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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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großen Blutverlustes.«
    »Und was war die Ursache des großen Blutverlustes?« Ich |278| schüttelte den Kopf. Er kam zu mir, setzte sich neben mich und fuhr fort:
    »Sie sind ein heller Kopf, Freund John, Sie denken folgerichtig, und Ihr Verstand ist scharf, aber Sie sind zu voreingenommen. Ihre Augen wollen nicht sehen und Ihre Ohren wollen nicht hören, was außerhalb Ihres täglichen Lebens liegt. Es existiert für Sie nicht. Können sie sich denn nicht vorstellen, dass es Dinge gibt, die Sie nicht begreifen, die aber dennoch existieren? Dass manche Leute Dinge sehen, die anderen verborgen bleiben? Es gibt viele alte und neue Sachen, an die die Menschen nicht einmal denken, weil sie bereits alles zu wissen meinen oder nur das glauben, was andere ihnen erzählt haben. Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht, und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es gäbe nichts Erklärungsbedürftiges. Jetzt sehen wir jeden Tag um uns herum Ideen auftauchen, die sich selbst für neu halten und dies lautstark verkünden, die aber in Wirklichkeit schon uralt sind. Sie sind wie die ›schönen Frauen‹ auf der Opernbühne. Ich vermute, Sie glauben nicht an die geistige Übertragung von Materie, nicht wahr? Und auch nicht an Materialisierungen und Astralkörper? Oder vielleicht an Gedankenübertragung? Oder Hypnose …«
    »Doch«, sagte ich, »Hypnose schon. Charcot 3 hat sie zur Genüge nachgewiesen.« Er lächelte, während er fortfuhr:
» Damit
also sind Sie einverstanden, nicht wahr? Und natürlich verstehen Sie auch voll und ganz, wie das vor sich geht, denn Sie können ja den Gedanken des großen Charcot – Gott hab ihn selig – folgen, tief hinab in die Seelen der Patienten, die er beeinflusst hat. Nein, das können Sie nicht? Sollte ich denn annehmen müssen, lieber Freund, dass Sie die Hypnose einfach als Fakt akzeptieren und sich zufriedengeben, obwohl Ihnen zwischen Prämisse und Konklusion eine Lücke klafft? Nein? Dann sagen Sie mir als Erforscher des menschlichen Gehirns doch bitte: Warum akzeptieren |279| Sie die Hypnose, weisen die Möglichkeit der Gedankenübertragung jedoch zurück? Lassen Sie sich sagen, mein Freund, dass die Wissenschaft auf dem Gebiet der Elektrizität heute Dinge vollbringt, die von den Erfindern der Elektrizität selbst als Gotteslästerung verdammt worden wären, und für welche man vor nicht allzu langer Zeit als Hexer den Scheiterhaufen hätte besteigen müssen. Geheimnisse gibt es immer im Leben. Methusalem lebte 900 Jahre und Old Parr 169 Jahre 4 – warum konnte die arme Lucy mit dem Blut von vier starken Männern in den Adern noch nicht einmal einen Tag länger leben? Weil wir sie hätten retten können, wenn sie einen Tag länger gelebt hätte! Kennen Sie alle Geheimnisse von Leben und Tod? Kennen Sie den Gesamtzusammenhang in der vergleichenden Anatomie, können Sie mir sagen, warum in einem Menschen tierische Eigenschaften ruhen und im anderen nicht? Können Sie mir erklären, warum manche Spinnen sehr schnell und jung sterben, die eine große Spinne im Turm der Spanischen Kirche aber über Jahrhunderte lebte, wuchs und wuchs, um schließlich an ihrem Faden herunterzukriechen und das Öl aller Kirchenlampen auszuschlürfen? Können Sie mir sagen, warum es in den Pampas und anderswo Fledermäuse gibt, die zur Nachtzeit über Rinder und Pferde herfallen und ihnen das Blut bis zum letzten Tropfen aus den Adern saugen? Warum es auf einigen Inseln des Stillen Ozeans Fledermäuse gibt, die nach Beobachtungen von Reisenden den ganzen Tag über wie ungeheure Nüsse oder Früchte an den Bäumen hängen, die zur Nachtzeit aber, wenn die Matrosen wegen der Hitze auf Deck schlafen, auf diese herniederstoßen, sodass man sie am folgenden Morgen als Leichen vorfindet, weiß und blutleer wie Miss Lucy?«
    »Großer Gott, Herr Professor«, fuhr ich auf, »wollen Sie damit etwa sagen, dass Lucy das Opfer einer solchen Fledermaus geworden ist und dass ein solches Wesen im neunzehnten Jahrhundert |280| hier in London vorkommen kann?« Er gebot mir mit der Hand Stillschweigen und fuhr fort:
    »Können Sie mir sagen, warum die Schildkröte Generationen von Menschen überlebt, warum der Elefant ganze Dynastien ins Grab steigen sieht und warum der Papagei nie anders stirbt als durch den Biss eines Hundes oder einer Katze oder eine ähnliche Zufälligkeit? Können Sie mir sagen, warum zu allen Zeiten und auf allen Erdteilen die Menschen daran glauben,

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