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Drachenwege

Drachenwege

Titel: Drachenwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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auf, um sich davon zu überzeugen, dass das Nest nicht auskühlte. Jederzeit konnte der Wachwher die Eischale sprengen und schlüpfen. Kindan hatte einen Vorrat von Hafer angelegt, und hinten auf dem Herd köchelte in einem großen Kessel bereits der Brei. In der Kühltruhe stand ein Eimer mit Blut. Natalon hatte angewiesen, dass man Kindan alles zur Verfügung stellte, was dieser für den jungen Wachwher verlangte.
    Am ersten Abend nach ihrer Rückkehr schaute Zenor
    nach der Tagschicht kurz bei Kindan vorbei, weil er das Ei sehen wollte. Seine Miene drückte ehrfürchtiges Staunen aus, wie Kindan voller Genugtuung bemerkte.
    Bei der Reaktion seines Freundes wurde ihm ganz warm ums Herz. Sicher, von Zenor hatte er Loyalität erwartet, doch als er merkte, wie tief beeindruckt er war, zerstreuten sich selbst seine geheimen Befürchtungen über die Reaktionen der anderen Campbewohner ein wenig.
    Ständig durchforstete er seine Erinnerungen nach
    Bemerkungen, die sein Vater über die Pflege eines
    Wachwhers geäußert hatte. Und er tröstete sich mit dem Gedanken, dass ihm die richtigen Laute und Gebärden, um sich mit diesem Tier zu verständigen, wie von selbst eingefallen waren. Die erste Hürde hatte er genommen, indem er das Ei ins Camp gebracht hatte. Er musste es nur gut warm halten, damit der Jungwher schlüpfte.
    »Wann ist es so weit?«, fragte Zenor und betrachtete mit glänzenden Augen das Ei.
    »Meisterin Aleesa meinte, binnen einer Siebenspanne müsste er schlüpfen«, erwiderte Kindan mit gespielter Gleichgültigkeit, obwohl er innerlich vielleicht noch aufgewühlter war als Zenor. »Könntest du mir Kohlen bringen, damit ich die Ziegel erhitzen kann? Der Vorrat ist fast aufgebraucht.«
    »Selbstverständlich«, antwortete Zenor und flitzte sogleich los.
    Kindan strich mit der Hand über das Ei, dann tastete er die Ziegel ab, um festzustellen, welche erwärmt werden mussten.
    Mit einer Zange holte er die frisch erhitzten Ziegel aus dem Feuer und legte die ausgekühlten darauf, als Zenor mit einer Schubkarre voller Kohle zurückkam.
    Unter der schweren Last taumelnd und übertrieben laut keuchend kippte er die Karre in der Nähe des Feuers aus.
    »Danke, Zenor. Ich weiß deine Hilfe zu schätzen.«
    »Darf ich dabei sein, wenn der Jungwher schlüpft?«, bettelte Zenor.
    »Es ist nicht so wie das Schlüpfen eines Drachen«, gab Kindan zu bedenken, der diesen bedeutsamen Augenblick am liebsten allein erleben wollte. »Es gibt keine Gegenüberstellung, bei der das Tier sich einen menschlichen Partner erwählt.«
    »Bitte, bitte, Kindan«, jammerte Zenor.
    »Na ja, ich werde versuchen, dich zu benachrichtigen, aber versprechen kann ich es nicht. Schließlich könntest du gerade auf Schicht sein, wenn der Jungwher die Eischale sprengt.«
    »Wenn es sich einrichten lässt, dann lass mich zuschauen, Kindan. Ich bringe dir auch so viel Kohle, wie du brauchst.«
    »In Ordnung«, gab Kindan widerstrebend nach. Aber
    schließlich war Zenor sein bester Freund. »Bleibst du ein Weilchen hier, während ich ins Cottage gehe und einen neuen Haferbrei zubereite? Er muss so frisch wie möglich sein.«
    »Klar bleibe ich hier und passe auf!«, beteuerte
    Zenor.
    Kindan musst den Kessel von innen scheuern, um die angebrannte Kruste zu entfernen, ehe er den neuen Brei kochen konnte. Er verschwendete eine Menge Hafer, aber er wollte auf Nummer Sicher gehen und den Brei fertig haben, wenn die Eischale zerplatzte. Denn er wusste, wie wichtig es war, dass ein Jungtier gleich nach dem Schlüpfen gefüttert wurde.
*
    Drei Tage später wurde er des Morgens von einem
    lauten Geräusch aus dem Schlaf geweckt. Hastig setzte er sich hin, wobei er sich einen Moment lang orientie-rungslos fühlte. Er öffnete einen Glühkorb und schob behutsam die oberste Strohschicht, die das Ei bedeckte, beiseite. Ein großer Riss zog sich mitten durch die Schale. Er legte eine Hand darauf und spürte, wie etwas gegen seine Finger pochte. Dann begann er, liebevoll das Ei zu streicheln.
    »Ich hole nur rasch den Haferbrei«, flüsterte er und schälte sich aus seinem Schlaf pelz. Dann rannte er die kurze Strecke zum Cottage des Harfners. Er nahm den Eimer mit Blut aus der Kühltruhe, zog den Kessel, in dem der dicke Brei träge vor sich hin blubberte, an den vorderen Rand der Herdplatte und rührte das Blut hinein. Er versuchte, leise zu sein und den Harfner nicht zu wecken, doch Meister Zist hörte das Klappern des Löffels im Kessel und betrat, in

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