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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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beobachtete.
     
    Dies war der erste Abend des Festes, das die sieben Tage der Fastenperiode ablöste und seinerseits sieben Tage dauern würde.
    An diesem Tag aber bot das Lager der Söhne Nuaks einen ganz anderen Anblick.
    Es brannten mindestens neunzig Feuer. Sie verteilten sich über die halbe Hochebene, und die Glutkreise bildeten winzige, belebte Inseln in der Dunkelheit. In der klaren, kühlen Luft über dem Hochplateau funkelten die Sterne. Der Mond war noch nicht aufgegangen, und die Ebene war erfüllt von Geräuschen.
    Zainu und Ubali gingen nebeneinander schweigend durch das gewaltige Lager. Sie blieben bei einem Feuer stehen.
    Die Musik wurde lauter, die Bewegungen der Tänzer schneller und heftiger. Sie alle verstanden zu feiern, wie sie auch fasten konnten. Einige Männer bliesen auf der neuntönigen Hirtenflöte. Andere hatten runde, gerade Trommeln zwischen den Knien und schlugen mit Fingern, Handinnenflächen und Handkanten darauf.
    Andere wieder schlugen den Ring mit den silbernen Glöckchen.
    Und dazwischen zirpten wie riesige Grillen die Töne der zwölfsaitigen Harfen, die gezupft oder mit kleinen Klöppeln geschlagen wurden. Ein fetter Hammel drehte sich an dem langen, eisernen Spieß. Der lederne Sack mit dem Wein ging reihum. Als eines der jungen, glutäugigen Mädchen Ubali sah, erschrak es. Nachdem sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte sie auch Zainu.
    »Zainu!« sagte sie. »Du besuchst unser Feuer – einen Becher Wein?«
    Zainu grunzte zustimmend. Er würde dieses Feuer im Auge behalten müssen. Es gab zu viele junge Männer und Mädchen hier, und leicht konnte ein Streit ausbrechen. Entweder wegen eines Mädchens oder eines Mannes. Und dann blitzten die Messer.
    »Hier, Zainu. Es ist unser bester!« sagte das Mädchen und verbeugte sich tief, Zainu zog sie am Haar und knurrte: »Gib dem Schwarzen auch etwas. Aber nicht viel – er verträgt nichts.«
    »Ich gehorche, Zainu!«
    »Das möchte ich auch meinen!« sagte er und sah sich um.
    Die Tänzer drehten sich zwischen dem Feuer und den sitzenden Gruppen. Ein Sattel kippte um, und ein Mann fiel ins Gras. Die anderen johlten auf.
    Zainu und Ubali tranken aus und gingen weiter.
    Sie kamen an den Gruppen der Kamele vorbei, die ihre Köpfe drehten und die Männer aus großen, traurigen Augen ansahen.
    »Sieben Tage, Herr. Es wird viel Streit geben!« meinte der Schwarze.
    Auch er trug die Tracht der Nomaden. Weiche Stiefel bis zu den Knien, weite, bunte Hosen, Gürtel und Hemden aus gegerbter Tierhaut, mit reicher Stickerei, darüber ein Lederwams mit aufgenähten Taschen. Die Gürtelschnalle des Häuptlings aber war wie die symbolische Sichel geformt.
    »Du wirst ihn verhindern, du Narr!« sagte Zainu mit seiner unangenehm lauten Stimme. Er hatte sein Leben lang noch nie leise gesprochen und begleitete jeden Satz mit seinen auffallenden Gesten und Gebärden.
    »Ich werde es verhindern, Herr!« bestätigte der Schwarze.
    Er wußte, daß er stark genug war, um fünf der kleinen schwarzhaarigen Männer des Stammes gleichzeitig zu besiegen. Seine Arme waren schnell wie der Blitz, und seine Fäuste hatten die Festigkeit von Felsbrocken. Auch das Wegrennen würde niemandem nützen, denn Ubali war auf alle Fälle schneller. Er maß fast zwei Kopf mehr als sein Herr, der zornige Zainu.
    Sie kamen an einer Reihe von Zelten vorbei, die still und dunkel waren. Nur aus einem hörte man das Kichern einer Frau und keuchende Atemzüge.
    »Dort wird der Hammel zerschnitten. Gehen wir!« sagte Zainu kurz.
    Sie strebten zwischen Hunden, die sich um Knochen balgten, zwischen angepflockten Ziegen und Schafen auf eines der weiter entfernten Feuer zu. Zainus scharfe Augen hatten den Mann gesehen, der neben dem Feuer stand und mit seinem Messer die Stücke aus dem Braten heraussäbelte.
    »Darf ich auch etwas Fleisch haben, Herr?« bat der riesige Schwarze.
    »Ja. Nicht zuviel, sonst wirst du zu fett, Kerl!« sagte Zainu und versetzte ihm einen Schlag mit der flachen Hand auf den Magen. »Nicht zu fett! So fett wie ich.« Er brach in ein brüllendes Gelächter aus.
    Das Lachen ließ die Unterhaltung am Feuer verstummen. Alle wurden sie ein wenig verlegen. Zainu setzte sich, nachdem er durch eine herrische Handbewegung ein Mädchen von einem Kamelsattel vertrieben hatte. Hinter ihm nahm der Schwarze Aufstellung und verschränkte die mächtigen Arme vor der Brust.
    »Den besten Bissen für den Häuptling!« sagte ein Mann heiser.

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