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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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ein paar Notizzettel und ein frisch begonnenes Tagebuch. Ich habe das alles an mich genommen und bitte Sie, gegenüber anderen nichts davon zu erwähnen. Ich werde morgen Abend den armen Bräutigam treffen und mit seiner Zustimmung dann einiges auswerten.«
    Da wir beide nun alles Nötige erledigt hatten, sagte van Helsing zu mir:
    |240| »Und nun, Freund John, denke ich, gehen wir zu Bett. Wir beide bedürfen des Schlafes und der Erholung. Morgen gibt es wieder viel zu tun, und heute Nacht werden wir nicht mehr benötigt. Leider!«
    Bevor wir uns zu Ruhe begaben, sahen wir noch einmal nach der toten Lucy. Der Bestattungsunternehmer hatte tatsächlich sein Bestes geleistet, das Zimmer glich einer Trauerkapelle. Es war ein ganzer Garten wundervoller Blumen um die Verstorbene, der Tod war so wenig abstoßend gemacht wie irgend möglich. Das Ende des Leichentuches hatte man ihr über das Antlitz gelegt. Als der Professor sich über die Leiche beugte und das Tuch vorsichtig zurückschlug, waren wir beide erstaunt über die Schönheit, die sich uns darbot. Die dicken Wachskerzen gaben ausreichend Licht, uns erkennen zu lassen, dass all ihre Schönheit im Tode zurückgekehrt war. Die vergangenen Stunden hatten die ganze Lieblichkeit der Lebenden wiederhergestellt, und dass hier vor uns ein Leichnam lag, war kaum zu glauben.
    Der Professor sah sehr ernst aus. Er hatte sie nicht so geliebt wie ich, und für Tränen hatte er eigentlich keinen Grund. Mit den Worten: »Warten Sie, bis ich wiederkomme!« verließ er das Zimmer. Bald darauf kam er mit einer Handvoll von wildem Knoblauch zurück, den er der Kiste entnommen hatte, die auf dem Gang abgestellt, aber noch nicht geöffnet worden war. Er mischte die Blüten unter die Blumen, die auf und um das Bett gelegt worden waren. Dann nahm er von seinem Hals ein kleines goldenes Kruzifix, das er direkt auf der Haut getragen hatte, und legte es auf den Mund der Toten. Schließlich zog er ihr das Laken übers Gesicht, und wir verließen das Zimmer.
    Ich war gerade im Begriff, mich in meinem Raum auszukleiden, als van Helsing nach kurzem Anklopfen eintrat und zu sprechen begann:
    »Morgen, bevor es Nacht wird, muss ich Sie bitten, mir einen Satz Seziermesser zu bringen.«
    »Müssen wir wirklich eine Autopsie vornehmen?«, fragte ich. |241| »Ja und nein. Ich habe eine Operation vor, aber nicht so, wie
    Sie denken. Zu Ihnen will ich davon sprechen, aber sagen Sie keinem Menschen ein Wort davon! Ich will ihr den Kopf abschneiden und das Herz herausnehmen. Aber, aber, Sie wollen ein Chirurg sein und zeigen sich schockiert? Ausgerechnet Sie, den ich mit fester Hand Operationen auf Leben und Tod vornehmen sah, dass die Kollegen schauderten! Allerdings, mein lieber Freund, darf ich nicht vergessen, dass Sie sie geliebt haben. Ich habe es auch nicht vergessen, denn ich werde die Operation selbst ausführen, und Sie sollen mir lediglich helfen. Ich würde es am liebsten noch heute Nacht tun, aber wegen Arthur geht das nicht. Er wird morgen nach der Beerdigung seines Vaters herkommen und Lucy sehen wollen. Dann aber, wenn sie für den nächsten Tag fertig aufgebahrt ist, wollen wir, Sie und ich, beginnen, sobald alles schläft. Wir werden den Sargdeckel aufschrauben und die Operation vornehmen. Anschließend werden wir wieder alles in Ordnung bringen, sodass niemand außer uns beiden etwas weiß.«
    »Aber warum tun Sie das alles? Sie ist doch tot! Warum unnötigerweise noch den Leib verstümmeln? Wenn eine Sektion keinen Zweck hat und keinen Gewinn bringt, weder ihr selbst noch uns, weder der Wissenschaft noch dem medizinischen Können, warum sollten wir sie vornehmen? Ohne gute Gründe ist das eine Ungeheuerlichkeit!«
    Anstelle einer Antwort legte er mir seine Hand auf die Schulter und sagte mit unendlicher Sanftheit:
    »Freund John, Ihr blutendes Herz tut mir leid, und ich habe Sie nur noch umso lieber, weil es so blutet. Wenn ich es könnte, würde ich gerne das Leid auf mich nehmen, das Sie bedrückt. Es gibt Dinge, die Sie noch nicht wissen, aber bald wissen werden. Sie werden mir dankbar sein, wenn ich sie Ihnen eröffne, auch wenn es keine ergötzlichen Dinge sind. Mein lieber John, Sie sind nun schon seit einigen Jahren mein Freund: Erinnern Sie sich, dass ich jemals etwas ohne Grund getan hätte? Ich kann |242| irren, ich bin auch nur ein Mensch, aber ich glaube an das, was ich tue. Haben Sie mich nicht genau deshalb gerufen, als die große Not und Sorge hereinbrach? Ja, waren Sie

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