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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Knochen. Sein Herz schlug kaum spürbar.
    Partho starrte auf den eingetrockneten Vampir, der mit gespreizten Schwingen an dem Balken hing und den Mann mit seinen langen Reißzähnen höhnisch angrinste.
    »Kann ich dir helfen?« fragte er den Hexer.
    »Ja …«, kam schwach die Antwort.
    Partho stand auf und sah sich um. In der Baumhütte herrschte eine beispiellose Unordnung. Alles, was noch vor kurzer Zeit benutzt worden war, lag zerbrochen, mit Blut und Vampirkot bespritzt, im Raum verstreut. Es stank erbärmlich.
    »Wie?« fragte Partho rauh. Er empfand Mitleid mit dem Hexer, obwohl er in seiner Gegenwart Unbehagen verspürte.
    »Du bist nicht allein gekommen … Ich hörte Stimmen … Freunde …?«
    »Ja, Freunde«, bestätigte Partho kurz.
    »Habt ihr … Wein?«
    »Ja …«
    »Bring mir etwas Wein, und dann … erweise mir einen … Freundschaftsdienst, auch wenn … er einem Fremden gilt … töte mich. Töte mich …«
    Partho nickte langsam und verstehend. »Ja, den Dienst will ich dir erweisen und deine Qualen beenden!« sagte Partho.
    Er maß noch einmal den Körper des Sterbenden mit einem langen Blick. Die Haut war überall dort, wo große Adern verliefen, verschorft und zeigte die Wunden von Vampirbissen. Der Hexer war nichts anderes mehr als ein lebendes, ausgeblutetes Skelett.
    Die kleinen Augen betrachteten ihn voller stummer Dankbarkeit. Partho stieß das Schwert zurück in die lederne Scheide und kletterte die brüchigen Sprossen hinunter. Agrion erwartete ihn am Fuß der Leiter.
    Sie gingen zusammen die wenigen Schritte zum Zeltplatz. Nabib und die anderen schlugen die Zelte auf. Die Pferde tranken und weideten friedlich. Afkral untersuchte den Huf des Packpferdes und entfernte mit der Spitze seines Dolches einen eingetretenen Stein.
    »Was ist geschehen?« fragte Agrion.
    Partho betrachtete ihr Gesicht und das lange Haar, das über ihre Schultern fiel. Bisher war Agrion für ihn nur eine Person gewesen, die seinem Schutz unterstand – wie er es dem König auf dem Totenbett versprochen hatte. Jetzt begann ihre Anmut und Erscheinung andere Gefühle in ihm zu wecken.
    »Vampire«, sagte er kurz, »haben ihn überfallen. Es ist nicht mehr viel Leben in ihm. Er … Ah, hier ist Iwa.«
    »Vampire?« Agrion schauderte.
    Er sah sie an und sagte mit ungewohnt weicher Stimme: »Hab keine Angst. An uns werden sie sich nicht wagen. Wir sind keine wehrlosen alten Narren wie der dort oben.«
    Agrion bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick. Dann hörte sie Ada rufen und lief zum Zelt der Prinzessinnen zurück.
    Iwa setzte den Wassersack ab und richtete sich auf. »Hauptmann, deine Augen sagen mir, du hast nichts Gutes gesehen!«
    Partho löste seinen Helm und lockerte die Schnallen des Panzers. Er nickte und erklärte ihr sein Anliegen. Danach gingen sie zurück zum Gepäck. Iwa hantierte dort eine Weile, schließlich gab sie ihm einen kleinen Lederbeutel und einen silbernen Becher.
    Neben dem Zelt, das er mit seinen beiden Männern bewohnte, legte er Rüstung, Helm und Schild ab. Dann kletterte er nur mit dem Dolch im Gürtel wieder zum Baumhaus hinauf. Dort goß er Wein in den Becher, verschloß den Beutel und kauerte sich nieder, um den Kopf des Hexers zu heben.
    »Bist … ein Freund … in der höchsten Not …«, flüsterte der Mann röchelnd.
    Aus seinem Mund kam fauliger Atem, und Partho mußte sich zwingen, den Körper anzufassen. Er war leicht wie dürres Holz. Dann setzte er den Becher an die dünnen blauen Lippen und ließ den Todgeweihten trinken. Als der Becher leer war, verlangte der Hexer nach mehr. Partho schüttete schweigend den Inhalt des Beutels in den Becher und ließ den Mann austrinken.
    Der Hexer fiel zurück. Seine Augen leuchteten auf.
    »Hier!« flüsterte er. Plötzlich schien er etwas von seiner früheren Kraft zurückbekommen zu haben. Er hob die knöcherne Hand. Die Finger zitterten. Am Zeigefinger steckte ein großer, kostbar aussehender Ring.
    »Was willst du?« murmelte Partho.
    »Der … Ring!« ächzte der Mann.
    Er war nahe daran, einzuschlafen. Obwohl der Wein seinen Körper gestärkt zu haben schien, kam eine bleierne Müdigkeit über ihn. Er sank in seinen letzten Schlaf.
    »Was ist mit dem Ring?«
    »Nimm … ihn!«
    Partho zögerte, doch dann zog er ihn leicht von dem dünnen Finger und drehte ihn unschlüssig vor seinen Augen. Zahllose kleine und große Steine in allen Farben leuchteten selbst hier im stickigen Halbdunkel auf. Ein rätselhaftes Muster.
    Der

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