Drachenwächter - Die Prophezeiung
vom Schiff. Taumelnd segelte sie hinunter und landete auf dem Meer, wo sie sich sofort voll Wasser sog.
Und die erschöpfte Besatzung auf dem Deck der Ambria jubelte.
Am nächsten Tag verschlechterte sich das Wetter, und die schwarzen Wolken kündigten einen Sturm an, der in der folgenden Nacht losbrach. Eilig wurden die Segel gerefft, und alle begaben sich unter Deck.
Die Wellen schleuderten die Schiffe umher, Regen und Gischt peitschten auf die Oberdecks.
Als am nächsten Morgen die Sonne wieder hervorkam, zeigte sich, dass die Schäden an der Ambria gering waren. Einige Taue waren gerissen und wurden schnell erneuert. Noch vor dem Mittag konnte die Ambria den ursprünglichen Kurs wieder aufnehmen.
Die Valant war abgetrieben worden, doch befand sie sich noch immer in Sichtweite der Valant. Am Abend dieses Tages war sie wieder längsseits gegangen. Sie schien völlig unbeschädigt zu sein.
Mesala war eine gelehrige Schülerin, und schon bald gab es nichts mehr, was Seld ihr noch beibringen konnte. Dadurch, dass sie schon Lesen gelernt hatte, war es nur noch ein kleiner Schritt, ihr das Schreiben beizubringen.
Als Seld sie beobachtete, wie sie in der Abendsonne ihre Gedanken auf ein Pergament niederschrieb, sagte er: »Kennst du die Prophezeiung des Bematu?«
Sie schüttelte den Kopf.
Seld erzählte ihr von der Begegnung mit Alur und der Gelehrtenstätte. Dann holte er das Pergament aus der Tasche und reichte es ihr.
Mesala las es mehrmals. »Ich verstehe sie nicht«, sagte sie.
»Niemand tut das«, gab Seld zurück. »Doch sie scheint meinen Weg vorzuzeichnen. Was auch immer das Osertem und das Ajik sind ... es müssen einige von uns sterben, damit die Prophezeiung eintritt.«
Obwohl Seld die Rationen weiter verkleinerte, schwanden Wasser und Nahrung schneller, als er gehofft hatte. Kapitän Wod vermutete, dass einige Leute an Bord aus den Vorratsräumen stahlen, und er stellte einen Matrosen als Wache ab.
Der Gedanke an Festland war jetzt nur noch eine vage Hoffnung. Aus erwartungsfrohen Blicken zum Horizont wurde verzweifeltes Starren. Alle an Bord der Ambria litten unter Wassermangel – das Salz des Meeres brannte in ihren Augen und in den gerissenen Lippen. Die Ersten wurden fiebrig und zogen sich unter Deck zurück.
Auch Arks Sohn Hem wurde vom Fieber befallen. Schwitzend lag er auf seinem Lager und bat um Wasser.
Ark versuchte, Seld zu überreden, nochmals zur Valant überzusetzen, um vielleicht doch wenigstens ein Fass Wasser zu bekommen, doch Seld verneinte. »Von Talut Bas bekommen wir nichts. In der folgenden Nacht werden wir mit Beibooten zur Valant rudern und das Schiff entern.«
»Bist du von Sinnen? Die Soldaten werden nicht zögern, uns zu töten, wenn sie uns erwischen.«
»Sie werden zögern«, sagte Seld. »Und töten sie uns doch, haben wir es wenigstens versucht.«
Ark schüttelte den Kopf. »Es ist Selbstmord. Warum sagen dir die verfluchten Drachen nicht, wie weit es noch bis zu jenem Land ist? Warum tragen sie uns nicht dorthin?«
»Ich habe versucht, es von dem Drachen zu erfahren, der in jenem Land auf uns wartet. Obwohl ich ihn dort fühle, redet er nicht zu mir. Wir sind uns selbst überlassen.«
»Warum?«, entfuhr es Ark. »Wir folgen ihnen bis in den Tod und wissen nicht wofür!«
»Hier erwartet uns kein Tod«, sagte Seld mit sicherer Stimme. »Vertrau mir. Hier nicht.«
Die Nacht war wolkenverhangen, und nur wenig Sternenlicht glitzerte auf den Wellen. Seld ließ Kapitän Wod weitere Segel setzen, damit die Ambria ein Stück vor die Valant segelte, und damit diese im Fahrwasser blieb. Dann bestieg er eines von sechs Beibooten, die im Schutz der Dunkelheit hinabgelassen wurden.
Wod ließ die Segel wieder reffen, und die Ambria verlangsamte ihre Fahrt. Die Beiboote ruderten zu beiden Seiten und warteten, bis sich die Ambria entfernt und die Valant zu ihnen aufgeschlossen hatte. Seld saß im vordersten der drei Boote, die an der Steuerbordseite zur Valant ruderten. Er schaute zu den anderen drei Booten, die von Ark komman diert wurden, als sich die Valant zwischen sie schob. Mit starken Ruderstößen trieben die Matrosen die Beiboote an die Valant heran, wobei sie gegen deren Bugwelle kämpfen mussten. Alle Hände vertäuten die Beiboote in den Haken und Ösen an der Seite des Schiffes, und die drei Boote auf Selds Seite hatten an der Valant festgemacht, ohne einen Laut zu erzeugen. Seld blickte noch hinter das Schiff, ob nicht ein Boot auf der anderen Seite
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