinauf und betätigte die Messingglocke.
Sie wurde von einer Frau im mittleren Alter geöffnet, die ein glitzerndes rotes Cocktailkleid trug. Sie hatte ein wenig zu viel Make-up im Gesicht, um als ehrbare Hausbesitzerin durchzugehen. Wenigstens hatte der Taxifahrer ihn nicht aufs Kreuz gelegt. Hal grinste, »n’Abend, Ma’am.«
Sie schürzte die Lippen und musterte ihn langsam von oben bis unten. Ihr Blick blieb an den Ventilen hängen, die nun über seinen Kragenrand ragten. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Ich hoffe doch. Ich suche ein wenig Gesellschaft für heute Nacht.«
Sie trat einen halben Schritt vor und blickte die Straße hinauf und hinunter. »Zeichnen Sie das auf, Officer?«
»Ich bin nicht im Dienst, und von der Polizei hochgenommen zu werden ist das, was ich im Augenblick am wenigsten gebrauchen kann.«
»Sehr schön.« Sie bedeutete ihm einzutreten. »Wir müssen vorsichtig sein, das werden Sie verstehen.«
»Ja, Ma’am. Das ist in meiner Heimatstadt nicht anders.« Die Eingangshalle war mit Marmor gefliest und besaß eine hohe Decke. Ein großer Kristalllüster hing von einer Messingkette und verbreitete helles Licht. Es hätte ein ganz gewöhnliches Haus sein können, abgesehen davon, dass jemand irgendeinen dünnen weißen Stoff über fast jede Oberfläche gehängt hatte, was dem Ganzen einen merkwürdig plüschigen Anschein verlieh. Eine breite Treppe führte aus dem hinteren Teil der Halle nach oben und mündete in einer Galerie, die um den gesamten ersten Stock herum führte. Zwei
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