Drachenwächter - Die Prophezeiung
stehen, der ungerührt Selds Blick erwiderte.
»Ein Fass Wasser, ein Fass Fleisch«, murmelte Seld. Dann ging er.
Kapitel 17 Unbekanntes Land
Die Besatzung der Ambria drängte sich gegen die Reling, während das Schiff auf das unbekannte Land zuhielt. Alle redeten murmelnd – für ausgelassene Jubelschreie hatte niemand mehr Kraft. Das Fleisch und das Wasser aus den beiden Fässern, die die Ruderer von der Valant mit herübergebracht hatten, wurden zu einem Festmahl für alle an Bord der Ambria. Es dauerte noch bis zum Nachmittag, bis die beiden Schiffe an das Festland herangekommen waren und in sicherer Entfernung ge ankert hatten – Kapitän Wod wollte Abstand halten, falls es Riffe gab –, und während dieser Zeit war Seld in einen schwarzen Schlaf versunken.
Seld kam an Deck, kurz bevor der Anker hinabgelassen wurde. Er war erschöpft, und sein Rücken schien unter den Verbänden noch lichterloh zu brennen, doch er wollte so schnell wie möglich an Land; seine Füße endlich wieder etwas anderes als die schwankenden Planken spüren lassen. Sein Blick glitt über die flache Uferlandschaft, die von hohen Bäumen bestimmt war. Weit hinter einem hellen Sandstrand konnte Seld die Umrisse von Bergen ausmachen. Seld war froh, endlich etwas anderes als das offene Meer zu erblicken.
Mesala entdeckte Seld und eilte zu ihm. »Wir haben es geschafft.« Sie lächelte, aber Seld sah, dass Tränen ihr Gesicht hinabliefen.
»Ja«, bestätigte er und legte einen Arm um sie. »Aber wir sind noch nicht angekommen. Der Drache ist nicht an diesem Ort.«
Ein klatschendes Geräusch drang an Selds Ohren, und er schaute hinüber zur Valant. Die Beiboote des Schiffes waren ins Wasser herabgelassen worden. Die Matrosen des Herrscherschiffes ruderten zum Strand.
Seld suchte Kapitän Wods Blick. Beide nickten gleichzeitig. Und wenige Augenblicke später waren alle Boote der Ambria mit leeren Fässern beladen und hinabgelassen worden.
An diesem Tag, an dem Seld zum ersten Mal dieses unbekannte Land betrat, war es heiß. Das Sonnenlicht wurde von den Wellen tausendfach reflektiert, und kein Windstoß brachte Erfrischung. Das Boot mit Seld, Mesala und Ark fuhr voraus, die anderen Boote ruderten hinterher. Nun konnte Seld es kaum erwarten, am Strand anzukommen. Der Anblick der Schatten spendenden Bäume und der Gedanke an frisches Quellwasser pumpten neue Kraft durch seinen Körper, und den anderen Hequisern schien es genauso zu ergehen, denn sie ruderten kräftig.
Als Selds Boot über Sand schleifte, holte er sein Ruder ein, sprang ins Wasser und zog das Boot zum Strand. Die anderen taten es ihm nach, und bald standen die Männer und Frauen am Strand, die Füße im warmen Sand, den erdigen Geruch des Waldes vor sich in der Nase. Weiter aufwärts am Strand waren die Boote der Valant gelandet, und die Matrosen des Herrschers machten sich schon daran, den Wald zu erkunden. Von Talut Bas war nichts zu sehen – er musste an Bord geblieben sein.
Mesala sank neben Seld auf die Knie. Ihre Hände drangen in den heißen Sand ein, und eine Welle umfloss sie, tränkte ihre Kleidung.
Die Hequiser und die Matrosen traten an Seld heran.
»Wer an Land möchte, soll von der Ambria geholt werden. Einzelne von euch rudern zurück, um weitere Leute zu holen, während die anderen die Umgebung erkunden. Diesen Tag und die kommende Nacht werden wir ankern. Doch achtet darauf, dass niemand zu weit in den Wald hineingeht – noch wissen wir nicht, ob es darin gefährlich ist.« Seld lächelte. »Und genießt das Festland.«
Nun fanden alle Kraft zum Jubeln.
Die Hequiser und die Matrosen hatten sich in kleine Gruppen aufgeteilt, auf der Suche nach frischem Wasser und Essbarem.
»Diese Art von Baum habe ich noch nie gesehen«, sagte Mesala und legte ihre Hände auf die dunkelbraune, raue Rinde eines Baumes, der sich vor ihr in schwindelerregende Höhen erhob.
Seld schaute nach oben. »Es gibt in den Südländern einen ähnlichen Baum. Aber dort wächst er nicht annähernd so hoch.« Sein Blick wanderte über den dichten Wald, in dem sie standen. Der Boden war mit Flechten und Moosen bewachsen, von den Bäumen standen dicke Äste ab, und Schlingpflanzen hingen herab.
Die Luft war so warm wie zur Sommerzeit in Derod. Inzwischen waren in Hequis die Nächte sicher frostig, und vielleicht war schon der erste Schnee gefallen. Diese Vorstellung schien Seld unwirklich und fern, während er sich mit Mesala einen Weg durch das Dickicht bahnte. Durch Lücken
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