Drachenzauber
hätte mich vielleicht erinnern sollen, dass Ward der Einzige war, der mich beim Schach schlagen konnte … und da wir gerade davon sprechen, wir müssen ein Spiel beenden.«
Tisala stand auf und setzte sich auf ein Ende der Bank. Kellen rutscht zurück, bis sein Rücken die Wand berührte.
Er hatte mit einem scharfkantigen Stein ein Schachbrett in die Bank geschnitzt, und nun holte er aus einem Beutel, den er an sich trug, schön gemei-
ßelte Schachfiguren aus Jade und Jaspis. Er stellte sie rasch auf und erinnerte sie dabei an die Züge, die sie bei ihrem letzten Besuch hier vor Monaten gemacht hatten. Rosem hatte ihr erzählt, dass Kellen mit vielen seiner Besucher Schach spielte und sich an jedes Spiel so gut erinnerte wie an das mit ihr. Es beschäftigte ihn und half ihm, nicht den Verstand zu verlieren.
Sie hatten Zeit für drei Züge, bevor Kellen die Figuren wieder in den Beutel steckte.
»Ich spiele gern mit einer so guten Gegnerin, wie Ihr es seid«, sagte er nachdenklich. »Es gibt nicht viele, die so gut spielen.«
»Mein Vater hat es mir beigebracht«, erinnerte sie ihn.
»Rosem erwähnte gestern, dass Ihr hier nach Ward sucht«, sagte er.
»Ja, Sire.«
»Niemand, den ich kenne, hat herausfinden können, wo sie ihn hingebracht haben. Aber irgendetwas ist im Magierbereich im Gange. Jadeauge war jeden Tag hier, und der Erzmagier ebenfalls.«
»Ich nehme an, dass er sich dort aufhält. Sein Zauberer hat ihn nicht finden können.«
»»Ward ist zur Magie geboren«, sagte Kellen.
»Ich erinnere mich, dass er auf magische Weise Gegenstände wiederfinden konnte, die man verloren hatte.« Einen Augenblick starrte er das leere Schachbrett an. »Ich werde sehen, ob wir Euch in den nächsten Tagen in den neuen Bereich bringen können. Was habt Ihr vor, wenn Ihr ihn findet?«
»Sein Zauberer glaubt, er kann Ward herausholen, wenn ich ihn gefunden habe.«
»Er wird Hurog verlieren«, sagte Kellen leise.
»Wenn Ihr nicht sehr vorsichtig seid, werden Lord Duraugh und Beckram wegen dieser Sache sterben.
Ich kann es mir nicht leisten, Hurog zu verlieren - ich hatte auf ihre Unterstützung gerechnet.«
»Wenn Ihr wollt, Sire, werde ich ihnen sagen, dass ich nicht herausfinden konnte, wo er ist.« Aber schon als sie es aussprach, wusste sie, dass sie log - und sie hatte Kellen nie zuvor angelogen. »Wenn Jakoven Ward hat, wird Duraugh sich jedem anschließen, der sich dem König widersetzt.«
Kellen dachte einen Augenblick nach, aber dann schüttelte er den Kopf. »Ihr könnt einen Adler nicht lange einsperren, ohne ihm zu schaden. Holt Ward heraus. Ich werde darüber nachdenken, wie ich das nutzen kann; es wird mir etwas zu tun geben. Und nun geht und seht, was Ihr tun könnt. Ich werde Rosem anweisen, Euch jede erdenkliche Hilfe zu geben.« Er nickte zum Zeichen, dass sie entlassen war, und sie verbeugte sich und wischte den Boden fertig auf, während er sich wieder auf die Bank legte und ihr den Rücken zuwandte.
Sie hatte schon an die Tür geklopft, um der Wache mitzuteilen, dass sie fertig war, als sie ihn leise sagen hörte: »Ich mochte Ward.«
»Ich mag ihn auch«, flüsterte sie zurück. Dann nahm der Wächter den Riegel weg und öffnete die Tür.
»Das hat lange genug gedauert«, sagte er barsch.
Es war verboten, miteinander zu reden, also senkte sie nur den Kopf und nickte. Sie musste fünfmal in die Strohkammer gehen, um eine dichte Schicht in Kellens Zelle zu legen. Sie beendete ihre Arbeit, dann schloss sie ohne einen Blick zu dem stillen Mann auf der Bank die Tür und verriegelte sie hinter sich.
Nach dem Asyl ging Tisala zunächst in ein öffentliches Badehaus, um sich den Gestank abzuwaschen, bevor sie sich mit Oreg traf. Es war gerade erst vollkommen dunkel geworden, als sie zu der Schänke kam, die sie vereinbart hatten - etwa der Zeitpunkt, den sie angegeben hatte, aber wenn man nach den leeren Bechern ging, die vor ihm standen, war Oreg schon einige Zeit dort.
Er warf einen Blick auf ihr Gesicht und wandte sich dann ab, um einen weiteren Becher zu leeren.
»Ich werde morgen wieder hingehen«, murmelte sie. »Dann kann ich in den Magierbereich kommen.
Ich werde ihn finden.«
»Es ist schlimm«, sagte er beinahe zu sich selbst.
»Er hat Schmerzen.«
Tisala spürte, wie sie bleich wurde. Sie wusste von einigen Dingen, die im Asyl vor sich gingen - aber für gewöhnlich wählten sie ihre Opfer sorgfältig unter denen, deren Verwandte sich nicht daran stören würden. Sie
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