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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Schultern Amees legte und mit ihr im Haus verschwand. Amee, die bewunderte Prinzessin, sah plötzlich aus wie ein Mädchen, das zuviel starken Wein getrunken hatte.
    »Er brennt«, sagte er laut. Und dann, etwas leiser: »Und sie brennt auch. Lichterloh!«
    »Das ist der Lauf der Welt!« bestätigte Nabib. »Ich weiß, Partho, daß du Amee seit Jahren begehrst. Seit dem Tag, an dem du sie zum erstenmal in den Sattel des Hengstes gehoben hast, um ihr das Reiten beizubringen. Aber so ist das mit Träumen. Die einen werden wahr, die anderen vergessen.«
    »Hast wohl recht!«
    Agrion beobachtete die beiden Männer. Sie verstand die Tragödie des jungen Hauptmanns. Sie selbst war Sklavin und kannte ein weitaus schwereres Schicksal als das unerwiderter Liebe.
    Der große, uralte Baum brannte mit lodernden Flammen. Partho spürte, wie die Spannung der letzten Stunden von ihm abfiel. Er beobachtete die ersten Regenschleier, die der Wind über das Land trieb. Ein neuer Blitz. Er schlug irgendwo ein. Der Donner krachte.
    Der Schall erreichte die Stadt und brach sich mit einem rollenden Echo an den Mauern. Dann wallte ein Strom erfrischender Kühle von Westen her auf den Hügel zu. Der Wind ließ die vielen Bäume erschauern und trieb den Staub vor sich her. Er roch nach Feuchtigkeit und Frische, nach Wasser.
    Nabib winkte und deutete auf ein leerstehendes kleines Haus.
    »Dort drinnen werden wir den Regen im Trockenen genießen können«, meinte er. Wortlos folgte ihm Partho. Agrion sah den beiden Männern nach und zuckte die Schultern. Dann ging sie ins Haus, um zu sehen, ob Amee sie brauchte.
     
    Dragon blickte in Amees Gesicht, als sehe er sie zum erstenmal. Die Anspannung der Nerven war von ihnen allen abgefallen wie die Fetzen eines alten Gewandes. Dragon spürte unter seinen Fingern ihre Haut, und ein seltsames Gefühl ergriff von ihm Besitz. »Wer bist du, Amee?« fragte er ganz leise.
    Er erkannte das Gesicht wieder, die Augen, den Mund, das Oval, von Haar umrahmt, das Haar, das er gesehen und gespürt hatte, als er zum erstenmal nach so vielen Jahren die Augen öffnete.
    »Ich habe dich geweckt«, flüsterte sie. »Ich habe viele Jahre von dir geträumt, Dragon. Aber ich wußte deinen Namen nicht.«
    »Du bist das erste, was ich von dieser Welt erblickt habe. Und das Schönste.«
    Sie verschwanden im Haus.
     
    Partho wandte sich an Nabib und fragte: »Hast du hier etwa ein Faß guten Weines aufgetrieben, Händler?«
    Nabib lachte schallend und schlug Partho zwischen die Schulterblätter. »Zumindest einen großen Krug voll, mein Freund!«
    »Dann laß uns diesen Krug leeren«, erwiderte Partho grimmig. »Ich werde versuchen, Amee zu vergessen und diesem Drachenbändiger nicht gram zu sein.«
    Nabib kicherte und schob den Riegel zurück. »Aber wenn ich die Blicke richtig deute, die dir Agrion zuwirft, dann könnte ich mir vorstellen …«
    Ein erneuter Donnerschlag. Noch ehe sie das schützende Dach erreicht hatten, schoben sich die Wolken vor die Sonne. Es wurde ein zweites Mal an diesem Tag dunkel. Aber es war nicht mehr das drohende Dunkel von Göttern und Dämonen, sondern eine Dunkelheit, die Segen über das Land bringen würde. Jetzt blitzte und donnerte es rund um Urgor. Ununterbrochen. Der Himmel öffnete weit seine Schleusen.
    »Regen! Das ist die Rettung!« sagte Partho und stieß die Tür auf.
    »Du sagst es! Darauf warteten wir alle, Gerechte und Ungerechte. Der Krug steht dort hinten!« erwiderte Nabib. Er lachte erheitert. »Ja, du bist auf dem rechten Weg. Der Deckel ist mit Bienenwachs versiegelt, aber ich habe mit meinem Messer bereits die Wachsschicht entfernt.«
    Ein schmetterndes Krachen ertönte. Die Luft roch plötzlich seltsam. Alle ihre Haare stellten sich auf. Holzsplitter flogen durch den Raum. Dann schmetterte ein gewaltiger Donnerschlag Partho und Nabib in den Staub neben der Tür.
    Der Tempel, der den Schrein des schlafenden Gottes beherbergt hatte, barst in tausend Trümmer und begann zu brennen. Und dann …
    Wasser kam vom Himmel. Zuerst einzelne Tropfen, die wie geschleuderte Tonkugeln in den Sand fielen und ihn hochwarfen. Dann kleinere Tropfen. Und dann mehr und mehr …
    Während Nabib und Partho nach draußen sahen, fielen ungeheure Wassermengen aus den Wolken und verschleierten Himmel und Erde. Überall regnete es jetzt. Ein gewaltiges Rauschen war zu hören; es erstickte alle anderen Geräusche. Der Regen schwemmte den Sand weg, bildete Rinnsale, dann Sturzbäche den Hügel

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