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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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hinab.
    Partho riß sich die Handschuhe von den Fingern und sagte: »Ich habe das starke Gefühl, Nabib, daß ein Teil meines Lebens vorbei ist und ein anderer beginnt!«
    Nabib erwiderte grinsend: »Das mag sein. Wir reden morgen darüber, wenn wir unseren Rausch ausgeschlafen haben.«
    »Wo, sagtest du, ist der Wein?«
    Nabib warf die Tür zu, griff nach dem Krug und stellte ihn auf den Tisch.
    »Hier!« sagte er und zog den Korken aus dem Hals des Kruges.
     
    Eine große Kühle, ein Segen kam über die Landschaft. Alle Farben waren wegen der fehlenden Sonnenstrahlung dunkel und gebrochen, aber sie atmeten Leben und Fröhlichkeit aus.
    »Schwester, schlaf jetzt! Alles ist vorüber!« flüsterte Amee und strich Ada über die Stirn.
    Ada lag unter weichen Fellen geborgen.
    »Schlaf jetzt! Morgen sehen wir weiter!« sagte Amee. »Morgen.«
    Ada schloß die Augen. Ein kindliches Lächeln war auf ihren Lippen, als sie einschlief.
    Amee sah, wie Dragon sein Amulett abnahm und auf den Tisch legte.
    »Dieses Amulett ist ein Wunder«, sagte er. »Es scheint Träume wahr zu machen. Drachen sind alte Freunde von mir, und Drachen, fiel mir ein, leben sehr lange. Vielleicht hat Nabib recht. Vielleicht ist das eine Erinnerung … irgendwie …«
    Amee sagte leise: »Du hast uns alle gerettet. Obad ist tot, die Dürre vorbei, der Geier besiegt. Meine Schwester lebt – ich könnte in den Regen hinauslaufen und vor Freude tanzen.«
    Dragon sah sie an und fragte: »Warum tust du es nicht, Amee?«
    Sie schwieg und dachte: Weil ich hier sitzen will, bei weit offenen Fenstern, in deiner Nähe. Und weil ich weiß, daß meine Träume wahr geworden sind. Und was die kommenden Tage bringen werden, mag schwer sein, aber mit dir zusammen wird alles leicht.
    Sie lächelte ihn an.

 
    Hans Kneifel
     
     
Maratha – Die Seherin

Als Thuon keuchend stehenblieb und sich umdrehte, schlug dicht neben seinem Ohr ein Pfeil krachend in einen Fensterladen. Er raffte seinen zerfetzten Mantel um seine Schultern und stolperte weiter. Ein geschleuderter Stein traf ihn zwischen die Schulterblätter. Er wimmerte vor Schmerz auf und warf sich in die schützende Dunkelheit nach rechts. Eine schmale Gasse erstreckte sich bis zu dem schmalen Tor in der Stadtmauer. Kein Mensch war zu sehen, nur der Regen schlug gegen die Dächer und die weißen Mauern. Thuon rannte weiter; er wußte, daß er um sein Leben lief. Er mußte die Stadt verlassen – die aufgebrachte Bevölkerung Urgors erschlug die Dunklen Wächter und plünderte ihre Behausungen. Er wischte sich Schweiß und Regenwasser aus dem Gesicht und warf seinen Mantel weg, der ihn beim Laufen behinderte. Thuon war am Ende seiner Kräfte.
    »Dort rennt er! Holt ihn euch, den Verräter!« schrie eine Stimme hinter ihm.
    Durch den Regen konnte er das Trappeln vieler Füße hören. Der Regen, der seit drei Stunden auf die Stadt niederprasselte, verbarg die Verfolger vor seinen Blicken, aber er schützte ihn auch.
    »Weiter!« keuchte er.
    Der Schmerz im Hinterkopf und zwischen den Schulterblättern brannte. Die Wunde am Oberschenkel, von dem Dolch der jungen Frau gerissen, blutete noch immer. Wenn Thuon daran dachte, wollten ihn die Kräfte verlassen.
    »Verriegelt das Tor!«
    Er konnte fast nichts sehen, aber dann hörte er, wie sich die schmalen Torflügel mit einem lauten Geräusch schlossen. Er blieb stehen und blickte sich gehetzt um. Seine einzige Chance waren die Dächer der niedrigen Häuser in der Altstadt. Er holte Luft und sprang. Seine Finger krallten sich um einen Dachbalken. Er schwang sich hoch, rutschte auf den schlüpfrigen Holzschindeln aus und lief schließlich doch über das schräge Dach. Er erreichte den leeren Wehrgang hinter dem Wall und rannte über die feuchten Planken. Hinter ihm verhallte das Geschrei der Verfolger. Thuon blieb am oberen Ende einer langen Treppe stehen, die auf einen kleinen Platz hinunterführte. Dort drängten sich Menschen und Tiere. Eine wütende Menge steinigte einen Dunklen Wächter.
    Die Herrschaft Obads und des Geiergötzen Cnossos war zu Ende. Die Stadt Urgor befand sich seit dem Augenblick, da der Drache den Geier besiegt hatte, im offenen Aufruhr gegen die heimlichen Herrscher. Überall waren Brände gelegt worden. Die Häuser der Wächter waren verwüstet, der Tempel halb zerstört, das Götzenbild von seinem Sockel gestürzt worden. Tausende von Menschen fluteten durch die Gassen und über die Plätze der Stadt, zwischen dem Königspalast und den

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