Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes
Die Menschen rannten kreischend und schreiend, die Hände über den Köpfen, nach allen Richtungen auseinander. Mitten in die kopflos rennenden Menschen schmetterte der Drache den erschlafften Körper des Geiers.
Partho spürte, wie der Boden erzitterte, und er fühlte etwas vom Triumph der stolzen weißen Kreatur, die in den Himmel emporglitt. Er sah, wie Amee ihre Starre abschüttelte, den Bogen wegwarf und ins Haus rannte, um sich um Ada zu kümmern.
Der Drache zog einen weiten Kreis vor der Silhouette von Urgor. Der Geier war ein hilflos zuckendes Bündel, auf das sich von allen Seiten Gewürm und kleines Getier zubewegten.
Dragons Amulett pulsierte schwächer.
Obad drehte sich um, starrte Partho und Dragon an und ballte seine gesunde Faust. »Es mag wie ein Sieg aussehen, aber lacht nicht zu früh!«
Partho bückte sich, hob Amees Schild auf und stürmte mit gezogenem Schwert auf ihn ein.
»Dann laß es uns ein für allemal entscheiden, du Schakal!« rief er und ließ seinem Grimm freien Lauf.
Die Sonnenstrahlen fingen sich in dem kupfernen Belag des Schildes. Weder Dragon noch Partho und Obad achteten auf die schwarze Wand aus Wolken, die sich näher schob.
Obad und Partho prallten am Fuß des Hügels aufeinander. Partho führte einen wuchtigen Hieb, aber Obad duckte sich unter die Klinge. Partho wirbelte herum, riß den Arm hoch und herab. Obads breite Klinge parierte mit einem scharfen, metallischen Ton den Schlag. Partho unterschätzte die Behendigkeit des Oberpriesters in seinem Grimm, und ein mörderischer Hieb spaltete seinen Schild fast in zwei Teile. Partho riß seinen Arm aus den Griffen und warf die nutzlosen Trümmer nach Obad. Der schlug sie mit der flachen Klinge zur Seite und drang auf Partho ein. Er führte eine Serie schneller Schläge, von oben und von der Seite, die Partho weiter in die Defensive drängten.
Dann unterlief Partho die Deckung seines Gegners, und seine Schwertspitze schlitzte die Kutte an der Brust weit auf und zog eine blutige Spur.
Obad sprang drei Schritte zurück, riß sich den Mantel von den Schultern und schwang das Schwert mit beiden Händen. Ein Hieb ins Leere ließ ihn stolpern, und Parthos Klinge grub sich tief in seinen Oberarm.
Obad heulte unterdrückt auf. Partho drehte die Klinge, als er sie aus der Wunde riß, und sprang zurück. Er lachte rauh, als der Priester erneut aufschrie. Er hieb nach dem Handgelenk. Der Schmerz ließ den Priester zu langsam parieren, und Partho brachte ihm einen tiefen Stich in die linke Hüfte bei.
»Das ist für Ada!« schrie Partho und trieb den stolpernden Priester mit wütenden Hieben vor sich her, bis dieser mit einem Schrei aus Wut und Schmerz zusammenbrach, die Hand auf die blutende Hüfte gepreßt.
»Und das für meinen Hengst, du Schinder!« knurrte Partho. Er holte aus, um Obad den Kopf von den Schultern schlagen.
»Ducken, Partho!« donnerte Damos’ Stimme.
Partho gehorchte instinktiv. Er warf sich zu Boden und hörte im gleichen Augenblick das Rauschen riesiger Schwingen. Der Drache hatte seinen großen Kreis beendet und stürzte sich auf Obad. Der ließ die Hüfte los und griff nach seinem Dolch. Partho sah, wie der Drache auf drei Beinen lief, das vierte hob und die mächtigen Krallen um Obads Brustkorb schlug. Obad stach mit seinem Dolch zu.
»Tapfer ist er!« murmelte Partho anerkennend und wischte sich den Schweiß und Staub aus den Augen.
Der Luftdruck der Schwingen drückte ihn zu Boden, als der Drache sich wieder erhob. Das Tier wurde schneller, stieg höher und entfernte sich in Richtung Urgor.
Partho stand langsam auf und ließ das Schwert sinken.
»Partho! Dort ist der Geier! Laßt ihn nicht entkommen!« schrie Nabib.
Partho blickte in die angegebene Richtung. Der Vogel, den der weiße Drache zu Boden geschmettert hatte, bewegte sich. Noch immer war eine kleine Heerschar von Getier in seine Richtung unterwegs und verkroch sich unter seinen zuckenden Flügeln. Mit nachschleifenden Schwingen schleppte sich der Geier über das Feld. Er schrie leise, als ob er Schmerzen habe. Er hob beide Flügel und schwang sie, machte einige kleine Schritte, und nahm einen Anlauf. Dann torkelte er schwerfällig davon, schlug mit den Schwingen und erhob sich ein wenig über den Boden. Als er Luft unter den Flügeln hatte, wurde er schneller und stieg höher und floh nach Westen.
Dragon beobachtete den Drachen, der mit Obad in den Klauen auf dem Flug nach Urgor war. Der weiße Drache schwebte majestätisch
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