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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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getrieben worden war. Nun wagte er einige kleine Schritte in ihre Richtung, und als er feststellte, dass sie nicht floh, trat er bis an die Tunnelöffnung. Er sah die Angst in Alemas Augen und blieb zwei Armlängen entfernt von ihr stehen.
    »Ich weiß nicht, ob du mich verstehen kannst ... aber ich weiß, dass du noch ein Mensch bist. Du hast Gefühle, Erinnerungen ... du darfst dich nicht vor ihnen verschließen.«
    Alemas Augenbrauen schoben sich zusammen, als dächte sie nach. Und die Erinnerungen, die sie durchlebte, tauchten auch in Selds Geist auf. Es war eine chaotische Ansammlung von Gefühlen und Gedanken aus einer Zeit, die lange zurücklag. Ich bin bei dir , sagte er im Geist, und als Echo kamen ihre Erinnerungen aus der gemeinsamen Zeit in Hequis zurück.
    »Seld«, sagte sie leise. Dann umarmte sie ihn.
    Er nahm sie an die Hand und führte sie von der Drachenspitze hinunter, wobei sie unablässig seinen Namen sagte, als wäre er ein magisches Wort. Durch Tunnel und über Treppen kamen sie schließlich am Fuß des Felsens an und traten hinaus ins Freie. Seld wollte mit ihr allein sein – die Drachen waren nun beständig in seinem Geist, und sie empfanden, was er fühlte, doch er konnte sich mit seiner Frau von ihnen entfernen. Er wollte noch nicht den anderen offenbaren, dass Alema noch lebte, also gingen Seld und Alema in den Wald, der die Drachenspitze umschloss. Die Luft war mild, und der Boden hatte die Wärme des Tages gespeichert. Sie setzten sich auf das Moos, das die Baumwurzeln und Steine bedeckte.
    »Ich habe dir so viel zu erzählen«, sagte Seld, und Alema hörte auf, seinen Namen zu sagen. Ihre Augen waren auf ihn geheftet. »Wie viel du davon verstehst, weiß ich nicht. Aber ich muss dich an das erinnern, was du einmal warst, und ich weiß nicht, wie.«
    Alema verharrte reglos. Seld fragte sich, ob sie nur dem Klang seiner Stimme folgte oder den Sinn der Worte erfasste.
    »Nachdem du in die Drachenhöhle hinabgestoßen worden bist, bin ich hinuntergeklettert ...«
    Ark erwachte am nächsten Morgen in seinem Zelt neben seiner schlafenden Frau Erima. Leise kroch er ins Freie und fand Mesala, die im taubenetzten Gras bei der Drachenspitze stand. Sie hatte ihre rechte Handfläche auf den Stein gelegt und blickte den Felsen hinauf.
    »Es hat sich etwas verändert«, sagte sie, als Ark bei ihr ankam. »Die Stimmen der Drachen sind verstummt ... sie haben uns all diese Zeit gerufen, und nun sind wir hier. Es ist, als ob sie darauf warten, dass wir etwas tun.« Sie wendete sich Ark zu. »Ich sollte hineingehen und Seld suchen.«
    »Nein«, gab Ark zurück. »Du musst Seld vertrauen. Er wird zu uns kommen, wenn es an der Zeit ist.«
    »Ich fühle seine Nähe – gerade so, als wäre er selbst einer der Drachen.«
    Am Morgen aßen Seld und Alema die Beeren, die sie im Wald fanden, und tranken vom Wasser eines nahen Sees.
    »Seld«, sagte Alema nun wieder. Sie starrte ihn mit ihren so jung wirkenden Augen an und sprach weiter seinen Namen. Es war immer noch das einzige menschliche Wort, das Seld ihr entlockt hatte. Über ihnen kreisten die Drachen am Himmel, brüllten und spien Feuer. Seld versuchte, die Kuppel des Obersten Drachen auf dem Felsen auszumachen, doch die Spitze war von seinem Platz nicht zu sehen.
    »Kalt«, sagte Alema da.
    Seld drehte ruckartig den Kopf zu ihr. »Was?«
    »Kalt«, wiederholte sie.
    Schnell zog Seld seinen Mantel aus und streifte ihn ihr über, schloss seine Arme um sie.
    »Seld«, sagte Alema dann wieder. »Seld.«
    Er nahm sie an die Hand, führte sie zurück zur Drachenspitze und dann am Felsen entlang. Es war an der Zeit, Alema mit ihrer Vergangen heit zusammenzubringen.
    Als Seld die Stelle erreichte, an der sich die Kolonne niedergelassen hatte, rief jemand seinen Namen. Es war Mesala. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht und mit wehenden Haaren rannte sie auf Seld zu. Dann erblickte sie Alema, die neben Seld lief. Ihre Schritte verlangsamten sich, sie kam zum Stehen, schwankte und sank auf die Knie. Ungläubig schüttelte Mesala den Kopf, und ihre Miene wandelte sich zu einer Fratze der Ungläubigkeit und des Zweifels.
    Alema ging zu ihr. Ihre Hand strich über Mesalas Haare, die mit weinenden Augen zu ihrer wiederauferstandenen Schwester aufblickte. »Mesala«, flüsterte sie. Dann sank sie in die Knie, und die Schwestern umarmten sich.
    Vielstimmiges Drachenbrüllen wehte aus dem Himmel über der Drachenspitze herunter.
    Die Hequiser kümmerten sich um Alema,

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