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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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erwiderte sie leidenschaftlich.
    »Ja, vielleicht. Manchmal machen sie uns auch blind.«
    Amee errötete.
    »Ich sehe in deinen Augen mehr als die Hoffnung auf ein Wunder, das deine Schwester und dein Königreich in dieser verzweifelten Stunde retten könnte …«
    »Es ist mehr … viel mehr …«, sagte sie leise.
    »Dein Herz schlägt schneller, wenn du ihn ansiehst.«
    Amee nickte und schwieg.
    »Wenn wir den Schrein öffnen, mag es geschehen, daß du dein Herz an einen Toten verloren hast«, sagte der alte Mann ernst.
    Sie versetzte gepreßt: »Das wird auf jeden Fall geschehen, wenn Obad und all die anderen verblendeten Anbeter des finsteren Gottes den Tempel stürmen und den Schrein zerstören.«
    Damos nickte zustimmend. »Wir können ihn nicht mehr schützen. Es ist zu spät, ihn fortzuschaffen. Deshalb haben wir letzte Nacht entschieden, das Wagnis einzugehen. Hoffen wir, daß es Bruder Kelwin und seinen Helfern gelingt, das Wunder zu vollbringen. Wenn er lebt …« Damos schüttelte den Kopf. »Mit seinem Wissen wird die Welt nicht mehr dieselbe sein. Doch welche Tragik es wäre, nach tausend Jahren Schlaf zu sterben.«
    »Welche Träume er wohl hat?« flüsterte Amee.
    Die Seitentür öffnete sich, und Bruder Kelwin, ein kleiner, freundlicher, fast glatzköpfiger Mann, und eine Frau mittleren Alters traten ein. Amee kannte ihren Namen, Elwena, und wußte, daß sie noch nicht lange in der Ansiedlung war. Sie kam von einer anderen Gruppe der Weisen weiter im Norden.
    Bruder Kelwin schwenkte eine kleine gläserne Tafel in der Rechten, während er, gefolgt von Elwena, auf den Schrein zuging. Zu Damos sagte er: »Verzeih die Verspätung, Bruder! Elwena hat eine Deutung der vier kryptischen Symbole, der ich zustimme. Sie kennt die Alte Schrift wie kein anderer … Versteh mich recht, Damos. Es gibt keine Sicherheit. Aber eine bessere Chance werden wir ihm vielleicht auch in hundert Jahren nicht bieten können …«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, mit nur einem kurzen Lächeln zu Amee, trat er an den Schrein. »Ah, du hast schon geöffnet … Hier …« Er hielt die gläserne Tafel vorsichtig über das silberne Muster von Stiften und Linien und drückte sie nach einem Augenblick fest an.
    Kaum war sie mit dem Schrein verbunden, zuckte er ein wenig zurück, denn das kleine Lämpchen erlosch, dafür leuchteten Symbole und Buchstaben auf der gläsernen Platte.
    Amee hielt den Atem an. Ihr Herz hämmerte. Die Stille, dachte sie, ist anders geworden. Sie versuchte zu lauschen, aber ihr Herz schlug zu laut.
    Bruder Kelwin trat zur Seite. »Dir gebührt die Ehre, Elwena. Du erlaubst, Damos?«
    Damos nickte. Elwena hob die Hand, richtete den Zeigefinger auf die Platte und hielt inne. Sie schien nicht die Kraft zu finden. Sie sah sich hilfesuchend um. »Wenn alles falsch ist … wenn ich mich irre …«
    Amee trat rasch zu ihr und berührte sie an der Hand. »Laß mich dir helfen, Elwena. Laß es mich sein, die ihm das Leben wiedergibt. Jetzt, Elwena … jetzt!«
    Und Elwena drückte Amees zitternden Finger hinab auf das kreisrunde Symbol, das gelb wie eine Sonne leuchtete.
    Damos hielt den Atem an. Er wartete auf einen Blitzstrahl vom wolkenlosen Himmel oder ein ähnliches Zeichen. Nichts dergleichen geschah. Nur ein schwaches Zischen wie von einer Natter ertönte aus dem Unterteil des Schreines. Minutenlang standen sie erstarrt. Plötzlich begann der Vogel wieder zu singen. Die vier Menschen sahen sich an. Amee zog ihren Finger zurück und löste ihre Hand aus dem starren Griff der Frau.
    »Nichts ist geschehen, Damos. Nichts!«
    Bruder Kelwin sagte mit grübelnder Miene: »Gemach. Keine voreiligen Schlüsse …«
    Elwena deutete auf die Scheibe. »Die Lichter an den Symbolen haben sich verändert …«
    Ein leises Klicken und Summen war einen Atemzug lang zu hören. Dann erloschen die Lichter bis auf einen vagen Lichtschimmer im Inneren der gläsernen Ruhestatt, der vorher nicht dagewesen war.
    Kelwin nickte. »Nach tausend Jahren Schlaf …«
    »Vielleicht zweitausend, Kelwin«, warf Elwena ein.
    »Ja, vielleicht zweitausend. Nach so langem Schlaf wird selbst dieses Wundergerät eine ganze Weile brauchen, um ihn aus den Tiefen seiner Träume zurückzuholen.«
     
    Mittagshitze drückte die Menschen nieder wie eine unsichtbare Faust und beugte die Köpfe der Pflanzen. In der Stadt rührte sich nichts, doch hier auf dem Hügel gingen die meisten Menschen ihrer Arbeit nach.
    Noch immer warteten sie, nunmehr seit fast

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