Drachenzauber
versucht, mir den Ring abzunehmen?
»Ich kann Hurog einnehmen, Ward.« Die Erwähnung der Burg, von der ich so besessen war, bewirkte, dass ich wieder Kariarn ansah. »Mir steht Magie zur Verfügung, die diese dunklen Mauern umreißen und die Burg zerschmettern kann, damit ich meine Drachenknochen bekomme. Oder ich kann Euch hinbringen und Euch Hurog stattdessen überlassen.
Ihr könntet mir die Treue schwören statt diesem Jun-genliebhaber Jakoven. Was seid Ihr ihm schon schuldig? Er hat Euren Vetter umgebracht und Euch Hurog abgenommen. Und seht nur, was er Oranstein angetan hat. Ein solcher Mann verdient nicht, auf dem Thron zu sitzen. Schaut über das Bestehende hinaus, Ward. Fünf Königreiche, die in den Händen von Tallven-Blut in den sicheren Tod driften, könn-363
ten unter mir sechs blühende Länder sein. Ich könnte Euch zum König von Shavig machen, Ward - was Ihr ohnehin hättet sein sollen.«
Im Kopf hörte ich die Stimme meiner Tante, die mir geduldig erklärte, wie ein Krieg schon vor dem ersten Blutvergießen verloren werden konnte. Das Schlimmste daran war, dass Kariarn recht hatte: Jakoven war nicht geeignet, auch nur einen Landsitz zu verwalten, nicht zu reden von den Fünf Königreichen. Kariarn würde nicht einfach zusehen, wenn ein anderes Land seinen Besitz verwüstete, er würde beschützen, was ihm gehörte. Ich verstand sogar seine Besessenheit, was Magie anging, erheblich besser, als ich Jakoven je verstehen würde, denn ich war selbst besessen - von Hurog.
Zu meinen Füßen bewegte Tosten kurz die Hände.
Kariarn musste bemerkt haben, dass ich meinen Bruder ansah. »Bastilla kann seine Wunden heilen; das ist ein weiteres ihrer Talente. Ich sehe, sie hat Euch davon nichts erzählt. Es tut mir leid, ich habe sie ein wenig zu lange mit ihm spielen lassen, aber sie hatte eine Belohnung verdient. Sie tut gern anderen weh, und ich lasse ihr den Spaß, wenn ich kann.
Wie ich schon sagte, sie kann den Schaden beheben, den sie meinen Verbündeten zufügt.«
Ich senkte den Kopf und starrte Tostens Hand an, die vielleicht nie wieder eine Harfensaite berühren würde. Wie betäubt dachte ich: Bastilla hat das getan? Bastilla hat sich an den Schmerzen meines Bruders erfreut?
»Zeig ihm dein kleines Spielzeug, Meister«, sagte Bastilla plötzlich.
Er riss an ihrer Kette und zerrte sie damit grob auf die Knie herab, wo sie hustete und würgte. »Du sprichst nur, wenn ich es befehle, Sklavin. Bist du so lange weg gewesen, dass ich es dir erneut beibringen muss?«
Rasch schüttelte sie den Kopf, und das schien ihn zufrieden zu stellen. Er richtete sich wieder auf. »Er braucht Zeit. Lass ihn eine Weile nachdenken.«
Sie kam wieder zu Atem, aber sie stand nicht auf.
Stattdessen blieb sie auf den fauligen Binsen knien und küsste seinen Stiefel. Er hob sie mit einem Finger unter dem Kinn hoch, und sie küsste im Aufstehen seine Hand. Ich konnte ihr Gesicht einen Augenblick erkennen, und ihr Ausdruck blinder Anbetung bewirkte, dass mir übel wurde. Ich verstand das nicht. Sie hätte frei bleiben können. Sie war stark, sie war sogar eine Zauberin.
Ich hatte sie vielleicht nicht geliebt, aber gern gehabt. Lange starrte ich sie an und fragte mich, ob sie sich vielleicht nur verstellte.
Aber Kariarn hatte gesagt, dass sie meinem Bruder wehgetan und es genossen hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Bastilla, die ich kannte, jemandem weh tat, außer im Kampf.
Sie war eine bessere Schauspielerin als ich.
Ich wandte den Blick ab und sah Kariarns amüsierte Miene. »Sie ist mein Chamäleon«, sagte er, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Sie ist, was im-365
mer mir am besten passt - ein Geschenk meines Erzmagiers. Ein menschlicher Succubus. Sie gehört mir, mit Körper und Seele. Nicht wahr, Bastilla?«
»Nur Euch«, antwortete sie.
Kariarn sah mich an. »Seid Ihr je einer Cholyten begegnet? Wenn sie in den Orden eintreten, überlassen sie ihre Willenskraft Choles Prophetin, der Cholynn, oder an wen immer sie sie weitergibt. Die Cholynn hat mir Bastilla geschenkt, als ich dreizehn wurde.«
Dann ging er und nahm Bastilla mit. Ich hörte, wie auf der anderen Seite der Tür ein Riegel vorgescho-ben wurde.
Einen Augenblick später stöhnte Tosten erneut und setzte sich hin. »Wollte er damit sagen, dass Magie sie zu dem gemacht hat, was sie ist?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete ich.
»Die Pest über dich«, fauchte er schwächlich.
»Schau mich nicht so an. Du hast nichts
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