Draculas Fluch
das, was vor dir liegt, Zauberer«, antwortete die Gestalt und lächelte. »Genau wie damals, als wir uns zum erstenmal begegnet sind.«
»Meine Kenntnis über dich ist jetzt größer«, sagte der Mongole.
»Und über sie? Ist deine Kenntnis über sie auch größer?«
»Meinst du die Uralten? Sie haben sich mit mir verbündet.«
Der Sohn des Drachen lachte. »Sie verbünden sich mit niemandem. Sie gebrauchen dich, Zauberer. Das ist alles. Wenn du ihnen nicht mehr zum Nutzen dienst, lassen sie dich fallen. Dann wirst du vernichtet, so wie du andere vernichtet hast.«
»Wie ich dich vernichten werde!«
»Ohne erst in Erfahrung zu bringen, was die Uralten wissen wollen? Damit widersetzt du dich dem Befehl, den sie dir gegeben haben. Damit erregst du ihren Zorn, Ka-Zadok. Vielleicht weißt du nicht, wie deine Verbündeten reagieren, wenn sie zornig sind. Oder vielleicht weißt du es doch. Ich stelle fest, daß du dich für diesen entscheidenden und für dich letzten Kampf nicht ihrer Hilfsmittel bedienst. Du hast die Kristallkugel, aus der sie zu dir sprechen, unter
der Oberfläche des Berges versteckt. Warum hast du das getan, Zauberer? Hast du Angst, den Blick auf diese Kugel zu richten?«
»Ich brauche ihre Hilfe nicht«, erwiderte Ka-Zadok voll Zorn. »Dich besiege ich allein. Ich halte deine Niederlage in meinen eigenen zwei Händen. Aber du solltest dich darum kümmern, daß dir deine Verbündeten zu Hilfe eilen. Vielleicht ist die Frau in der Lage, den Winden Einhalt zu gebieten. Vielleicht kann sie verhindern, daß die kostbare Erde, auf der du zu ruhen pflegst, in alle Himmelsrichtungen dieser zu Eis erstarrten Welt zerstreut wird.«
»Die Frau ist im Moment beschäftigt – sie hat viel Wichtigeres zu tun.«
»Professor Harmon!« rief Ktara.
Ihre Stimme schien aus der Eishöhle zu kommen, aber gleichzeitig klang es, als käme sie von weit her.
»Helfen Sie mir!« stöhnte Harmon.
Die Saugnäpfe des Scheusals waren überall. Auf seinem Gesicht, in seinen Haaren, an seinem Hals, an seinem Oberkörper, an seinen Armen. Er spürte keine körperlichen Schmerzen, aber die Übelkeit und der Ekel waren schlimmer, als jeder Schmerz es hätte sein können.
»Ktara, helfen Sie mir!«
»Ich kann wenig zur Linderung Ihrer Qual tun, Professor«, sagte die Frau. »Das Untier atmet Feuer, und dieses Feuer neutralisiert meine Kräfte.«
»Die Decke der Höhle, Ktara. Die Eiszapfen – wie weit reichen sie?«
»Sie sind sehr nah, Professor. Machen Sie die Augen nicht auf.«
»Können Sie nicht wenigstens die Eiszapfen zum Stillstand bringen?«
»Nein. Ich war der Meinung, daß ich es kann. Ich dachte, daß Ka-Zadok seine Kräfte einschränken und wohl bemessen muß, aber ich habe mich getäuscht. Er glaubt, daß er gegen meinen Meister ohne Zauberkraft auskommt und hat sie auf diese Höhle konzentriert. Sie ist hier so geballt, daß ich nicht dagegen ankomme.«
»Können Sie mich nicht wenigstens hier rausholen? Sie sind doch auch irgendwie hereingekommen.«
»Durch eine ganz kleine Öffnung, Professor. Sie könnten niemals durchkriechen. Nein, ich kann nichts für Sie tun. Wenn ich wenigstens zu Ihrem Denken Zugang hätte, dann könnte ich Ihre Gedanken von der gegenwärtigen Situation ablenken, aber auch das geht nicht. Das Metallplättchen schirmt mich ab.«
»Ich weiß«, sagte Harmon. »Vielen Dank, Ktara, vielen Dank, daß Sie gekommen sind.«
Harmon glaubte zu wissen, warum die Frau gekommen war. Oder er bildete es sich zumindest ein. Sie wollte ihn wenigstens nicht allein lassen. Und schon wirkte ihre Gegenwart auf ihn. Er dachte nicht mehr nur noch an den Tod. Es gelang ihm, auch an andere Dinge zu denken.
»Bitte«, sagte er. »Sprechen Sie weiter.«
»Die Dunkelheit ist vom Himmel gekommen, Professor. Eine Nacht, so finster wie selten.«
»Dann liegt alles in der Hand Ihres Meisters.«
»Ja, in seiner Hand. Und ein bißchen auch in meiner Hand. Aber vor allem in der Hand von Mr. Sanchez.«
»Der junge Kämpfer und der alte Krüppel«, sagte Ka-Zadok. »Es ist mir schleierhaft, warum sie zu deinem Gefolge gehören. Der Junge führt blindlings die Befehle des Alten aus, aber der ist mir ein Rätsel. Ich kann nicht in seinen Geist eindringen. Selbst in diesem kritischen Moment, wo er einem Tod ins Auge sieht, der so grauenvoll ist, daß selbst der hartnäckigste Wille gebrochen würde, hält er stand.«
Die blutroten Lippen des weißgesichtigen Vampirs verzogen sich zu einem Lächeln. »Er
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