Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes
Dort habe ich … Zanah gesehen!«
Wortlos rannte Zainu weiter.
Die Männer stürmten den Kamelpferch, rissen die Vampire von den Rücken und den Flanken der Tiere und töteten alle, die nicht mehr rechtzeitig hochfliegen konnten. Ein grauenhaftes Gemetzel begann. Die meisten Kamele standen bewegungslos da. Einige von ihnen lagen am Boden, in seltsam verkrümmter Haltung – die Bestien hatten ihnen die Flanken und Bäuche aufgerissen und das Fleisch gefressen. In kurzer Zeit war der Pferch gesäubert.
Zarkhas schrie: »Mir nach! Wir treiben sie aus dem Lager!«
Das Zeltlager war in Form eines unregelmäßigen Ringes angelegt. Die Männer folgten dem kleinen Mann mit den Bärenkräften. Sie schwärmten aus und trafen auf tote und sterbende Vampire, stolperten über sterbende Menschen und halfen einem Mädchen, das sich mit einem Speer gegen zwei Vampire wehrte. Zarkhas erkannte Zaida, der er gestern nacht nachgestellt hatte – sie zog den fremden Händler vor, und Zarkhas hatte sich deswegen betrunken.
»Seht nach unseren Gästen!« rief das Mädchen. »Aus der Richtung kam der erste Kampflärm!«
Sie rannten weiter. Einige von ihnen wurden angefallen, aber die Bestien zirpten unter einem Dutzend Äxten und Schwertern ihr dunkles Leben aus. Zarkhas schleuderte sein Beil nach einer aus der Luft angreifenden Kreatur. Es grub sich tief in den schwarzen Körper. Die Wucht des Aufpralls riß den Angreifer herum. Er stürzte sterbend auf die Stangen eines Zeltes.
Kämpfend arbeiteten sie sich durch das Lager, vorbei an flammenden Feuern. Schließlich standen sie vor dem Gästezelt.
Sie sahen Dragon am Boden liegen. Er schlief. Neben ihm kauerte Ubali und sah sich mit leerem Blick um. Seine Fäuste umklammerten den Hals eines Vampirs – er hatte das Tier zu Tode gewürgt.
Als der Morgen graute, lag Nebel über der Hochebene. Die Sonne war nur ein runder weißer Fleck im Grau. Über der Ebene lag ein Geruch von Tod und Blut und dem Rauch niedergebrannter Feuer, den kein Windhauch verwehte. Die Tiere erwachten aus ihrer nächtlichen Starre und begannen zu schreien.
Männer und Frauen machten sich auf und führten die Pferde und Kamele zur Tränke und auf weiter entfernte Weiden, deren Gras bereits nachgewachsen war. Nicht alle Tiere trugen Spuren des nächtlichen Überfalls – aber sehr viele waren gebissen worden, sehr viele waren vom Blutverlust derart geschwächt, daß sie torkelten. Einige würden sich niemals wieder erholen.
Zainu saß auf einem Kamelsattel in der Nähe des Gästezeltes und sagte zu Zanah: »Du kochst? Was kochst du da, Weib?«
Er wußte, daß sie den Raub Zettos nicht hätte verhindern können. Er gab sich die Schuld. Er hätte dasein müssen, um sie und die Kinder zu beschützen. Inzwischen hatte eine Zählung ergeben, daß insgesamt zwölf Kinder von den Vampiren entführt worden waren.
»Einen Trank, Mann!« gab sie einsilbig zur Antwort.
»Bist du von Sinnen? Wofür?«
»Für unsere Freunde«, sagte Zanah. Zainu erkannte, daß sie lange geweint hatte.
In seinem Herzen tobte ein kalter Zorn auf die Vampire. Sie hatten zehn Leute getötet, darunter vier junge Männer.
Zarkhas kam zu ihm und meldete: »Dreißig Tiere sind tot. Hundert oder mehr sind davongerannt. Ich habe Reiter ausgeschickt, um sie wieder zusammenzutreiben. Zwei Zelte sind verbrannt. Und es gibt eine große Zahl von Verletzten. Viele haben Blut verloren.«
Zainu nickte und atmete schwer. »Durchsucht das Lager gründlich!« befahl er. »Werft die toten Vampire in die Schlucht! Zählt, wie viele es sind! Und laßt keinen der verfluchten Blutsauger am Leben!«
»So soll es geschehen, Häuptling!« brummte Zarkhas. Er hatte furchtbaren Hunger und Durst. Aber er rannte zurück zu den anderen Männern, die das Lager säuberten.
Zainu stand auf und ging zum Feuer, über dem ein Kessel hing. Zanah rührte in der brodelnden Flüssigkeit, die stechend roch. Zainu beugte sich darüber und brummte ärgerlich: »Schlafen sie noch immer?«
»Ja«, sagte Zanah und schluckte. »Aber die Prinzessin ist verschwunden. Niemand hat sie gesehen!«
»Sind sie nicht anders zu wecken als durch dieses Gebräu?« fragte Zainu.
»Nein.«
Zainu sah zu, wie seine Männer die Schlafenden aus dem Gästezelt brachten und ins niedergetretene Gras legten. Zanah nahm den Kessel, schüttete den Inhalt durch ein dünnes Stück Stoff in einen Tonkrug und stellte den Kessel ab. Sie schwenkte den Krug, um die dunkle rote Flüssigkeit
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