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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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im Blätterdach über ihm stach die Sonne, und Vogelgezwitscher hallte durch den Wald, dessen Töne Seld in Derod niemals gehört hatte.
    »Wohin gehen wir?«, fragte Mesala.
    Seld zuckte mit den Schultern. »Geradeaus.«
    Vorsichtig tasteten sie sich voran. Schon nach wenigen Schritten stießen sie auf einen kleinen Bach, der sich durch den Wald schlängelte. Sie kosteten das Wasser – es war süß und kühl. Von beiden Seiten hörten sie die freudigen Rufe anderer Hequiser, die den Bach ebenso entdeckt hatten. Seld und Mesala tranken, bis ihr Durst gelöscht war, dann füllten sie den Wasserbeutel, den Mesala mitgebracht hatte, und gingen weiter.
    Sie entdeckten eine Lichtung, auf der mehrere Bäume mit einer schuppigen, hellen Rinde und einem flachen Dach von spitz zulau fenden Blättern standen. Von den Ästen hingen glänzend rote, längliche Früchte herunter. Seld pflückte eine von ihnen. Sie fühlte sich weich an, ihre Haut war glatt und der Stiel vom gleichen hellen Braun wie der Stamm des Baumes.
    Mit beiden Händen öffnete Seld die Frucht und brachte so gelbes, saftiges Fruchtfleisch zum Vorschein, das von dunklen Kernen durchsetzt war. Er roch daran, dann träufelte er einige Tropfen des Saftes auf die Zunge. »Süß«, stellte er fest. »Aber nicht jedes Gift schmeckt bitter.«
    »Wagen wir es. Ich habe Hunger«, meinte Mesala. Sie nahm ebenso eine Frucht von dem Baum und brach sie auf.
    »Wir sollten nicht –«, begann Seld, doch bevor er etwas tun konnte, hatte Mesala hineingebissen, gekaut und geschluckt.
    Seld ließ die Frucht in seiner Hand fallen, machte einen schnellen Schritt zu ihr und packte sie an den Schultern. »Du weißt nicht, was du tust – willst du hier sterben?«, brüllte er in ihr Gesicht.
    Mesala hustete, schüttelte Seld ab. »Lass das! Anders finden wir nicht heraus, ob die Früchte giftig sind.«
    Seld ließ von ihr ab. Sein Gesicht war wutverzerrt. »Alema hätte niemals eine solche Dummheit getan.«
    Sie schleuderte die angebissene Frucht weg. »Ich bin nicht Alema!«
    Die beiden standen sich schwer atmend gegenüber. Seld machte einen Schritt zurück. »Ich ... es tut mir Leid.«
    Mesala nahm eine weitere Frucht von dem Baum. »Sie scheinen nicht giftig zu sein. Essen wir also.«
    Seld nickte, und schweigend pflückten sie die Früchte. Dann setzten sie sich auf den weichen Boden und aßen.
    »Als du dich nach Alemas Tod in die Nordländer zurückgezogen hattest ... warum hast du schließlich deinen Schwur gebrochen und bist nach Hequis zurückgekehrt?«, fragte sie plötzlich. Ihr Tonfall ließ kein Ausweichen zu.
    Seld wischte seinen Mund ab. »Alles änderte sich, als ich die erste Geistesreise hatte«, begann er. »Wie ich sagte – ich lebte in einer Höhle auf einem Berg, und da traf es mich wie ein Blitz. Ich stürzte zu Boden, schlug mir den Kopf auf. Und kaum hatte ich den Boden berührt, war es schon wieder vorbei. Die Geistesreise war nur einen Augenblick lang gewesen, und ich hatte nur kurz einen einzelnen goldenen Drachen gesehen. Ich zitterte am ganzen Körper, fühlte einen starken Schwindel, und als ich mich hochstemmte, übergab ich mich.«
    Mesala hörte ihm schweigend zu.
    »Zunächst fürchtete ich, dass eine Krankheit über mich gekommen wäre«, fuhr Seld fort. »Doch später am gleichen Tag fühlte ich mich wieder, als wäre nichts geschehen. Es vergingen einige Wochen, dann widerfuhr mir die nächste Geistesreise. Dieses Mal sah ich den Drachen länger. Bei meiner dritten Geistesreise bemerkte ich, dass viel mehr Zeit vergangen war, während mein Geist meinen Körper verlassen hatte – für mich waren es nur wenige Augenblicke gewesen, doch die Sonne war am Himmel eine deutliche Strecke gewandert. Und dann hörte ich zum ersten Mal die Stimme der Drachen.«
    Seld brach eine weitere Frucht auf und bis hinein. »Sie war leise, kaum zu vernehmen, doch was sie sagte – darüber gab es keinen Zweifel. Ich sollte nach Hequis zurückkehren.«
    »Und du hast es getan.«
    »Nicht sofort. Ich blieb noch mehr als ein Jahr in den Nordländern, bis die Stimme so drängend wurde, dass ich beschloss, ihr zu folgen. Anders konnte ich nicht herausfinden, was die Drachen von mir wollten.«
    »Wie hat man dich in Hequis aufgenommen?«
    Seld bis abermals in die Frucht. »Wohlwollend und auch mitleidig. Alle halfen mir, die zerstörte Hütte meiner Eltern wieder herzurichten. Meine Freundschaft zu Ark hatte Bestand gehabt, obwohl wir uns einige Jahre nicht gesehen

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