Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
Vom Netzwerk:
uns ab. Ryko trieb unser Pferd mit einem Flankenstoß an und ritt zugleich mit den beiden hinteren Gardisten des Kaisers um die Ecke.
    Ohne die Gärten zu beiden Seiten, die den Schall gedämpft hatten, verwandelte sich das Windgeräusch plötzlich in das schwache, aber unverwechselbare metallische Klirren eines Gefechts. Ryko wandte sein Pferd genau in dem Augenblick herum, als einer der Späher aus dem Garten zu unserer Rechten stürzte und über den Rasen eilte, die Hand zum Signal erhoben.
    Ryko blinzelte ins Halbdunkel. »Die Armee«, flüsterte er und beugte sich vor, als der Mann näher kam und die Hand dabei zur Faust schloss, was ebenfalls ein Signal war. »Sie greift an.«
    Der Hauptmann brachte sein Pferd rüde neben uns zum Stehen. »Die Armee greift die Drachenhallen an? Das kann doch nicht sein!«
    Der Späher kam zu uns gerannt. »Hauptmann, die Armee von Großlord Sethon hat die Büffel- und die Tigerdrachenhal le eingenommen«, rief er keuchend. »Und ich habe ein Bataillon am Nordeingang zum Inneren Bezirk gesehen.«
    »Was ist mit Lord Tyron?«, fragte ich.
    Der Späher schüttelte den Kopf. »Er ist tot, Mylord. Ich sah ihn geköpft am Straßenrand liegen. Genau wie seinen Lehrling.«
    Lord Tyron. Und Hollin? Hingerichtet wie Verräter und ih re Körper einfach am Straßenrand zurückgelassen? Der Späher musste sich irren.
    »Nein«, sagte ich. »Nein.«
    Der Späher verneigte sich. »Ich habe es selbst gesehen. Das Tigerdrachenauge und sein Lehrling sind auch tot. Doch es waren nicht Sethons Männer, die sie umgebracht haben.«
    »Wer dann?«, wollte ich wissen.
    »Sie trugen keine Uniform.«
    Der Hauptmann spähte die dunkle Straße hinter uns entlang. »Sethon muss den Inneren Bezirk eingekreist haben.«
    »Er fordert den neuen Kaiser nicht erst öffentlich heraus«, sagte Ryko. »Er erobert den Thron direkt mit Gewalt.«
    »Und mit Idos Hilfe«, sagte ich.
    »Dann werden sie nur die Drachenaugen angreifen, die dem Kaiser treu ergeben waren«, sagte der Hauptmann. Er sah zu seinem Späher hinunter. »Nimm deine besten Männer, reite zum Palast und warne sie. Und alle Drachenaugen, deren Halle noch nicht gestürmt wurde.« Der Mann nickte und rann te zu seinen wartenden Soldaten. Der Hauptmann wendete sein Pferd. »Ich werde Seine Majestät von hier wegschaffen. Kommst du mit uns?«
    Ryko schüttelte den Kopf.
    Der Hauptmann nickte knapp. »Also viel Glück. Du weißt ja, wo du uns finden kannst, Ryko.« Dann trieb er sein Pferd an und gab seine Befehle.
    Einen Moment lang blickte sich der Kaiser mit bleichem Gesicht nach mir um. Dann führten seine Gardisten sein Pferd zum Straßenrand und galoppierten mit ihrem Herrn davon.
    Etwas an dem Bericht des Spähers kam mir falsch vor. Er hatte gesagt, auch Lord Elgon sei tot, doch das Tigerdrachenauge gehörte zu Sethons Anhängern. Warum hätte Ido Elgon töten sollen? Plötzlich verwandelte sich mein Unbehagen in blankes Entsetzen.
    Ido brachte sie alle um! Er schuf die Perlenkette.
    Ich griff Ryko am Arm. »Nicht Sethon tötet die kaisertreu en Drachenaugen«, rief ich, »sondern Ido. Und zwar alle !«
    Ryko starrte mich an. »Alle?«, wiederholte er. »Warum sollte er das tun? Das wäre Wahnsinn.«
    Es war Wahnsinn. Der Wahnsinn eines Mannes, der Kaiser werden wollte.
    »Das schwarze Buch, das wir in der Bibliothek gesehen haben, enthält das Geheimnis einer furchtbaren Waffe. Ido glaubt, er werde diese Waffe besitzen, wenn er alle Drachenaugen getötet hat.«
    Ryko griff mich in Brusthöhe am Gewand. Dabei rutschte sein Ärmel herunter, und ich sah, dass er ein Messer am Unterarm trug. »Muss ich noch etwas wissen, Lord Eon?«, fragte er mich mit zusammengebissenen Zähnen. Unser Pferd tänzelte nervös übers Pflaster. Ryko zog die Zügel stramm und packte dabei auch mich fester.
    »Er hält mich für den Schlüssel zu dieser Waffe«, keuchte ich. »Er wird nach mir suchen. Ich muss endlich meine Drachenmacht bekommen, um ihn mir vom Leib halten zu können. Das ist die Wahrheit – ich schwöre es.«
    Er ließ mich los, doch in seiner Miene stand Ekel. »Ihr erzählt immer nur die halbe Geschichte.« Er wandte sein Pferd herum. »Wir reiten durch den Jagdwald des Büffeldrachenauges.«
    »Was wird aus Lord Tyron?«, fragte ich. »Und aus Hollin?«
    »Ihr habt den Späher doch gehört«, erwiderte Ryko. »Sie sind tot. Und wenn Ihr recht habt, sind Idos Meuchelmörder längst auch in die anderen Hallen eingedrungen.« Er lachte kurz und bitter

Weitere Kostenlose Bücher