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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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vier Stunden, auf ein Zeichen. Der Schlafende hatte sich nicht bewegt. Amee kämpfte tapfer gegen ihre wachsende Enttäuschung an. Sie fand immer wieder Hoffnung in den Mienen von Kelwin und Elwena, die miteinander flüsterten und zunehmend zuversichtlich wirkten.
    Dann spürte auch sie, daß sich etwas veränderte. Noch bevor sie in ihrer Aufregung erkannte, was es war, entfuhr es Kelwin: »Er atmet … Na also!«
    Amee beugte sich mit weit aufgerissenen Augen über den Schrein. Ja, leicht, unsagbar leicht und langsam hob sich der Brustkorb des Mannes – und senkte sich wieder, und der Atem aus dem leicht geöffneten Mund beschlug das Glas, mit jedem Atemzug ein wenig mehr.
    »Ja, er atmet«, flüsterte Amee. »Den Göttern sei Dank!« Sie richtete sich auf und lächelte. »Manchmal werden Träume wahr, Vater Damos.«
    Sie hörten Schritte und sahen Partho und Nabib zum Tempel hochkommen. Partho runzelte die Brauen, als er die aufgeregten Mienen der Anwesenden bemerkte.
    Amee winkte, und er kam rasch heran und starrte in den von einem schwachen Lichtschimmer erhellten Schrein. Er blickte überrascht und ein wenig erschrocken von Amee zu Damos. »Was ist das für ein Licht?«
    Als er keine Antwort erhielt, wanderte sein Blick zurück zu dem reglosen Gesicht hinter der gläsernen Wand. Bei genauem Hinsehen konnte er erkennen, daß …
    »Seine … seine Lider zucken!« stieß der Hauptmann hervor.
    Amee nickte. »Es ist ein Wunder, Partho.« Als sie ihre Hand wie haltsuchend auf seinen Arm legte, konnte er spüren, wie sie zitterte.
    Nabib sagte leichthin: »Ah, ich sage euch, meine Freunde, daß einer erwacht, wenn man ihn weckt, ist kein so großes Wunder. Meist ist es ein Ärgernis! Es gibt immer die, die etwas von einem wollen, wenn man gerade am besten schläft. Ist es nicht so? Sie kommen und wecken dich, wenn der Himmel am Einstürzen ist, und erwarten ein Wunder von dir …«
    »Sei still, Freund«, sagte Partho bitter.
    Aber Nabib ignorierte ihn. »Sie sagen, verzeih, Herr, daß wir dich wecken, aber du mußt den Himmel davon abhalten, über uns zusammenzustürzen. Bei solchen Gelegenheiten verspüre ich für meinen Teil nur das Verlangen, ihnen die Hälse umzudrehen …«
    Als alle schwiegen, fuhr er fort: »Ihr versteht doch, was ich sagen will? Prinzessin? Sein Zorn könnte ebenso groß sein wie die erwartete Freude. Wir können nicht ausschließen, daß er als erstes das Wunder vollbringt, uns alle zu erschlagen …!«
    Partho zog seine Klinge. »Händler, du ahnst nicht, wie recht mir das käme, wenn er sich mit uns anlegen wollte …«, sagte er grimmig.
    »Nein!« entfuhr es Amee. Sie schob Partho einige Schritte zurück und blickte Nabib wütend an.
    Der hob abwehrend die Arme. »Ich sage nur, wir sollten …«
    Er brach ab, als ein Summen aus dem Schrein kam. Alle wichen erschrocken zurück. Das gewölbte Glas klappte mit einem metallischen Klicken auf. Ein Luftzug wehte in den Tempelraum, ein Hauch aus einer anderen Welt. Amee faßte sich zuerst und beugte sich über den Schläfer. Sie streckte die Hand nach seinem Gesicht aus, aber sie wagte nicht, es zu berühren. Partho, der sie zurückhalten wollte, entspannte sich wieder.
    Da hoben sich die Lider des Schläfers. Sein Blick hing an Amees Gesicht, doch noch war kein Begreifen in seinen Augen. Ihr langes Haar streifte seine Wangen. Die Berührung zerriß die letzten Schleier des Schlafs. Seine Augen öffneten sich nun erst wirklich. Sie waren von einem klaren, strahlenden Blau. Amee konnte spüren, daß er sie wahrnahm. Es ließ ihr Herz fast stocken.
    Der Schläfer hob den Kopf von seinem Kissen und blickte auf die Menschen, die den Schrein umstanden.
    »Wie oft habe ich diesen Augenblick geträumt«, sagte Amee leise und unwillkürlich in der Alten Sprache.
    Beim Klang ihrer Stimme richtete sich der Blick des Mannes abermals auf sie. Sie faßte Mut und schob ihre Hand unter seinen Kopf. Er richtete sich langsam auf, und seine Arme, auf die er sich stützte, zitterten.
    »Geträumt«, wiederholte er mit krächzender Stimme, die seit tausend Jahren nicht gesprochen hatte. »Ich habe von Drachen und Feuer geträumt.« Er musterte die Gesichter der Umstehenden. »Sind die Drachen am Leben?« Und als niemand antwortete: »Sind die Feuer erloschen?«
    Er sprach die Alte Sprache, aber sie verstanden ihn nicht gleich, weil sie aus seinem Mund so fremd klang.
    »Wir wissen nichts von Drachen«, erwiderte Damos nach einem Augenblick. »Aber in Urgor sind

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