Drachenzauber
den Boden. Er sah so harmlos aus, wie er konnte.
»Hurog hat also tatsächlich Drachen«, sagte Kellen. Er war starr vor Anspannung, aber er klammerte sich so fest er konnte an seine geistige Gesundheit -
ich wusste, wie sich das anfühlte.
»Einen«, sagte ich.
»Wo ist Euer Magier?«
Ich deutete auf den Drachen. »Er ist kein Voll-blutdrache. Er sagt, beide Gestalten seien ihm gleich angenehm.«
Kellen nickte langsam und zeigte auf den Teich.
»Ist es sicher, sich darin zu waschen?«
»Ja«, erwiderte die Tamerlain von der anderen Seite des Teichs her. »Willkommen in Menogue, Kellen Tallven.«
Kellen sah erst sie an, dann den Drachen, und fing an zu lachen.
»Ich bin kein Traum«, sagte sie, denn sie hatte die Spur von Hysterie in seiner Heiterkeit bemerkt. »Ich bin lange hier gewesen und habe den Königen von Tallven gedient. Die Welt hat sich verändert, seit du in Stein gebunden wurdest, Tallven, aber die meisten Menschen wissen das noch nicht. Drachen fliegen, die alten Götter regen sich, und Magier werden mächtiger, weil ein altes Unrecht wieder gutgemacht wurde.«
Kellens Miene war trotz seines vorherigen Lachens seltsam ausdruckslos.
»Geh weg, Tamerlain«, sagte ich und starrte Kellen besorgt an. »Wir werden später noch genug Zeit für diese Dinge haben.« Die Tamerlain warf mir einen amüsierten Blick zu und verschwand mit einem unnötig theatralischen leisen Knall. »Lasst uns den Gestank dieses Orts von uns abwaschen und etwas essen, bevor wir weiterdenken. Oreg?«
Der Drachenkopf hob sich, und Oreg sah mich freundlich an.
»Bitte sag den anderen, dass Kellen in Sicherheit ist, und bring seinen Diener her - nur ihn -, zusammen mit sauberer Kleidung. Lass uns ein wenig Zeit zum Waschen.« Wenn Kellen sich ebenso fühlte, wie ich mich gefühlt hatte, würde es eine Weile brauchen, bis er glaubte, sauber zu sein. Ich hatte mich diesmal nur ein paar Minuten in dem Gebäude aufgehalten, aber es war mir bereits, als klebe der Gestank des Asyls wieder an mir.
Oreg stand auf, gähnte und schüttelte sich, dann nahm er wieder Menschengestalt an. »Klingt nach einer guten Idee.« Er deutete eine kurze Verbeugung vor Kellen an, eine Geste des Respekts, zu der er sich nicht oft herabließ, und verschwand in den Bäumen.
Kellen schien nicht ins Wasser gehen zu wollen, er stand nur da und starrte mich an, als wüsste er nicht, was er tun sollte. Oder als traute er mir nicht. Ich nehme an, von meinem eigenen Bruder gefangen genommen zu werden, würde mich auch nicht gerade vertrauensselig machen.
»Rosem wird bald hier sein«, sagte ich. »Ihr könnt auf ihn warten, wenn Ihr wollt - aber ich werde es nicht tun.« Ich zog mich aus und watete in den Teich.
Es war nicht kalt, wie das Wasser in einem solchen Teich sein sollte, sondern lauwarm. Ich spürte allerdings keine stärkere Magie hier, also wurde es wohl von unterirdischen heißen Quellen gespeist. Im Dunkeln ließ sich schwer sagen, wie tief das Wasser sein würde, aber ich hätte mir keine Gedanken machen müssen, denn als sich der Boden schließlich weiter nach unten zog, tat er es sanft. Ich schwamm von Kellen weg und ließ ihn entscheiden, ob er mir folgen wollte oder nicht. Nach ein paar Minuten waren vom Ende des Teichs Geräusche zu hören, also nahm ich an, dass er es getan hatte.
Als ich nichts weiter hörte, schwamm ich zurück zu ihm.
Er stand taillentief im warmen Wasser und zitterte.
»Wisst Ihr«, sagte er und beobachtete seine zitternden Finger, »dass ich Aethervon ebenso hasste wie meinen Bruder, weil er mich ins Asyl gebracht hat? Wenn Aethervon Jakovens Magier nicht diese Vision geschenkt hätte, hätte mein Bruder mich einfach umgebracht.«
Er stand kurz davor zu zerbrechen, und vielleicht musste er einfach jemandem erzählen, was er empfand. Aber wenn er diesen Gefühlen jetzt nachgab, würde er sich vielleicht nicht wieder zusammenneh-men können. Wartet, wollte ich ihn drängen, wartet ein wenig, bis die Zeit Euch zu etwas mehr als einem Jungen gemacht hat, der keine andere Vergangenheit hat als eine dunkle Zelle. Ich wünschte, ich hätte Beckrams Beredsamkeit, aber meine eigenen Worte mussten genügen.
»Ich bin selbst ebenfalls ziemlich gespalten, was Aethervon angeht«, sagte ich und ignorierte Kellens Aufregung. »Als ich das letzte Mal hier war, hat er ohne jede Entschuldigung oder Ankündigung den Körper meiner Schwester übernommen und sie benutzt, um Prophezeiungen abzugeben, die nicht einmal
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