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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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wird dir übel. «
    Kay musste sich zwingen, ihre Lider zu heben. Sie sah, wie die Burg unter ihr zurückblieb und der weite, offene Himmel sich vor ihr erstreckte, während sie zwischen Felsen und Büschen auf dem Boden stand und sich Damians starker Präsenz in ihrem Rücken bewusst war. Sie schauderte, und der Griff um ihre Schultern verfestigte sich. Kay schloss die Augen wieder, aber sehr schnell stellte sie fest, dass Damians Warnung berechtigt gewesen war: Zwar ›sah‹ sie nun nur noch, was Gormydas’ Augen ihr zeigten, aber die Sicht aus Draceraugen, aus der Wolkenhöhe, in der er mittlerweile flog, verbunden mit dem Gefühl, auf dem Boden zu stehen, verursachte ihr Schwindel und Übelkeit. Das verging nahezu sofort, wenn sie wieder auf ihre eigenen Augen vertraute, die ihrem Körper sagten, dass das, was er fühlte, vollkommen der Wahrheit entsprach. Kay schluckte mehrmals. Der Flug und alles, was Gormydas empfand, sah und dachte, gehörten in die eine Ecke ihres Bewusstseins, ihre eigenen Gefühle und Beobachtungen in die andere. Dann schob sie alle Kay-Gedanken und -Gefühle in den Hintergrund und konzentrierte sich allein auf Gormydas.
    Â» Sehr gut « , flüsterte der Mann, der hinter ihr stand und sie festhielt. Sie genoss seine Nähe, lehnte sich gegen ihn. Stark. Gut. Warm. Freundlich.
    Sie flog eine steile Abwärtskurve, die ihren Magen in die Höhe hob. Mit einem Glucksen stellte sie sich auf die Zehenspitzen, lachte wie ein Kind. Dann landete Gormydas, und Kay fühlte das weiche Gras, dann das kalte Wasser des Sees, als der Dracer seinen Kopf senkte und trank. Es schmeckte grün und mineralisch, und ihr Feuer ließ einen Teil davon zu Dampf werden, den sie aus ihren Nüstern stieß. Der Dampf schwebte über die Wasseroberfläche und zerfaserte im Wind. Blätter rauschten, eine kleine Welle schwappte gegen die Steine des Ufers. Eine Ente quakte. Sie hob den Kopf, suchte nach dem Vogel. Appetit. Unter der Wasseroberfläche glitzerten mondsilbrige Fischschuppen, kräuselten den glatten Spiegel. Draceraugen betrachteten sich selbst, vergaßen den Hunger.
    Â» Hol ihn zurück « , wisperte der Wind. » Lass ihn zurückfliegen « , gluckste das Wasser.
    Der Dracer hob den Kopf und blickte zum Himmel. Wehmut. Fliegen. Die Berge, der Ozean. Komm mit mir, Kay.
    Das kann ich nicht, Gormydas. Ich bin hier in der Burg. Aber wenn du gehen willst, werde ich dich nicht halten.
    Er zögerte. Der Wunsch, in die Freiheit zu fliegen, statt in die dunklen Höhlen zurückzukehren, war einige Atemzüge lang übermächtig. Aber dann senkte er den Kopf, blickte in die Spiegelung seiner Augen im See, als wollte er Kay darin erkennen, und schickte ihr einen wortlosen Gedanken. Er würde nicht gehen. Nicht ohne sie.
    Kay ließ den angehaltenen Atem entweichen. » Er kommt zurück « , hauchte sie. » Es war knapp. «
    Die Hände, die ihre Schultern berührten, drückten fest zu und lockerten sich wieder. » Sie kommen immer wieder zurück. «
    Â» Es ist nicht recht, sie hier gefangen zu halten. «
    Er antwortete nicht.
    Kay konzentrierte sich darauf, das Gleichgewicht zu behalten. Sie merkte, wie sehr dieser unkörperliche Flug sie anstrengte. Ihre Muskeln zitterten, als wäre sie den Weg gerannt, den Gormydas in der Luft zurückgelegt hatte. Dankbar registrierte sie, dass Damian sie inzwischen stützte. » Gleich ist es geschafft « , sagte er. » Halte durch. Du wirst beim nächsten Mal lernen, deine Kraft bei dir zu behalten. Das erste Mal ist immer schwer. «
    In der Ferne erkannte sie die gezackte Silhouette des Dracer, der pfeilschnell näher kam. Seine Schuppen glitzerten in der Sonne wie Juwelen. Sie kniff die Augen zusammen, wieder erfasste sie Schwindel. Der Talkessel näherte sich in rasendem Tempo, als Gormydas zum Sturzflug ansetzte. Kay würgte, rang nach Atem, ihr Herz schlug schmerzhaft schnell, ihr wurde schwarz vor Augen. Sie spürte, wie Damian sie fest unter den Achseln packte und ihr half, sich auf den Boden zu hocken. » Kopf zwischen die Knie « , sagte er. » Trenn die Verbindung, jetzt! «
    Kay hörte ihn, aber sie konnte nichts tun. Bittere Galle stieg ihr in die Kehle, sie würgte und spuckte aus. Ihre Flügel breiteten sich aus, bremsten den Fall. Lederne Häute knatterten im scharfen Fahrtwind. Der Boden raste näher, die

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