Draculas Brüder -ebup-
und begannen wild durcheinanderflatternd das Haus zu umkreisen, leichte Beute für die im Garten postierten Schützen. Während Dach und Rasen sich allmählich mit dunklen Kadavern bedeckten, dauerte das Feuer an und lichtete unbarmherzig die Reihen der fliegenden Angreifer. Obwohl kleinere Gruppen immer wieder versuchten, an die Männer auf dem Dach heranzukommen, gelang es nicht einem einzigen Tier, das fast lückenlose Abwehrfeuer aus fünfundsechzig Zwillingsflinten zu durchbrechen. Fünf Minuten nach dem ersten Angriff war der Luftraum um das Haus leergefegt. Sechs oder sieben geflügelte Gestalten retteten sich aus dem tödlichen Lichtkreis der Scheinwerfer und verschwanden am dunklen Himmel.
Der Spuk war vorüber.
Als sich der Rasen um das Haus mit Männern füllte, die ihrer Erleichterung mit lautem Scherzen und
Lachen Luft machten und einander beglückwünschten, und während die ersten damit begannen, ihre Jagdbeute zusammenzutragen, kam ein uniformierter Polizist von der Straße herein und salutierte vor Proctor. Er war bleich und aufgeregt.
»Sir«, meldete er, »zweihundert Meter von hier wurde ein Mann ermordet. Mein Kollege und ich waren gerade auf Patrouillengang durch den Park, als es passierte.« Er schluckte. »Ich meine, wir wurden zu Zeugen der Tat, aber wir waren zu weit entfernt und kamen zu spät, um den Mord zu verhindern. Als der Täter uns sah, ließ er sein Opfer fallen und flüchtete in den Park. Wir – ah – wir konnten ihn nicht einholen.«
»Wann war das?« fragte Proctor.
»Vor etwa zehn Minuten, Sir. Mein Kollege ist dortgeblieben, um den Tatort zu bewachen. Es – es war kein gewöhnlicher Mord, wissen Sie, Sir. Der Täter sah nicht wie ein Mensch aus, und er hatte seinem Opfer die Kehle durchgebissen. Joe, das heißt, mein Kollege meint, es sei ein Vampir gewesen.«
Sanford Proctor runzelte die Brauen. Er blickte rasch nach rechts und nach links und schien erleichtert, als er nur Sanchez neben sich sah.
»Ein Vampir, sagen Sie? Nun, das ist gut möglich. Was Sie dort herumliegen sehen, sind lauter Vampirfledermäuse. Vielleicht haben sich welche vom Schwärm getrennt und sind über den armen Mann hergefallen.«
»Nein, nein, die meine ich nicht, Sir«, sagte der Polizist. »Der Täter sah wie ein Mann aus, oder eher wie ein Riese, ganz in Schwarz. In einem schwarzen Umhang. Als wir ihn anriefen, drehte er sich nach uns um, und wir sahen sein Gesicht. Es war mit Blut verschmiert, breit und häßlich, mit roten, leuchtenden Augen. Wie der Teufel selber, Sir.« Der Mann lachte unsicher. »Ich will verdammt sein, aber vielleicht war es wirklich der Teufel, der den alten Mann aus dem Cadillac geholt hat, um mit seiner armen Seele zur Hölle zu fahren. Seit heute abend
glaube ich wieder an alles. »
Proctor warf Sanchez einen düsteren Blick zu, aus dem man allerlei herauslesen konnte, aber der Puertoricaner sah ihn nicht; er hatte den Polizisten am Ärmel und starrte ihm ins Gesicht.
»Cadillac, sagen Sie? Ein alter Mann?«
»Ja. Die Wagenpapiere lauten auf Damien Harmon, Westhampton, siebzig oder zweiundsiebzig Jahre alt. Stimmt ungefähr mit dem Alter des Ermordeten überein.«
»Adrian Abelard«, sagte Sanchez zu Proctor. »Und der gestohlene Wagen. Ich muß sofort hin. Sie haben hier noch zu tun, nicht?«
Proctor sah ihn merkwürdig an. »Ich gehe mit«, sagte er.
Minuten später beugte sich Proctor über Adrian Abelards Leichnam.
»Guter Gott!« sagte er. »Sehen Sie sich die Kehle an! Aufgerissen und zerfleischt. Und nach seinem Aussehen würde ich sagen, daß er ein Großteil seines Blutes verloren hat.«
Sanchez trat näher heran. Dann sagte er: »Die Halswunde könnte von den Zähnen und den Metallspitzen einer Vampirfledermaus herrühren.«
Proctor blickte auf. »Da bin ich nicht so sicher. Sie haben die Meldung des Beamten doch gehört, nicht wahr?«
Sanchez’ Blick bohrte sich in Proctors Augen. »Jeder Mensch kann sich irren, und bei Nacht und schlechten Lichtverhältnissen läßt sich das Auge leicht täuschen, besonders aus der Ferne. Die ausgebreiteten Flügel von einer oder zwei Fledermäusen sind groß genug, um unter solchen Bedingungen für einen schwarzen Umhang oder gar eine menschliche Gestalt gehalten zu werden.«
»Das ist absoluter Unsinn!« erklärte einer der beiden Polizisten aufgebracht. »Mein Kollege Hal und ich haben den großen schwarzgekleideten Kerl genau gesehen, Gesicht, Hände, alles. Die Entfernung betrug höchstens zwanzig
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