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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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konnten. Und nun war dieser brave Mann tot. Konnte ich mir das jemals verzeihen?
    Ich sah, dass auch den anderen die Augen feucht geworden waren, und weinte bitterlich, als wir voller Trauer und Respekt an
     Herrn Morris’ Leichnam niederknieten. Schließlich trafen sich meine und Jonathans Augen. Wir standen auf und fielen einander
     in die Arme.
    »Gott sei Dank, dass du in Sicherheit bist«, sagte Jonathan heiser, während er mich eng an sich drückte.
    »Ich habe dich vermisst«, sagte ich mit tiefer Aufrichtigkeit und erwiderte seine Umarmung.
    »Die ganze Zeit ohne Nachrichten von dir zu sein hat mich fast um den Verstand gebracht.« Er lockerte ein wenig seine Umarmung
     und küsste mich, schaute mir dann ernst ins Gesicht. »Ist es dir gut ergangen? Fühlst du dich wohl?«
    »Mir geht es gut«, flüsterte ich.
    Er betrachtete mich und den Professor. »Was ist mit euch geschehen? Warum seid ihr beide mit Blut befleckt?«
    Ich warf Dr. van Helsing einen raschen Blick zu, der antwortete: »Ich habe die Vampirfrauen in der Burg getötet. Es war eine
     blutige Angelegenheit, und Frau Mina …« Er schien um Worte verlegen zu sein.
    »Ich habe letzte Nacht ein Kaninchen geschossen und zum Abendessen zubereitet«, erklärte ich rasch. »Ich hatte noch nie vorher
     ein Tier geschlachtet. Ich habe mich nicht besonders geschickt angestellt.«
    »Nun, ich habe gesehen, wie du vorhin geschossen hast«, meinte Jonathan stolz und dankbar. »Das hast du wirklich gut gemacht.
     Ich glaube, du hast mir das Leben gerettet.«
    »Wie Herr Morris sagte: Ich war froh, dass ich dir zu Diensten sein konnte.« Wieder entrang sich meiner Kehle ein Schluchzen,
     und Jonathan drückte mich fester an sich.
    Plötzlich frischte der Wind auf, fegte in einer kalten Bö an uns vorbei und wirbelte Schneeflocken vor sich her. »Kehren wir
     besser sofort zum Lager zurück, während es noch hell |490| genug ist, um den Weg zu sehen«, sagte Dr. van Helsing, »und machen uns ein Feuer, ehe wir alle erfrieren.«
    Die Männer legten den Leichnam von Herrn Morris auf Dr. Sewards Pferd. Der Professor nahm das Pferd von Herrn Morris, und
     ich ritt mit Jonathan. Traurig und stumm machten wir uns auf den Weg den Hügel hinauf. Im Lager war der Boden hart gefroren.
     Da wir ohnehin keine Geräte zum Graben hatten, betteten die Männer Herrn Morris’ Leichnam in eine flache Schneekuhle unter
     den Bäumen. Alle stimmten darin überein, dass wir ihn mitnehmen und auf dem Friedhof der nächsten kleinen Stadt beerdigen
     wollten, wo wir ihm ein würdiges Begräbnis bereiten könnten.
    Lord Godalming und Dr. Seward, die in der Vergangenheit schon häufig zusammen auf viele Bequemlichkeiten verzichtet hatten,
     machten sich gleich an die Arbeit und bauten hervorragende Zelte aus den Planen und Stricken, die wir mit uns geführt hatten,
     und aus langen Stöcken, die wir gesammelt hatten. Jonathan und ich schichteten ein ordentliches Feuer aus den Holzvorräten
     auf, die wir noch im Wagen hatten, und schon bald hatten wir uns alle darum versammelt.
    Schnee bedeckte den Boden und lag auf den Ästen der immergrünen Bäume wie Zuckerguss auf einer Torte. Ich fröstelte, zog meinen
     inzwischen völlig verschmutzten Umhang noch enger um mich, während wir alle ins Feuer starrten. Jonathan saß neben mir auf
     einem Baumstamm, hatte seine Hand auf mein Knie gelegt, als wollte er sich versichern, dass ich wirklich da war. Unsere Stimmung
     war traurig und feierlich, wie bei einer Totenwache, die es ja auch war. Die Genugtuung, die die Männer über ihren vermeintlichen
     Triumph empfunden hatten, war nun völlig geschwunden, weil einer aus unserer Mitte bei dieser Schlacht sein Leben verloren
     hatte. Mich drückte diese Bürde mehr als jeden anderen nieder.
     
    Dr. Seward und Lord Godalming erzählten Geschichten über die vielen Orte, an die sie mit Herrn Morris gereist waren, |491| und über die Abenteuer, die sie miteinander erlebt hatten. Alle fanden herzliche Worte über diesen guten und freundlichen
     Mann, den wir alle so bewundert hatten.
    Schließlich senkte sich ein Schweigen über uns. In der Ferne erklang gelegentlich das Heulen der Wölfe. Mir stockte der Atem,
     als ich bemerkte, dass uns aus dem Dickicht unter einem Baum in der Nähe zwei strahlend blaue Augen anstarrten. Ein Wolf!
     Oder war es Nicolae? Jonathan, der meinem Blick folgte, griff rasch nach seinem Gewehr, aber ich streckte die Hand aus und
     hielt ihn davon ab.
    »Nein!«, rief

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