Drachenwächter - Die Prophezeiung
ebenso viele von ihnen erkennen.
»Es sind so viele«, sagte er. »Ich habe nur selten welche gesehen.«
» Es sind weniger geworden im Laufe der Jahrhunderte, Seld. Was der erste Dämon in uns gepflanzt hat, wächst noch immer. Wir haben auf den Koan-Bergen Wache gehalten, seitdem wir die Dämonen besiegt haben, doch die meisten von uns blieben auf der Drachenspitze. Hier und auf den Koan-Bergen – immer wieder geschah es, dass ein Drache sich zu einem Dämon verwandelte und dann hinter die Berge flog.
Wir können es nicht aufhalten. Bald werden sich alle Drachen verwandelt haben, und das wird auch das Ende der Menschheit bedeuten. Nur eines kann die Dämonen stoppen. «
»Die Prophezeiung des Bematu ...«, flüsterte Seld.
» Bematu war auf dem gleichen Weg, auf dem du gewandelt bist. Doch sein Geist war nicht stark genug. Er entglitt uns, konnte nicht erfassen, was wir ihm sagten. Seine Schriften zeugen davon, und seine Prophezeiung beschreibt, was geschehen wird: Osertem und Ajik werden um diese Welt kämpfen, ein Dämonenwesen und ein Drachenwesen. «
Nun war Seld mit dem kristallenen Drachen wieder auf der Drachenspitze, und es war wieder zur gegenwärtigen Zeit. Er erinnerte sich an Alur, den alten Mann, dem das Gleiche widerfahren sein musste. »Aber warum? So viele Menschen wurden dadurch in den Wahnsinn getrieben.«
» Das Osertem muss besiegt werden. Es ist schon vor einigen Tagen in diese Welt gekommen, und es versammelt seine Dämonen, um die Drachenspitze anzugreifen. Nun müssen wir das Kind des Lichts werden. «
Das waren die Worte aus der Prophezeiung. »Das Ajik«, sagte Seld. »Drei Drachen und drei Menschen ...«
» Wir haben lange nach einem Menschen gesucht, dessen Geist unser Wissen, unsere Gedanken aufnehmen konnte. Du bist es, Seld. Du bist derjenige, auf den wir all die Jahrhunderte gewartet haben. Doch damit das Ajik entstehen kann, benötigten wir noch zwei weitere Menschen, deswegen haben wir versucht, so viele wie möglich zu erreichen, auf dass sie hierher kommen. Und es ist geschehen – die drei, die die Prophezeiung erfüllen werden, haben die Drachenspitze erreicht. «
»Mesala – auch sie sah die gleichen Bilder wie ich.«
» Sie und viele andere. Bald wird sich hier das Schicksal von Menschen und Drachen erfüllen. «
Seld wendete sich von dem Drachen ab und trat zu einer der Öffnungen. Unter ihm erstreckte sich das dunkle Land, am Horizont sah er die Berge, über die sie gekommen waren. Die Morgenröte deutete sich an, Wind jagte durch die Drachenspitze. »Die Prophezeiung sagt, dass der erste der drei Menschen sich selbst töten muss und dass der zweite dem dritten das Leben nehmen muss, damit der dritte das Ajik wird.« Seld schaute wieder zu dem Drachen. »Welcher der drei bin ich?«
» Du bist der dritte. Dein Schicksal ist es, mit mir zu verschmelzen. Wir beide werden das Ajik. Und wir werden gegen das Osertem antreten. «
Seld versuchte zu schlucken, doch sein Mund und Rachen waren ausgetrocknet. »Was ist mit diesen beiden anderen Menschen? Wer sind sie?«
» Das musst du nicht wissen, um dein Schicksal zu erfüllen. «
»Ich werde nicht zulassen, dass andere durch mein Schicksal in den Tod gestoßen werden!«
» Du wirst es tun. « Die Stimme des Drachen in Selds Kopf duldete keinen Widerspruch. » Es ist vorgezeichnet. Und die beiden Menschen werden ihren Teil beitragen, die Dämonen aus dieser Welt zu tilgen, auf dass Drachen und Menschen wieder gemeinsam leben können. «
»Warum ich?«, fragte Seld. »Wie hat das Schicksal mich ausersehen, dies zu tun?«
» Geh den Weg zurück, den du gekommen bist. Unten in der Halle der Alten wird dir der Wächter zeigen, warum wir mehr über dich wissen als du selbst. Ich bin der Oberste Drache. Du bist der Mensch, den die Drachen sahen. Wir werden unser Schicksal erfüllen. «
Seld starrte die glänzenden Augen des Drachen an. Sein Schicksal – das war es also, was ihn hierher gebracht hatte, was Alur in den Wahnsinn getrieben hatte. Er sollte mit dem Obersten Drachen eins werden, und er musste dazu getötet werden. Seld wendete sich ab und trat wieder in den Tunnel, ließ sich vom Wind gegen seinen Rücken nach vorne treiben. Über unzählige Stufen stieg er wieder hinab, auf dem Weg, den er gekommen war. Sein Geist schien keine Verbindung mehr zu seinem Körper zu haben, über seinem Kopf zu schweben, doch dies war keine Geistesreise. Dies war das Gefühl, etwas erfahren zu haben, das er nicht ganz
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