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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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Oberfläche des Heke. Die Wärme tat ihr gut, vertrieb den pochenden Schmerz aus ihrem Schädel und ihrem Unterleib.
    Mesalas Blick glitt hinüber zur Mündung des Heke und hinaus aufs offene Meer. Wie lange würde sie nun Ruhe vor Talut Bas haben, bis er wieder nach ihr schickte? Drei Tage? Fünf Tage? Und würde sie wieder warten müssen, bis er eingeschlafen war, bis sie sich davonschleichen konnte? Vielleicht sollte Mesala sich ertränken. Jetzt. Hier. Damit der Schmerz ein Ende hatte.
    Sofort schalt sie sich für ihre törichten Gedanken. Sie konnte nicht einfach aufgeben.
    Mesala erhob sich, rieb die Hände an ihrem Kleid trocken und ging wieder die Treppe hinauf. Nur Feiglinge gaben auf, das hatte ihre Schwester ihr beigebracht, als sie noch ein Kind gewesen war. Und selbst wenn Alema längst tot war – Mesala würde das Andenken ihrer Schwester nicht verraten. Langsam ging sie über den Anlegesteg und beobachtete ein paar Seeleute, die einen Dreimaster entluden.
    Galen Cohm hatte schon seit Monaten keine Nacht mehr durchgeschlafen. Kaum ruhte er einige Stunden, zerrte ihn der Schmerz wieder ins Wachsein, und oftmals wälzte er sich dann stundenlang zitternd und schwitzend im Bett.
    Er lag rücklings auf seinem Lager, den Kopf zum Fenster gedreht. Galen stützte sich auf die Ellenbogen, um nach unten auf den Anleger blicken zu können, auf dem sich immer mehr Seeleute sammelten.
    Als er sich wieder zurücklehnte, durchzuckte ein stechender Schmerz seinen Rücken, und Galen ließ sich auf das Kissen fallen, die Zähne aufeinandergebissen. Er würgte und versuchte, flach und gleichförmig zu atmen, bis der Schmerz nachließ.
    Wie lange hatte er noch zu leben? Mit jedem Tag wurden die Schmerzen stärker – würde der Schmerz bald in einen allumfassenden Todeskampf münden?
    Galen erinnerte sich, dass er nach dem Aufprall keine Schmerzen gefühlt hatte. Er war mit seinem Rücken auf dem Kopfsteinpflaster aufgeschlagen, und als Erstes hatte er Nässe an seinem Hinterkopf bemerkt. Als er mit der Hand danach tastete, entdeckte er, dass es Blut war, doch er hatte keine Schmerzen – nicht am Kopf, nicht in den Beinen. Dann versuchte er aufzustehen, doch es ging nicht. Er konnte seine Arme bewegen, den Rücken krümmen und sich aufsetzen, aber so sehr er sich auch bemühte, konnte er keines seiner Beine auch nur ein kleines Stück bewegen.
    Wie viele Jahre war das nun her? Fünf oder sechs? Galen wusste noch, dass es ein wundervoller Frühlingsmorgen gewesen war. Er hatte begonnen, die Schindeln vom Dach eines dreistöckigen Hauses nahe des Südtores abzutragen. Seit zwanzig Jahren schnitt er hölzerne Schindeln zu und passte sie den Hausdächern an, und niemals war dabei ein Unfall geschehen. Auf den Dachfirsten bewegte er sich flink und sicher, wusste, wo er seine Füße abstützen konnte und wo seine Hände sicheren Halt fanden. Es war ein einziger Fehler gewesen, der zu dem Unfall geführt hatte: Ein sicher wirkender Balken – Galen platzierte seinen rechten Fuß darauf, verlagerte das Gewicht, da brach der Balken, und Galen fiel hintenüber, prallte mit der Seite auf den Rand des Daches, drehte sich einmal um die eigene Achse, dann schlug er auf das Kopfsteinpflaster. Seinen Hammer hatte er während alledem nicht losgelassen.
    Galen hörte Schritte, die die Treppe hochkamen, dann wurde die Tür geöffnet. »Guten Morgen, Mesala«, sagte er.
    »Guten Morgen, Vater.« Mesala kam herein, schloss die Tür und trat zu ihrem Vater ans Bett. Sie küsste ihn auf die Stirn.
    Mesala hatte dunkle Ränder unter ihren Augen, ihre schulterlangen dunklen Haare waren zerzaust, und ihre Kleidung war zerknittert. »War es wieder anstrengend?«, fragte er.
    Sie trat vom Bett zurück und nickte. »Gewürzballen aus den Südländern. Sie sind so groß, dass zwei Leute gebraucht werden, sie zu tragen.«
    »Warum plagst du dich mit der Arbeit am Hafen ab, Mesala? Es gibt andere Arbeiten in der Stadt für eine junge Frau wie dich.«
    Mesala senkte den Blick und trat zur Anrichte an der Wand. Dort öffnete sie ein Fach, holte eine verzierte Holzkassette heraus, die Galen vor vielen Jahren seiner Frau geschenkt hatte, und ließ einige Münzen hineinfallen. Dann stellte sie die Kassette zurück und schloss das Fach wieder. Als sie sich zu ihrem Vater herumdrehte, setzte sie ein müdes Lächeln auf. »Ich werde uns ein Frühstück zubereiten.«

Kapitel 6
D en D rachen nach
    Zwischen dichten Wolken blitzte ab und an die Sonne auf, als

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