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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Brüllen hören, mit dem er Lloyd zum Schweigen bringen wollte. Etwas Schnee löste sich auf der gegenüberliegenden Seite der Futterweiden vom Hang, aber nicht viel, vielleicht dreißig Zentimeter, was kaum genug war, um seine Klauen zu bedecken. »Sie werden mich mit Sir anreden«, befahl
er Lloyd und senkte den Kopf, um ihn mit einem Auge anzustarren.
    »Sir«, hauchte Lloyd.
    Zufriedengestellt setzte sich Temeraire wieder auf die Hinterbeine und hob zu einer Erklärung an.
    »Wir werden nicht hierbleiben«, sagte er, »und so werden Sie verstehen, dass es wenig Sinn macht, wenn wir die Kühe zurücklassen. Wir alle werden gegen Napoleon kämpfen, und wir werden die Kühe mitnehmen müssen.«
    Lloyd schien ihn nicht zu verstehen; es dauerte fast eine geschlagene Stunde, ehe er zu begreifen begann, dass die Drachen gemeinsam das Zuchtgehege zu verlassen planten und nicht vorhatten, je wieder zurückzukehren. Als es ihm langsam dämmerte, begann er zu verzweifeln und bat und flehte sie inständig an. Sein Verhalten war so schockierend, dass sich Temeraire peinlich berührt fühlte: Lloyd war so klein, und er fühlte sich gemein einem Schwächeren gegenüber, wenn er seinem Drängen nicht nachgab.
    »Das reicht jetzt«, sagte Temeraire schließlich und zwang sich selbst, entschlossen aufzutreten. »Lloyd, wir werden Ihnen nichts tun und weder Ihre Nahrungsmittel noch Ihren Besitz mitnehmen. Sie haben also kein Recht, uns auf diese Weise zu behelligen, nur weil wir nicht mehr länger hierbleiben wollen.«
    »Sie haben gut reden! Ich werde mit Sicherheit meinen Posten verlieren, und das ist noch das geringste Problem«, klagte Lloyd, den Tränen nahe. »Ich setze alles aufs Spiel, was mein Leben ausmacht, wenn ich Sie ungehindert durch die Gegend ziehen lasse und Sie überall entlang des Weges die Höfe der Bauern plündern …«
    »Aber wir haben überhaupt nicht vor zu plündern«, warf Temeraire ein. »Deshalb habe ich Sie ja gefragt, woher die Kühe stammen. Wenn uns die Regierung die Tiere hier zum Fressen zur Verfügung stellt, dann gehören sie uns, und es gibt keinen Grund, warum wir sie nicht mitnehmen und woanders verspeisen sollten.«
    »Aber sie stammen von allen möglichen Bauernhöfen«, sagte
Lloyd und forderte mit einer Geste einen der Hirten auf, der pflichtschuldigst hinzufügte: »Die Viehtreiber bringen jede Woche die Tiere einer anderen Farm hierher. Das ist alles, was man in Wales zum Krieg beitragen kann – euch Burschen durchzufüttern. Es gibt also nicht einen bestimmten Ort, wo das Vieh herstammt.«
    »Oh.« Temeraire kratzte sich am Kopf. Er hatte sich einen riesigen Stall vorgestellt, vielleicht irgendwo in den Bergen, in dem die Kühe nur darauf warteten, herausgeholt und zu ihnen gebracht zu werden.
    »Also gut«, entschied er, »dann müssen eben alle helfen. Sie werden zu den Bauernhöfen gehen, die Kühe abholen und sie hierher zu uns bringen.« Dann fühlte er sich plötzlich frisch inspiriert und fügte hinzu: »Auf diese Weise kann niemand Ihnen die Schuld geben oder Sie entlassen, weil Sie uns nicht allein haben losziehen lassen.«
    Mit dieser Lösung erklärten sich nicht alle der Hirten sofort einverstanden, stattdessen erhob sich Protest. Einige von ihnen hatten Familie, und niemandem gefiel die Vorstellung, in den Krieg zu ziehen. »Nein, das ist alles Unsinn«, sagte Temeraire. »Es ist ebenso Ihre Pflicht, gegen die Franzosen zu kämpfen, wie es die unsere ist, vielleicht sogar noch mehr, weil es Ihre Regierung ist und man Sie sofort einziehen würde, wenn man Sie bräuchte. Ich habe auf dem Meer mit vielen gepressten Männern zusammengearbeitet. Ich weiß, dass das kein schönes Schicksal ist«, fügte er hinzu, obgleich er nicht so richtig verstand, warum sie nicht gehen wollten. Außerdem war es doch sicherlich überall besser als an diesem einsamen Ort, und überhaupt würden sie dann etwas zu tun haben und nicht nur herumsitzen. »Aber wenn Napoleon gewinnt, wird das auch nicht sehr schön werden, und ich glaube behaupten zu können, dass die Regierung Ihren Sold einbehalten wird, wenn sie erfährt, dass Sie hier noch abwarten, obwohl es gar keine Drachen mehr zu versorgen gibt. Und wenn Sie mit uns mitkommen, werden wir Ihnen einen Teil der Prisengelder abgeben, die wir bekommen werden.«
    Prisengelder erwies sich als magisches Wort, bei den Männern
ebenso wie bei den Drachen. Nach und nach breitete sich unter allgemeinem leisem Gemurmel die Überzeugung aus, dass

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